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Bad Neuenahr

Ein Haus erzählt Geschichte: Von Glück, Not und einem Mord

Von Jochen Tarrach
Ein Haus erzählt Geschichte: Von Glück, Not und einem Mord Foto: Jochen Tarrach

Direkt neben dem Hemmesser Dom steht in der Uhlandstraße 1 in Bad Neuenahr ein wunderschönes Fachwerkhaus. Es zählt zu den ältesten Häusern in Hemmessen. In der Flutnacht wurde es nahezu völlig zerstört. Der Besitzer will es wieder aufbauen.

Lesezeit: 2 Minuten
Wann das Haus genau errichtet wurde, ist nicht mehr bekannt, es könnte aber nach Angaben seines Besitzers sogar das älteste noch erhaltene Haus der Ursprungsbebauung von Hemmessen sein. So steht auf seiner Giebelwand nur: „Erbaut im 18. Jahrhundert“.Das Haus macht einen so schönen, sauberen Eindruck als wollte es dem Glanz ...
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Die Morde von Hemmessen

Es war der 16. November 1945 als die Geschichte über ein grausiges Verbrechen in Hemmessen und Bad Neuenahr die Runde machte. Es wurden die Leichen des fünfjährigen Günter sowie der 19 Monate alten Karin in einer Scheune im Garten eines Fachwerkhauses verscharrt aufgefunden (die Namen wurden geändert). An einer Wäscheleine wurden sie zuvor an einem Dachbalken des Fachwerkhauses erhängt. Man findet im Rahmen der Ermittlungen die Stricke noch im Gebälk, und an den Leichen Spuren des Versuchs, die toten Kinder zu verbrennen. Als Täterin wird von den Ermittlungsbehörden sogleich die 25-jährige Mutter der Kinder, Wilma, vermutet. Sie war seit der Tat spurlos verschwunden. Auf ihrer Flucht durch das in Trümmern liegende Land wird sie am 24. November 1945 im Saarbrücker Hauptbahnhof von der Polizei gestellt.

Die Kinder stammen aus der am 24. Februar 1939 in Bad Neuenahr geschlossenen Ehe mit dem Soldaten Josef aus der Kurstadt. Dem jungen Eheglück wird durch den Beginn des Zweiten Weltkrieges ein jähes Ende gesetzt, Josef muss an die Ostfront und die junge Ehefrau bleibt allein im Fachwerkhaus zurück. Nach einem Heimaturlaub 1944 fällt Josef an der Ostfront und kehrt nicht mehr zurück. Es bricht für Wilma eine Zeit der Wirrungen und der Not an, die schließlich im genannten schlimmen Verbrechen endet. „Eine Kindermörderin vor dem Richter“ titelt die Rhein-Zeitung am 2. Juli 1947 zu Prozessbeginn in Koblenz.

Die Rhein-Zeitung ist bis heute die einzige Quelle des langen Prozesses. Zwei Verhandlungstage finden in Koblenz statt, dann wechselt das Gericht in den noch heute genutzten holzvertäfelten Saal des Amtsgerichtes Ahrweiler. Am 14. Juli 1947 wird das Urteil gefällt: zweifache Todesstrafe. Anfang März 1948 reicht eine Bad Neuenahrer Anwältin bei der neuen rheinland-pfälzischen Landesregierung ein Gnadengesuch ein. Es wird abgelehnt. Für die Justiz taucht ein neues Problem auf: Es gibt keine Hinrichtungsstätte mit Fallbeil in Rheinland-Pfalz. Das verzögerte die Hinrichtung und erst am 11. Mai 1949 war eine solche Einrichtung „betriebsfertig“. Doch am 9. Mai 1949 hatte Konrad Adenauer das neue Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verkündet. Darin stand und steht noch heute: Die Todesstrafe ist abgeschafft. Wilma überlebte ihr Todesurteil und bekam nun Lebenslänglich. Bis zum 31. Juli 1970 verbüßt sie ihre Strafe, dann wurde der Rest zur Bewährung ausgesetzt. Noch bis zum Jahr 2000 hat sie gelebt. tar

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Fast frisch renoviert sieht das Fachwerkhaus Uhlandstraße 1 aus. Doch der Eindruck täuscht. Nur noch die rohen Balken stehen.

Die Wände aus Lehm und Stroh hat die Ahrflut zerstört. Unversehrt ist die Inschrift am westlichen Giebel des Hauses: „Erbaut im 18. Jahrhundert, renoviert 1988“. Fotos: Jochen Tarrach

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