Bad Neuenahr-Ahrweiler

Eventdienstleister packen mit an: Freiwillige haben in Windeseile Hilfsstrukturen aufgebaut

Von Silke Müller
An der Markant-Tankstelle in Bad Neuenahr werden die Hilfsgüter verteilt.
An der Markant-Tankstelle in Bad Neuenahr werden die Hilfsgüter verteilt. Foto: Joahnna Bolz

Das Jahr 2020 war schwierig für Eventdienstleister. So mancher kämpfte um seine Existenz. Aber das ist kein Vergleich zu dem, was im Ahrtal passiert ist. Dort sind sie seit der Katastrophe im Einsatz. Die Eventdienstleister, die aus verschiedenen Ecken Deutschlands kommen, verteilen in Bad Neuenahr Lebensmittel, Hygieneprodukte, Wasser, Werkzeuge – und „nette Worte“.

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So drückt es Johanna Bolz von Bolz-Event aus Düsseldorf aus. „Da holt einer eine Schippe und bricht in Tränen aus – wir nehmen viele Leute in den Arm“, sagt sie. Die gebürtige Neuwiederin gehört neben Erik Meyers vom Zeltverleih Meventa aus Solingen, Thomas Sprenger vom Toilettenwagenverleih aus Dorsten, Lars Schlingensiepen von Event total aus Wuppertal und Ute Schoormann von K 3-Personaldienstleistungen aus Köln zu den Initiatoren des Angebots.

Die Idee, im Krisengebiet spontan zu helfen, hatte Schlingensiepen. „Wir haben ein großes Netzwerk von Veranstaltungsprofis. Darüber haben wir uns am Samstag nach der Katastrophe direkt zusammengetan. Und die Resonanz war riesig“, berichtet Bolz. Unprogrammatisch, schnell – und perfekt vernetzt. Mit diesen Worten beschreibt sie das Umsetzen der Initiative in der Kreisstadt.

Neben Lebensmitteln und Hygieneartikel gibt es auch Werkzeug, Besen und noch vieles mehr.
Neben Lebensmitteln und Hygieneartikel gibt es auch Werkzeug, Besen und noch vieles mehr.
Foto: Johanna Bolz

Innerhalb kürzester Zeit richteten die Eventdienstleister in der Heerstraße in Bad Neuenahr an der Markant-Tankstelle eine Verteilstation ein und bauten auf dem Standort von Bundeswehr und THW ein riesiges Logistikzelt auf, wie Bolz erzählt. „Unterstützt werden wir vom Team der Tankstelle, das uns Unterschlupf gewährt. Ein toller Partner an vorderster Front“, sagt Bolz. Sie lobt auch die Zusammenarbeit mit den Hilfskräften. „Das klappt wirklich super und ist total positiv“, so Bolz.

Die Eventdienstleister und weitere Helfer sind täglich mit bis zu 30 Personen im Einsatz, um Bedürftige zu versorgen. Und das nicht nur an der Verteilstation. „Wir sind in der gesamten Stadt unterwegs und arbeiten eng mit der Bundeswehr zusammen“, berichtet Bolz. Die Bundeswehr würde sich bei den Eventdienstleistern notwendige Dinge holen, um sie dann in die unterversorgten Orte zu bringen. „Wir arbeiten Hand in Hand mit THW und Bundeswehr. Eine tolle Kooperation, die echt Spaß macht“, so Bolz.

Neben dem Verteilen von Lebensmitteln, Hygieneprodukten, Wasser und Werkzeugen erfüllt die Initiative auch persönliche Wünsche und schafft bei Bedarf auch mal eine Powerbank oder Staubbrillen her. Das sei möglich durch das große Netzwerk. Würde man um Gummistiefel bitten, kämen sofort 300, nennt Bolz ein Beispiel. Das würde daher rühren, dass Eventveranstalter große Firmen als Kunden hätten. „Wenn man sagt: ,Wir brauchen euch', sind alle da“, sagt Bolz. So habe Lidl jüngst beispielsweise 40.000 Trinkflaschen gespendet.

Auch dass die Hilfe sich so schnell organisiert hat, begründet Bolz mit Erfahrungen aus dem Veranstaltungsbereich. „Da muss man schnell reagieren“, so die gebürtige Neuwiederin über ihren Job. Deshalb seien die Eventdienstleister auch schneller gewesen als öffentliche Stellen, um die Bevölkerung zu versorgen, so Bolz. „Länger als ein Jahr hatten Eventdienstleister keine Umsätze. Trotzdem haben sie sich jetzt so schnell formiert und Dinge in den Ring geschmissen wie Gabelstapler oder Laster. Und noch vor einem Jahr haben alle ums Überleben gekämpft. Das ist einfach Wahnsinn“, sagt Bolz. Viele von ihnen würden Bad Neuenahr-Ahrweiler kennen. „Auch ich war als Kind oft an der Ahr“, erzählt Bolz. Vielleicht auch ein Grund dafür, dass sie anpacken wollten.

„Es ist eine krasse Belastung, aber es tut gut zu helfen, anstatt zuzuschauen. Aber es geht schon an die Nieren“, so Bolz. Denn neben dem täglichen Einsatz gehört für viele auch die regelmäßige Hin- und Rückfahrt zum beziehungsweise aus dem Krisengebiet nach Hause dazu. „Nur einige Helfer zelten hier“, so Bolz. Sie selbst hat Glück und nicht so eine weite Anfahrt. „Ich kann bei meiner Mutter in Neuwied übernachten.“

Von unserer Redakteurin Silke Müller