Kreis Ahrweiler

Wenn der Pkw ein Raub der Fluten wurde: Auch ohne Kennzeichen und Papiere Autos abmelden

Von Rike Schmickler
Dieses völlig zerstörte Fahrzeug ist kein Einzelfall. Tausende Pkw, Wohnmobile und Campingwagen hat die Flut weggerissen. Versicherungen und Zulassungsstellen sind auf die besondere Situation der Halter vorbereitet und bieten Hilfestellung an.
Dieses völlig zerstörte Fahrzeug ist kein Einzelfall. Tausende Pkw, Wohnmobile und Campingwagen hat die Flut weggerissen. Versicherungen und Zulassungsstellen sind auf die besondere Situation der Halter vorbereitet und bieten Hilfestellung an. Foto: Rike Schmickler

Was tun, wenn das Auto weggeschwemmt wurde und nicht auffindbar ist? Die Flutwelle im Ahrtal spülte in der Nacht zum 15. Juli Tausende Pkw davon. Sie wurden unter Brücken durchgeschoben, um Bäume gewickelt und in Böschungen oder gegen Leitplanken gequetscht, bis zur Unkenntlichkeit zusammengedrückt. Auch ihr Anblick macht deutlich, welche Kraft die aufbäumende Ahr in der Katastrophennacht entfaltete.

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Immer noch stehen zahllose Fahrzeughalter gleich vor mehreren Problemen: Sie haben mit dem Verlust ihres Fortbewegungsmittels ihre Mobilität verloren und teils erhebliche Werte. Die Fahrzeuge wurden gleich nach der Flutwelle nach und nach abtransportiert und türmen sich an verschiedenen Plätzen.

Versicherungen zeigen sich flexibel

Aber wie melde ich meinen verloren gegangenen Pkw ab? Wie finde ich mein Auto wieder und wie bitte, soll ich die Kennzeichen abgeben, wenn ich noch nicht mal weiß, wo das Fahrzeug liegt? Was braucht die Versicherung, und zahlt sie meinen verlorenen Pkw? Diese Fragen stellte sich auch Willi Stockrahm aus Moers. Er verbrachte die Nacht der Flutkatastrophe – wie so häufig als bekennender Fan des Ahrtals – im Bad Neuenahrer Steigenberger Hotel. „Wir wurden vom zweiten in den vierten Stock gebracht, weil wir kaum noch atmen konnten“, erinnert er sich.

Sein Auto wurde währenddessen von den Fluten der Ahr mitgerissen und mit vielen anderen davongetragen. „Wenn ich die Fotos mit Bergen von verschrotteten Autos im Internet sehe, dann weiß ich, es geht nicht nur uns so. Daher hoffe ich, dass die Versicherungen sich vernünftig anstellen“, zeigte er sich zuversichtlich.

Wie dem Ahrtalfan aus Moers geht es vielen Autohaltern in den Regionen der Unwetterkatastrophen. „Wir arbeiten in diesen Fällen sehr unkompliziert“, sagt der Sinziger Versicherungsbetriebswirt Werner Klapperich, der seit mehr als fünf Jahrzehnten im Geschäft ist. Der Ablauf gestalte sich rasch und zeitnah: „Die Betroffenen nennen ihren Namen, das Pkw-Kennzeichen und ihre Versicherungsnummer. Wer hat, reicht ein Foto ein. Auf dieser Basis ermitteln externe freie Sachverständige den Pkw-Wert. Wir schlagen einen Entschädigungsbetrag vor, den die Versicherung zahlen würde, und wenn die Kunden einverstanden sind, erhalten sie umgehend und kurzfristig das Geld“, so Klapperich. Rund 100 Pkw-Versicherungsfälle habe die Provinzial-Agentur in Sinzig auf dem Weg bereits abgewickelt. Auch Kathrin Jarosch vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft bekräftigt: „Die Versicherer legen ihren Fokus auf schnelle und servicefreundliche Lösungen.“

