Kreis Ahrweiler

Ein offenes Ohr in Krisensituationen: Die Lebensberatung Ahrweiler zieht Bilanz

Einrichtungen der Diakonie - Betreuungszentrum
Überlastung, Stress, Depressionen – Die Gründe, die Lebenshilfe in Anspruch zu nehmen sind vielfältig. Foto: dpa/Jens Büttner (Symbolbild)

278-mal waren im vergangenen Jahr die Kräfte der Lebensberatung Ahrweiler zur Stelle, um Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in Krisensituationen zur Seite zu stehen. Zusätzlich nahmen 810 Erwachsene, Kinder und Jugendliche an weiteren Angeboten der Lebensberatung wie Elternabenden, offenen Sprechstunden und Weiterbildungen teil. Das geht aus der Bilanz hervor, die die Lebensberatung jetzt für das Jahr 2022 vorgelegt hat.

Lesezeit: 3 Minuten
Anzeige

Die häufigsten Beratungsanlässe bei Kindern und Jugendlichen waren Mobbing und schulische Probleme, oppositionelles Verhalten, Ängste und Zwänge, Erschöpfung und Überlastung sowie Trennung oder Scheidung der Eltern oder Umgangsstreitigkeiten. Bei den Erwachsenen waren Belastung, Stress, Belastung durch kritische Lebensereignisse und Depressionen, eine dysfunktionale Interaktion beziehungsweise Kommunikation, ein Mangel an Kontakten sowie Trennungswünsche und Umgangsstreitigkeiten die wichtigsten Themen.

In ihrer Jahresbilanz 2022 aufgeschlüsselt hat die Lebensberatung auch die Dauer der Beratungen: In fast der Hälfte der Fälle lag die Beratungszeit bei unter drei Stunden, bei einem knappen Drittel der Fälle waren bis zu zehn Stunden Beratung nötig, bei den übrigen Fällen fielen noch mehr Beratungsstunden an. Gut zwei Drittel der Beratungsgespräche fanden von Angesicht zu Angesicht statt. Weniger oft genutzt wurden die Telefonberatung (14 Prozent), die Videoberatung (3,1 Prozent) und die Onlineberatung (0,6 Prozent).

Flutkatastrophe hatte Auswirkungen

Bei der Arbeit der Lebenshilfe kamen die Auswirkungen der Flutkatastrophe erschwerend hinzu. Die flutbedingten Renovierungsarbeiten stehen aber jetzt vor ihrer Vollendung. In der Familienbildungsstätte in Bad Neuenahr wird regelmäßig eine Außensprechstunde abgehalten, in Zusammenarbeit mit der Familienbildungsstätte gibt es zudem ein kostenfreies Eltern-Onlineangebot zu Erziehungsfragen.

Am Peter-Joerres-Gymnasium und der Philipp-Freiherr-von-Boeselager-Realschule plus Ahrweiler im Stadtgebiet hat die Lebensberatung im vergangenen Jahr auch Sprechstunden für Schüler angeboten. Auch die Lehrer haben die Möglichkeit, Beratungsangebote in Anspruch zu nehmen.

An der Ahrtalschule in Altenahr gab es zusätzlich ein flutbezogenes Projekt für die Schüler – aus gutem Grund: „Schon weit vor der Flutkatastrophe durch die Folgen der Pandemie geschwächt, bringen Kinder und Jugendliche oftmals die größten Opfer. Ihr Leben ist komplett aus den Fugen geraten, und zum persönlichen Verlust kommt bei vielen der Verlust ihrer vertrauten Orte wie Kita, Schule und Treffpunkte. Erschwerend kommt dazu, dass sie mit diesen Sorgen und Nöten nicht selten ganz allein fertig werden müssen. Um die Eltern und Familien nicht noch zusätzlich zu belasten, verstummen sie immer mehr“, teilt die Lebensberatung mit.

Traumatische Erfahrungen verarbeiten

Das Angebot „Weiter geht’s“ der Lebensberatungsstelle Ahrweiler soll dabei helfen, die Sprachlosigkeit aufzulösen. Es richtet sich an Kinder und Jugendliche, die im Rahmen der Flutkatastrophe traumatische Erfahrungen gemacht haben. Das Projekt hat zum Ziel, sie bei der Verarbeitung des Erlebten zu unterstützen, einen geschützten Raum zu bieten und der Entstehung chronifizierter psychischer Erkrankungen vorzubeugen.

Das Sprechstundenangebot für belastete Kinder und Jugendliche an Schulen im Kreis hat sich als so fruchtbar erwiesen, dass inzwischen bereits sechs Kreisschulen mit Sprechstunden von der Lebensberatung versorgt werden. Neben diesen Sprechstunden hat es in Zusammenhang mit der Flutkatastrophe eine große Anzahl von aufsuchenden Beratungsangeboten für Helfer, Lehrer, Erzieher, Mitarbeiter des Kreises und Eltern gegeben.

„Meist ging es hierbei um die Erstversorgung, Stabilisierung und Hilfe, um mit traumatischen und belastenden Situationen umzugehen. Von Beginn an trägt die Lebensberatung Ahrweiler dazu bei, die soziale Infrastruktur im Kreis Ahrweiler wieder mit aufzubauen“, schreibt die Lebensberatung in ihrer Bilanz.

Weitere Projekte werden geplant

Neben dem Engagement in unterschiedlichen Fachgremien bringt sich die Lebensberatung auch als Akteur im „Mobilen Beratungsbus“ der Kreisverwaltung Ahrweiler ein. Im Rahmen ihrer Präventionsarbeit bietet sie seit 2017 Kindern und Jugendlichen zwischen 12 und 15 Jahren ein Selbstbehauptungs- und Selbstsicherheitstraining an. Unter dem Titel „Ich kann auch anders“ lernen die Teilnehmer, eigene Grenzen zu erkennen und diese zu verteidigen.

Und die Lebensberatung plant weiter: Unter dem Titel „Ich“ soll ein Gruppenangebot für 14- bis 16-jährige Mädchen realisiert werden, um diese in ihrer Identitätsentwicklung zu unterstützen. Ein Wochenendseminar zum Thema „Stille wagen“ soll Jugendlichen zudem in der fordernden, aktiven und teils chaotischen Zeit des Wiederaufbaus die Möglichkeit bieten, zu sich zu finden und innere Einkehr zu erleben.

Träger der Lebensberatung Ahrweiler ist das Bistum Trier. Die Finanzierung wird vom Bistum und durch Zuschüsse des Landkreises Ahrweiler und des Landes Rheinland-Pfalz sichergestellt. red