Nürburg

Hilfe läuft auf Hochtouren: Nürburgring wird zum logistischen Drehkreuz

Von Mirjam Hagebölling
Hilfe läuft auf Hochtouren Foto: Mirjam Hagebölling

Am Nürburgring, wo am vergangenen Wochenende normalerweise der internationale ADAC-Truck-Grand-Prix hätte stattfinden sollen, ist nach der Flutkatastrophe über Nacht ein logistisches Drehkreuz für den Katastrophenschutz für den Kreis Ahrweiler entstanden. Die Dimensionen sind gewaltig.

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Im Fahrerlager reihen sich unzählige Rettungswagen, Feuerwehrfahrzeuge und schweres Gerät von Bundeswehr und Technischem Hilfswerk aneinander. In den Boxen, wo normalerweise die Teams die Fahrzeuge für das Rennen vorbereiten, wurden Hunderte Feldbetten für die vielen Helfer aufgeschlagen. Aus dem ganzen Bundesgebiet sind Einsatzkräfte angefordert worden. Insgesamt sind rund 800 Personen in einem rollierenden System am Ort, wie Lars Ritscher, Brand- und Katastrophenschutzinspekteur, bestätigt.

Ritscher kommt gerade aus der Lagebesprechung aus dem Vip- und Presse-Zentrum. In großen Lettern ist dort nun „Stabsraum – Abholung Marschbefehl“ zu lesen. Hier ist die Kommandozentrale, von wo aus die Fahrzeuge, Einsatzkräfte und Hilfsmittel koordiniert werden. Zunächst hatte die Firma Haribo in der Grafschaft ihr Gelände zur Verfügung gestellt, doch schnell wurde deutlich, dass der Bereitstellungsraum dort zu klein ist. „Als ein bundesweites Hilfegesuch rausging, wurde klar, dass die Kapazitäten erschöpft sind. Der Standort hier am Nürburgring war gewissermaßen alternativlos“, erläutert Lars Ritscher, stellvertretender Kreisfeuerwehrinspekteur im Rhein-Lahn-Kreis. Die technische Einsatzleitung des Kreises Ahrweiler sei in die Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und zivile Verteidigung – ehemals AKNZ – in Bad Neuenahr-Ahrweiler verlegt worden.

Hilfe läuft auf Hochtouren
Foto: Mirjam Hagebölling

Obwohl Ritscher bereits 2002 beim Elbe-Hochwasser im Einsatz war, habe dieser Einsatz im Katastrophengebiet ungeahnte Dimensionen. „Es gibt Bereiche, die nicht erreichbar sind. Die Kollegen erkunden Wege und Möglichkeiten, wie die Einsatzkräfte die abgeschnittenen Gebiete erreichen können“, so Ritscher. In den nächsten Stunden werden weitere 2000 Soldaten der Bundeswehr erwartet, die wahrscheinlich in Zelten übernachten müssen, da die Boxengasse bereits belegt sei.

Für die kostenlose Verpflegung der vielen Helfer hat sich unbürokratisch und schnell die gemeinnützige Organisation Rapid Relief Team mit Sitz in Gummersbach gemeldet. „Wir haben in den vergangenen 48 Stunden rund 5000 Mahlzeiten zubereitet. Damit möchten wir den Helfern hier unsere Hochachtung aussprechen, die mit ihrem Einsatz Leib und Leben einsetzen“, betont Vorstandsmitglied Alfred Brusius. Als christliche Glaubensgemeinschaft sei es ein Zeichen der Nächstenliebe, hier zu unterstützen, so Brusius. Das 48-köpfige Team arbeitet ehrenamtlich. Der Einsatz wird durch Spenden gedeckt.

Ingo Böder, Veranstaltungs- und Organisationsleiter am Nürburgring, erläutert, dass der geplante ADAC-Truck-Grand-Prix am Donnerstagvormittag kurzfristig abgesagt worden sei. „Da alle Rettungskräfte der Region im Einsatz sind und aufgrund der dramatischen Lage hat der ADAC das Rennen abgesagt. Wir konnten daher die Flächen am Nürburgring kurzfristig zur Verfügung stellen“, erläutert Böder. Die Rennteams, die bereits angereist waren, spendeten ihre komplette Verpflegung. So konnten über 600 Mahlzeiten an die Betroffenen und Helfer verteilt werden.

Hilfe läuft auf Hochtouren
Foto: Mirjam Hagebölling

Im Infocenter sind Hunderte Säcke mit Kleidung, Hygieneartikeln und Spielzeug abgegeben worden. Schnell fanden sich ehrenamtliche Helfer, die beim Sortieren helfen. „Wir sind überwältigt von der großen Hilfsbereitschaft und den vielen Spenden,“ so Alexander Gerhard, Pressesprecher des Nürburgrings. Auch in der Ortsgemeinde Nürburg ist die Hilfe für die Betroffenen der Flutkatastrophe bereits angelaufen. In der Graf-Ulrich-Halle werden ebenfalls Hilfsgüter sortiert. Da die Halle derzeit nicht vermietet ist, hat die Verbandsgemeinde Adenau angefragt, ob hier eine Sammel- und Sortierstelle eingerichtet werden kann. „Ich bin sehr stolz, dass sich innerhalb kürzester Zeit auf meinen Aufruf hin zahlreiche freiwillige Helfer gefunden haben“, sagt Ortsbürgermeisterin Anita Schomisch. Die Firma Getränke Schmitz habe unbürokratisch Laster zur Verfügung gestellt. Damit werden dann die vorsortierten Sachen zur zentralen Sammelstelle am Nürburgring gebracht. Mehr als 50 Personen sortieren hier rund um die Uhr die Hilfsgüter.

Mit dabei sind Mitglieder des Marshal-Clubs, die sich normalerweise bei den Rennen um die Streckensicherung kümmern. Einer von ihnen ist Kai Herold aus der Nähe von Bad Ems. „Wir sind am Donnerstagnachmittag hier angereist für unseren Einsatz zum Truck-Grand-Prix. Als klar wurde, dass das Rennen abgesagt wird, haben wir entschieden, hier zu bleiben und zu unterstützen“, so Herold. „Ich ziehe meinen Hut vor der überdimensionalen Hilfsbereitschaft. Die Feuerwehr Nürburg, die Bevölkerung, die Gastronomie – alle stehen zusammen und wollen helfen“, so Herold. Das Motto der Marshals sei sichern, melden, helfen, und dies gelte auch in Not- und Krisenzeiten.

Nur wenige Meter weiter hat das Logistikbataillon 461 der Bundeswehr schweres Gerät bereitgestellt. „Mit den geländegängigen Fahrzeugen für schwer zugängliches Gebiete wollen wir uns zunächst einen Überblick verschaffen. Die Straßentankwagen dienen der mobilen Versorgung“, erläutert ein Oberstleutnant. Das Logistikbataillon ist mit einem Kontingent von mehr als 100 Soldaten dabei.

Von unserer Mitarbeiterin

Mirjam Hagebölling