Sinzig

Aufräumarbeiten in Sinzig: Glück und Unglück liegen dicht beieinander

Von Judith Schumacher
Mittagessen im Vorgarten: „Wir haben sehr viel Glück gehabt, wir haben noch ein Dach über dem Kopf und Betten, in denen wir schlafen können“, sagt Hartmut Peterson.
Mittagessen im Vorgarten: „Wir haben sehr viel Glück gehabt, wir haben noch ein Dach über dem Kopf und Betten, in denen wir schlafen können“, sagt Hartmut Peterson. Foto: Judith Schumacher

Tag zwölf nach der Flutkatastrophe: Besonders hart getroffen wurde in Sinzig unter anderem die Hohenstaufenstraße, wo Anwohner nun damit beschäftigt sind, ihr Heim vom Schrott zu befreien und in irgendeiner Form wieder bewohnbar zu machen.

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Während THW, Feuerwehr und eine Kanalreinigungsfirma unermüdlich zugange sind, Schrottautos, Schutt, Müll und Schlamm zu entsorgen, hat sich das Ehepaar Peterson in seinem Vorgarten eine Sitzgelegenheit geschaffen, wo sie eine warme Suppe zu sich nehmen. „Die ist gut, die müssen sie probieren“, sagt Hartmut Peterson. Die beiden sind einfach nur glücklich darüber, dass sie noch ein Dach über dem Kopf und eine Schlafgelegenheit haben.

Der Platz neben der Adventskirche ist über und über mit Schutt und Schlamm überzogen, ebenso der Herzog-von-Jülich-Ring, an den die Hohenstaufenstraße grenzt. Ein Team des Michelin-Stern gekürten Andernacher Restaurants Yoso versorgt die erschöpften Anwohner und die Einsatzkräfte mit warmen Speisen und kühlen Getränken. In Richtung Ende der Hohenstaufenstraße ganz in der Nähe des kleinen Pfades, der direkt zur Ahr führt, wird der Schlamm auf der Straße dicker.

Das Gastroteam des Yoso aus Andernach versorgt Helfer und erschöpfte Anwohner, die nach der Flutkatastrophe am Rande ihrer Kräfte sind.
Das Gastroteam des Yoso aus Andernach versorgt Helfer und erschöpfte Anwohner, die nach der Flutkatastrophe am Rande ihrer Kräfte sind.
Foto: Judith Schumacher

Das Haus von Hildegard Ginzler und Alfred Klein sieht nahezu aus wie ein Rohbau. Die Türzargen wurden von dem ältesten Sohn und einem wildfremden Helfer aus Bremen herausgebrochen, vor der Toilette ist ein Vorhang. Die Trinkwasserversorgung funktioniert. Das Telefon nicht. Seit Montag haben sie wieder Strom. „Wir brauchen dringend einen Bautrockner“, sagt Hildegard Ginzler.

Das Auto der Journalistin wurde von den Wassermassen ans hinterste Ende des verwüsteten Gartens geschoben. „Wir wurden am Abend der Flut von der Feuerwehr gegen 23 Uhr gewarnt, dass wir noch etwas aus dem Keller herausholen könnten, aber dann bald wieder hinausgehen sollen. Wir haben uns dann mal in Richtung Adventskirche bewegt, als das Wasser innerhalb kurzer Zeit um einen halben Meter stieg und wir sofort wieder ins Haus gingen.

In der Sinziger Hohenstaufenstraße werden diverse Schrottautos beseitigt.
In der Sinziger Hohenstaufenstraße werden diverse Schrottautos beseitigt.
Foto: Judith Schumacher

Dann gingen die Straßenlaternen aus. Wir haben von unserem Obergeschoss aus gesehen, wie das Wasser um uns immer mehr wurde, aber dann haben wir zwischen den gegenüberliegenden Häusern hindurch die Ahr meterhoch über den Dächern toben und rasen gesehen – es war entsetzlich, überall hörten wir ein Donnern, Bäume und andere Gegenstände irgendwo gegenschlagen“, berichtet Ginzler.

Der Gedanke an ihre Mutter, die in Heimersheim wohnt, trieb sie um. Die Seniorin ist aber ebenso wie ihre Tanten wohlauf und wurde sicher untergebracht. „Wir sind von unseren Söhnen großartig unterstützt und mit dem Lebensnotwendigen versorgt worden“, sagt Hildegard Ginzler. Peter Schmelter, ein befreundeter Helfer, kommt hinzu. Was er berichtet, schockiert. Über Helfer, die Tote finden, und das unendliche Leid der Angehörigen.