Serviceorientiert und mit Blick auf die Betroffenen haben sich auch die Kfz-Zulassungsstelle der Kreisverwaltung Ahrweiler und ihre drei Außenstellen in Adenau, Sinzig und Niederzissen auf die Situation der Flutbetroffenen eingestellt, die seit dem 21. Juli wieder in Betrieb sind. Seit der Überschwemmung verbuchten die Kfz-Zulassungsstellen mehr als 13.000 Zulassungsvorgänge, davon 6000 Fahrzeugabmeldungen. „Normalerweise erfolgen circa 1400 Abmeldungen pro Monat“, erläutert Cora Blechen von der Pressestelle der Kreisverwaltung auf Anfrage der RZ und schildert Details: „Viele Fahrzeuge sind den Fluten zum Opfer gefallen. Sofern für diese noch Kfz-Kennzeichen und Zulassungspapiere vorliegen, ist die Abmeldung unproblematisch für jeden und deutschlandweit in jeder Zulassungsstelle durchführbar.“

„Da die Erhebung von Gebühren für eine Abmeldung oder für den Verlust von Fahrzeugpapieren angesichts der gegebenen Umstände aus unserer Sicht unangemessen ist, haben wir von Anfang an auf diese verzichtet, sofern die betreffenden Halter von der Flut betroffen sind“, so Cora Blechen. Man habe auch die Kfz-Zulassungsstellen anderer Verwaltungen im Rahmen der Amtshilfe darum gebeten, Abmeldungen ebenfalls ohne die Erhebung von Gebühren für Flutgeschädigte vorzunehmen, was nach Kenntnis der Kreisverwaltung auch so praktiziert werde. Cora Blechen weiter: „Auch den Bürgern, die keine Kfz-Papiere und Kennzeichen mehr besitzen, wird die Abmeldung der betroffenen Fahrzeuge ermöglicht. Im Rahmen der Amtshilfe sogar in weiteren Zulassungsbehörden, wie beispielsweise in den Kreisverwaltungen Daun, Mayen-Koblenz, Neuwied sowie den Stadtverwaltungen Andernach und Koblenz, um hier nur einige zu nennen.“ Weiterhin habe man den betroffenen Gemeinden angeboten, Abmeldungen in den betroffenen Orten selbst entgegenzunehmen, was in Dernau und Altenburg auch bereits praktiziert werde. Bei Verlust von Fahrzeugpapieren und/oder Kennzeichen ist grundsätzlich die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung durch den Halter erforderlich, da eine eidesstattliche Versicherung eine per Gesetz vorgegebene höchstpersönliche Erklärung ist.

Betrüger sind unterwegs

„Aufgrund der besonderen Situation und vor dem Hintergrund, dass Flutgeschädigte gegebenenfalls nicht selbst erscheinen können, haben wir aber beschlossen, von der gesetzlichen Vorgabe insoweit abzuweichen, dass der Halter nunmehr eine andere Person beauftragen kann, die die Abmeldung vornimmt und dazu eine eidesstattliche Versicherung anstelle des Halters abgibt“, so die Pressesprecherin.

Da die Fachabteilung leider bereits von ersten Betrugsfällen beziehungsweise Diebstählen Kenntnis habe und nicht ausschließlich seriöse Abschleppunternehmen im Krisengebiet unterwegs seien, sei es weiterhin erforderlich, dass die Kolleginnen und Kollegen der Kfz-Zulassungsstelle sich von noch vorhandenen Unterlagen ein Bild machen könnten und die eidesstattliche Versicherung abnehmen. Cora Blechen weiter: „Zur Vorbeugung von Betrugsfällen und des Missbrauchs oder Diebstahls von Kennzeichen, Papieren, Siegeln et cetera ist diese gesetzlich vorgeschriebene Vorgehensweise auch geboten.“

Von unserer Mitarbeiterin Rike Schmickler