Kreis Ahrweiler

Dorfgemeinschaft setzt Zeichen der Solidarität: Eventmanagerin organisiert Hilfsnetzwerk

Von Horst Bach
Bei Eventmanagerin Missy Motown aus Krälingen steht das Telefon nicht still.
Bei Eventmanagerin Missy Motown aus Krälingen steht das Telefon nicht still. Foto: Ramona Maerz

Menschen helfen, die in akuter Not stecken, nicht lange fackeln, sondern sofort loslegen und anpacken, und zwar dort, wo es nottut: Nach der Flutkatastrophe hat Eventmanagerin Missy Motown aus Krälingen ein Hilfsnetzwerk angekurbelt, um gemeinsam mit der Krälinger Dorfgemeinschaft ein Zeichen der Solidarität zu setzen.

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„Privat organisierte Helferstationen sind wichtig, um spontan Hilfe zu leisten – man kennt sich, jeder weiß, wem was fehlt“, sagt Missy Motown. Der Rückhalt ist groß. „Wir haben sofort über soziale Netzwerke Spendenaufrufe gestartet. Da wir sehr gut vernetzt sind in der Kunst- und Kulturszene, haben wir gleich große Rückmeldungen bekommen“, erklärt Motown, dass Material organisiert werden konnte, das wirklich gebraucht wurde.

Aus der Hilfsaktion für die Hochwasseropfer entwickelte sich schnell ein riesiges Projekt. „Tatsächlich haben wir bereits an Tag zwei der Katastrophe um die 20 Stromaggregate mit Lastwagen nach Krälingen schaffen können – die haben wir dann auch recht schnell nach Altenahr gebracht“, erzählt sie. Das gesamte Dorf habe dazu beigetragen, dass in jedem Bereich, in dem etwas gebraucht wurde, auch etwas zur Verfügung stand. „Wir haben alle Gewerke im Dorf vertreten“, nennt Motown beispielsweise Landwirte mit großen Maschinentraktoren, Unternehmer mit Baggern oder allem, was Räder hat. Ein wichtiger Ankerpunkt waren auch Küchen und Köche, so Eventmanagerin Motown, die in Krälingen auch das Bistro Alte Krähe führt.

Jeder im Dorf habe sofort etwas aus seinem privaten Bereich zur Verfügung gestellt. „Dieses große Ganze hat letztendlich dazu geführt, dass wir hier in Krälingen zu einem Helferhotspot geworden sind.“ Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Auf dem Krälinger Sportplatz wurde ein Hubschrauberlandeplatz für die Bundes- und Landespolizei sowie für die Bundeswehr errichtet.

„Das Ganze mit dem Hubschrauberlandeplatz ist eigentlich recht interessant entstanden“, erzählt Motown. Zunächst war sie mit ihrem Quad auf die Kalenborner Höhe zur Leitzentrale gefahren. Hier sei recht schnell klar geworden: „Die brauchten sofort schweres Material. Und genau das hatten wir in Krälingen im Lager eines ortsansässigen Bauunternehmers stehen.“ Sofort sei die Frage der Einsatzleitung aufgekommen, ob die Hubschrauber auch Krälingen anfliegen und landen könnten, um benötigtes Material oder auch Manpower aufzunehmen. Motown schätzte die Lage richtig ein: „Kein Problem, wir haben im Ort einen Sportplatz, auf dem können Hubschrauber auch landen und Fracht aufnehmen.“

„Sofort einsteigen“, habe der Einsatzleiter auch in Richtung der Eventmanagerin ausgerufen. Doch das Gefühl, dem Piloten ausgeliefert zu sein, bereitete ihr wohl ein gewisses Unbehagen: „Ich habe Flugangst – das funktioniert so nicht“, habe sie erwidert. Vergeblich: „Egal, einsteigen, wir starten gleich durch.“ Der Hinweis, dass der Sportplatz Krälingen auch hubschraubertauglich ist, war extrem hilfreich. In den ersten vier Tagen der Katastrophe herrschte hier quasi Nonstop-Betrieb nach Rech, Mayschoß, Laach, Dernau und Reimerzhoven, wurden aus Krälingen unter anderem schweres Gerät, Stromgeneratoren, eine Feldküche, Verpflegung und natürlich jede Menge Helfer in die durch die Wassermassen abgeschnitten Gebiete der Ahr geflogen.

Im Langfigtal konnten die Materialien nur abgeseilt werden, weil die Hubschrauber dort nicht landen konnten. Insgesamt wichtig war es, dass die betroffenen Menschen an der Ahr wieder Strom und Gas bekamen. „Daneben gab’s in Krälingen auch eine mobile Tankstelle für die Einsatzfahrzeuge“, freut sich Motown darüber, was durch die Dorfgemeinschaft alles möglich gemacht wurde. Ihr Mobiltelefon stand im Dauerbetriebsmodus, Stillstand gab’s so gut wie nie. Ob Einsatzleitung, Bürgermeister, Feuerwehr oder Polizei – alle hatten Fragen zur Koordination der Hilfsleistungen.

Derweil war das komplette Dorf damit beschäftigt, Hilfsgüter zusammenzutragen und zu verpacken. Genau dafür war in und neben der St.-Quirinus-Kapelle Krälingen eine Sammelstelle eingerichtet worden. Innerhalb weniger Stunden türmten sich hier in der Kapelle meterhoch die Sachspenden. „Selbst die Krälinger Kinder haben Socken zusammengerollt oder Hygieneartikel verpackt. Die Dorfgemeinschaft hat das alles wunderbar hingekriegt“, lobt Missy Motown. Ihre Freundin Lizzy Mick aus Krälingen hat sich derweil ein ganz anderes Betätigungsfeld gesucht: Nach der Flutkatastrophe wurde für die betroffenen Regionen durch Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Psyochologen und Ärzten das Soforthilfeprogramm Psyche gegründet. „Wir sind mit unseren Teams bereits im gesamten Ahrtal im Einsatz“, erklärt Lizzy Mick. Auf Anfrage stehen die Teams für fachlich qualifizierte Akutintervention vor Ort den Betroffenen der Flutkatastrophe zur Verfügung.

An Sachspenden mangelt es derzeit wahrlich nicht. Wer jetzt zielgerichtet helfen wolle, sollte Geld geben: „Geldspenden sind jetzt wichtig, um den betroffenen Menschen zu helfen – auf der anderen Seite muss Geld her, da ganze Existenzen bedroht sind. Denkt man nur an Gastronomie und Hotellerie, die da unten an der Ahr extrem gelitten haben – erst war Corona, jetzt die Katastrophe“, appelliert sie an Menschen, die den Betroffenen helfen wollen.

Verein sammelt Spenden
Wer spenden möchte, kann dies auf das folgende Konto tun: Spendenkonto „Verein zur Förderung unerhörter Musik“ bei der Frankfurter Sparkasse, IBAN DE 85.5005.0201 0200.6856 94; BIC JEÖADEF 1822. Dabei bitte das Spendenstichwort „Hilfe für Flutopfer im Ahrtal“ angeben.