Kreis Ahrweiler

Abschlussveranstaltung in Insul zu „Obere Ahr Hocheifel“: Naturschutzprojekt geht in die letzte Phase

Etwa 60 Gäste trafen sich im Rahmen der Abschlusssitzung der Projektbegleitenden Arbeitsgruppe in Insul.  Foto: Kreisverwaltung Ahrweiler/Bernhard Risse
Etwa 60 Gäste trafen sich im Rahmen der Abschlusssitzung der Projektbegleitenden Arbeitsgruppe in Insul. Foto: Kreisverwaltung Ahrweiler/Bernhard Risse

Nach dreieinhalb Jahren Planung und mehr als elf Jahren Maßnahmenumsetzung geht das Naturschutzgroßprojekt „Obere Ahr Hocheifel“ des Kreises Ahrweiler in seine finale Phase. Im Rahmen einer Sitzung der Projektbegleitenden Arbeitsgruppe (PAG) trafen sich jetzt etwa 60 geladene Gäste in Insul zu einer Abschlussveranstaltung, bei dem die Projektgruppe wesentliche Ergebnisse und Erfolge der durchgeführten Maßnahmen aufzeigte.

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Landrätin Cornelia Weigand dankte in ihrer Begrüßung den Fördermittelgebern sowie allen am Projekt Beteiligten für ihre langjährige Unterstützung. Auch Alfred Herberg, Fachbereichsleiter beim Bundesamt für Naturschutz, und Staatssekretär Erwin Manz vom Umweltministerium Rheinland-Pfalz richteten als Vertretungen der beiden Fördergeber Grußworte an die Anwesenden und betonten ebenso wie Guido Nisius, Bürgermeister der Verbandgemeinde Adenau, die besondere Bedeutung des Projekts für den Artenschutz in der Region.

Wertvolle Lebensräume sind optimiert worden

Während der Projektlaufzeit seit 2007 seien im Gebiet der Verbandsgemeinde Adenau bereits wertvolle Lebensräume im Bereich der oberen Ahr und ihrer Zuflüsse optimiert und nachhaltig gesichert worden, heißt es in einer Mitteilung der Kreisverwaltung. So seien in den vergangenen Jahren etwa 800 Wiesen- und Waldgrundstücke entlang der Ahr und ihrer Zuflüsse über das Projekt erworben und damit die Entwicklung artenreicher Blumenwiesen und Waldstrukturen großflächig angestoßen worden.

Nachdem sich die Realisierung der Gewässermaßnahmen in der ersten Hälfte der Umsetzungsphase fast ausschließlich auf die Seitentäler und Nebengewässer der Ahr konzentrierte, führten die beiden Hochwasserereignisse von 2016 und 2021 zu einem Richtungswechsel im Projekt.

Mit der Hochwasserpartnerschaft und dem fortschreitenden Wiederherstellungskonzept sind wir auf dem richtigen Weg.

Landrätin Cornelia Weigand

Die Hochwasservorsorge an den beiden größten Gewässern des Gebiets, der Ahr und dem Trierbach, rückte zunehmend in den Fokus des Interesses, sodass in den ergangenen Jahren vor allem solche Naturschutzmaßnahmen umgesetzt wurden, die den Gewässern deutlich mehr Platz in der Talaue einräumen, den Abfluss bremsen oder die Strukturvielfalt erhöhen, beispielsweise um Treibgut zurückzuhalten. Gleichzeitig wurden viele Bäche in der Verbandsgemeinde von ihrem künstlichen Korsett aus Ufer- und Sohlbefestigungen befreit und Verrohrungen und Stauwehre zurück sowie Strömungslenker eingebaut, um die Fließgeschwindigkeit zu verlangsamen.

