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Kreisstadt

Gedenkfeier für die Flutopfer in Bad Neuenahr: Der Trauer soll ein neues Wir-Gefühl folgen

Von Beate Au
Gut besucht war die Gedenkfeiern für die Flutopfer im Stadtgebiet von Bad Neuenahr-Ahrweiler. 73 Menschen haben bei dem Tsunami ihr Leben verloren. Bürgermeister Guido Orthen rief dazu auf, jetzt zusammenzustehen und die Heimat wieder aufzubauen.
Gut besucht war die Gedenkfeiern für die Flutopfer im Stadtgebiet von Bad Neuenahr-Ahrweiler. 73 Menschen haben bei dem Tsunami ihr Leben verloren. Bürgermeister Guido Orthen rief dazu auf, jetzt zusammenzustehen und die Heimat wieder aufzubauen. Foto: Vollrath

Vor drei Wochen hätte noch niemand gedacht, dass Menschen im Kurpark von Bad Neuenahr ohne Gummistiefel, Handschuhe und Eimer zusammenkommen können. Dass dies am Samstag bei der Gedenkfeier für die Flutopfer im Stadtgebiet möglich war, spendete Zuversicht und machte Mut inmitten dieser von Baggern, Erdhaufen und Bauschildern geschaffenen Oase.

Lesezeit: 3 Minuten
Doch nicht nur vor der Bühne des Kurparkcafés erinnerten brennende Kerzen daran, dass in der Nacht zum 15. Juli in der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler 73 Menschen ihr Leben in den reißenden Fluten verloren haben. „Gedenken. Gedanken. Danken“ – drei Worte, die den Tenor dieser von rund 500 Menschen besuchten Veranstaltung bestimmten. ...
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Warum das Gemeinschaftserlebnis vielen jetzt so wichtig ist

Wolfgang Horna aus Ahrweiler erinnert sich noch genau an den Moment, als vier junge Mädchen im Chaos der Aufräumarbeiten nach der Flut etwas schüchtern bei ihm auftauchten mit der Botschaft: „Wir haben Kaffee dabei und Muffins gebacken.“ Wie gut ihm Menschen getan haben, die einfach da waren und halfen, das wollte er unbedingt noch öffentlich loswerden bei Gedenkfeier im Kurpark.

Er reihte sich spontan in die Reihe der Redner ein und grifft zum Mikrofon, um den Part für das Danken um einen kleinen Beitrag zu erweitern. „Ich bin der Mann, der am fünften Tag nach der Flut seinen auf dem Sekretär im Wohnzimmer abgelegten Ehering im Trümmerhaufen vor seinem Haus wiedergefunden hat“, erklärt er das Wunder. Und jeder weiß, wer gemeint ist. Mit seiner Frau Simone, mit der er seit 15 Jahren verheiratet ist, war er zu Gedenkfeier gekommen. Das sei wichtig, stellvertretend für die Menschen, die gestorben sind und diejenigen, die so viel Leid erlebt haben. Er glaubt aber auch, dass es jetzt wichtig ist, konsequent nach vorn zu schauen. Seitdem ihm eine Notfallseelsorgerin, eine Pastorin aus Lübeck, einen Schutzengel geschenkt hat, trägt er ihn immer bei sich in der Hosentasche. „Wir bleiben hier in Ahrweiler und bauen wieder auf. In einem Jahr wollen wir wieder einziehen. Wir haben doch eine so wunderbare Nachbarschaft. Das Ahrtal lebt“, sagen er und seine Frau.

„Ich glaube, dass jetzt viele wieder nach vorn schauen. Der Stimmungswandel war schon in der dritten Woche nach der Flut zu spüren“, so Stadtwehrleiter Marcus Mandt. Jeder sei anfangs überwältigt gewesen, doch man sehe jetzt die Fortschritte in den wieder sauberen Straßen. Es gebe wieder Strom und Wasser, und auch die Feuerwehrhäuser würden wiederhergerichtet.

Auch Christian Niemeyer, stellvertretender Ortsbeauftragter des THW Ahrweiler, macht es Mut, „dass jeden Tag ein Stückchen besser wird.“ Er schaut auf das, was gut läuft. Das sei seine Motivation, momentan jeden Tag früh zu begonnen und ihn erst abends spät zu beenden. „Für meine Heimat mache ich das“, sagt er. Er ist der Verbindungsmann für Stadt und Kreis beim Brückenbau. „Die Brücken bringen den Menschen ein Stück weit Lebensqualität und Normalität zurück“, so Niemeyer. Die Gedenkfeier ist für ihn ein Baustein in einem Heilungsprozess, der aus seiner Sicht viel Zeit brauchen wird.

Für Petra und Gerd Böhm aus Heppingen, deren Haus in der Nacht zum 15. Juli unbewohnbar geworden ist, war es wichtig, bei dieser Veranstaltung im Kurpark die Gemeinschaft erleben zu können. Sie möchten in Heppingen bleiben, und sie hoffen, dass sie im Alter von über 60 Jahren noch lange erleben können, was sie wiederaufbauen möchten, und nicht noch Jahre darauf warten müssen.

Für Annette Sebastian aus Walporzheim war es a sehr interessant, bei der Gedenkveranstaltung am Samstag einmal in geballter Form zu erfahren, wie vielfältig und breit aufgestellt die Hilfe im Ahrtal war und ist. „Jeder hat ja seine persönlichen Favoriten im Auge gehabt. Mir war nicht bewusst, wie viele etwas wo gemacht haben.“

Flutkatastrophe im Ahrtal
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