Ahrweiler

Falsche Meldungen sorgen für Unruhe: Wird in der Not auch noch Hass gesät?

Von Gabi Geller
Zahlreiche solcher Schilder hängen an Mauern und Ständen in und um die Aloisiusschule.
Zahlreiche solcher Schilder hängen an Mauern und Ständen in und um die Aloisiusschule. Foto: Gabi Geller

In seiner größten Katastrophe muss sich der Kreis auch noch mit Querdenkern, Antisemiten und Neonazis herumärgern. Diese mischen sich offenbar hier und da unters Volk, organisieren Hilfsaktion und wollen am Ende doch nur Unfrieden in der Gesellschaft säen. Einer der Standorte war in den vergangenen Tagen die Aloisiusschule in Ahrweiler. Die RZ hat sich dort und im Umfeld umgehört.

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Die Anwohner sind dankbar und nutzen das Angebot gern. Hier in der Aloisiusschule in der Ahrweiler Blankartstraße gibt es alles, was man jetzt braucht: Von der Schaufel über Geräte bis zur ärztlichen Versorgung. Dazu warmes Essen, Snacks und sogar psychologischen Beistand. Von hier gehen Einsatzteams los und helfen verzweifelten Flutopfern beim Räumen und Schaufeln und bei allem, was in dieser Ausnahmesituation nötig ist. Ein Koordinationsteam organisiert die Hilfe hier vor Ort. Deren Chef ist Jan Sommer aus der Ahrweiler Schützenstraße, sein Stellvertreter Thomas Lorenz kommt von außerhalb.

Auf die Presse ist man hier nicht gut zu sprechen, seit Berichte die Runde machten, dass es sich bei den Organisatoren der bundesweiten Aktion um bekannte Reichsbürger, Corona-Leugner und Antisemiten handele. Aber dieses Thema will man hier nicht weiter vertiefen.

„Wir sind hier, um zu helfen. Wir sind total unpolitisch!“ sagen Dane Westbrook (links) und Jochen Wagner am Versorgungsstand an der Aloisiusschule.
„Wir sind hier, um zu helfen. Wir sind total unpolitisch!“ sagen Dane Westbrook (links) und Jochen Wagner am Versorgungsstand an der Aloisiusschule.
Foto: Gabi Geller

In der Schule türmen sich die Hilfsgüter, die durch Spendenaufrufe zusammenkamen. Bustransfers ins Ahrtal bieten freiwilligen Helfern den Transport ins Katastrophengebiet an. Den Flutgeschädigten und Helfern ist es ziemlich egal, wer hier was organisiert hat. Jochen Wagner kam mit einem Bus und arbeitet seit Tagen mit in dem großen Versorgungsschuppen am Schulhof: „Ehrlich gesagt, es war mir egal, wer den Bus organisiert hat. Er hat mich hierhin gebracht!“ Und er fühlt sich gut, weil er helfen kann und die Leute dankbar sind. Auch die 66-jährige Ingrid aus Berlin kam in diesem Bus. „Es ist doch Not hier. Ich weiß nicht mal, was ein Reichsbürger ist“, schüttelt sie den Kopf.

Viele der Flutopfer, die hier willkommene Unterstützung erhalten, sind verunsichert, oft auch mächtig sauer auf die Verwaltung, als sie am Freitag lesen: „Info durch Bürgermeister ab Montag geschlossen“. Schilder mit dieser Aufschrift hängen an zahlreichen Stellen auf dem Gelände. „Das kann doch nicht angehen“, ereifern sich viele, „dass man die Leute hier rauswirft.“ Aber stimmt die Info überhaupt? Muss die Versorgungsstation wirklich bis Montag die Schule verlassen? Uli Stieber, Ortsvorsteher in Bachem, berichtet von der jüngsten Dienstbesprechung: „Nach meinem Wissensstand stimmt das nicht. Bürgermeister Guido Orthen hat gesagt: Solange die Bevölkerung hier versorgt wird, werde ich nichts Derartiges tun.“ Warum hängt man dann solche Schilder auf?

Jan Sommer, Leiter des Koordinationsbüros sagt, am Freitagnachmittag habe ein Herr namens Herbert Wiemer die Order im Namen des Bürgermeisters überbracht. Nein, eine schriftliche Benachrichtigung gebe es nicht. Aber das THW sorge dafür, dass man hier bleiben dürfe. Aber warum bleiben dann die Plakate mit der falschen Info überall hängen? Weil man noch keine Bestätigung habe, dass man bleiben darf.

Lieber eine falsche Info als gar keine? „Wir wollen, dass die Bürger weiter Druck machen“, sagt einer der Koordinatoren am Rande des Gespräches. Derweil freuen sich Vroni und Gisela, dass sie mehrere Pakete Kaffee und anderes bekommen haben. „Damit versorgen wir die netten Menschen, die vor unserem Haus so schwer arbeiten.“

Von unserer Mitarbeiterin Gabi Geller