Viele Mosaiksteine

„Mit intensiver Unterstützung der Anliegergemeinden und der Menschen vor Ort konnten bereits einige natürliche Hochwasservorsorgemaßnahmen umgesetzt werden“, betonte Landrätin Weigand. Um deutlich spürbare Effekte zu erzeugen, müssten jedoch noch sehr viele weitere folgen. „Jede Einzelmaßnahme ist nur ein kleiner Mosaikstein“, so die Landrätin. „Mit der Hochwasserpartnerschaft und dem fortschreitenden Wiederherstellungskonzept sind wir auf dem richtigen Weg. Zusammen mit dem überörtlichen Maßnahmenplan, der in Planung und Umsetzung von Hochwasservorsorge das gesamte Einzugsgebiet der Ahr berücksichtigt, werden wir weitere signifikante Veränderungen in diesem Bereich erzielen können.“

Im Projektverlauf habe sich immer wieder gezeigt, dass Natur- und Klimaschutz sowie die Hochwasservorsorge oftmals dieselben Instrumente erfordern. Das Naturschutzgroßprojekt stehe als Prädikat für die Region, denn das ausgewählte Gebiet gehört deutschlandweit zu den etwa 90 Projekten von „chance.natur“, einem großen Naturschutzprogramm des Bundes.

Alfred Herberg vom Bundesamt für Naturschutz fügte hinzu: „Bereits 1979 wurde das Mündungsgebiet der Ahr mit Bundesmitteln gefördert, um dem natürlichen Wechselspiel von Niedrig- und Hochwasser mehr Raum zu geben. Mit dem Projekt ,Obere Ahr-Hocheifel' wurde das Engagement des Bundes für das Gewässersystem der Ahr sinnvoll ergänzt und ein wichtiger Beitrag geleistet, die naturnahe, eigendynamische Entwicklung des Gewässersystems der Oberen Ahr in Rheinland-Pfalz zu entwickeln und zu sichern und somit auch deren vielfältigen Ökosystemleistungen zu stärken. Insgesamt wurde viel für den Naturschutz im Ahrtal durch die Projektmaßnahmen erreicht. Dazu beigetragen hat vor allem das Engagement aller Beteiligten.“

Raum für alle Lebewesen erhalten

„In Zeiten des Klimawandels müssen wir unsere Auenlandschaften erhalten, schützen und wiederherstellen. Nur so können wir eine Umwelt schaffen, die allen Lebewesen genug Raum bietet. Eine Umwelt im Gleichgewicht ist resilienter gegenüber extremen Klimaereignissen, wie Starkregen, Hochwasser und Niedrigwasser“, betonte Staatssekretär Manz. „Mit dem Naturschutzgroßprojekt Obere Ahr Hocheifel haben verschiedenste Akteure im Zusammenspiel ein großräumiges Projekt zielgerichtet und eng koordiniert umgesetzt.“

Projektleiter Jochen Mölle ging in seinem Fachvortrag genauer auf die umgesetzten Schritte und deren Auswirkungen ein. So stellte er insbesondere die großen Wasserbaumaßnahmen der vergangenen Jahre in Müsch, Antweiler und Dümpelfeld ausführlich vor und erläuterte, wie diese zu einer höheren Artenvielfalt führen und zum Klimaschutz sowie zur Hochwasservorsorge beitragen würden. In Müsch wurden in zwei Phasen Maßnahmen am Trierbach und an der Ahr umgesetzt. Hierfür wurde zunächst im Sommer 2018 die Mündung des Trierbachs in die Ahr aufgeweitet und mit Strukturen angereichert sowie gleichzeitig die Fließrichtung des Bachs der Fließrichtung der Ahr angepasst, um den Rückstau am Zusammenfluss zu minimieren.

Gemeinde Müsch hat mitgeholfen

Nachdem sich der Mündungsbereich gut entwickelt hatte, wurde im Jahr 2022 die zweite Phase eingeläutet und die an den Mündungsbereich angrenzenden Abschnitte bearbeitet, indem unter anderem künstliche Ufer- und Sohlbefestigungen gelöst, begradigte Gewässerstrecken zum Schwingen gebracht und Fließstrecken verlängert wurden. All diese Maßnahmen seien, so Mölle, nur durch die intensive Unterstützung der Ortsgemeinde Müsch erfolgt, die ihre Eigentumsflächen zur Verfügung stellte und weitere Ufergrundstücke erwarb. Somit wurde im Ortsbereich ein vielfältig strukturierter und dynamischer Gewässerabschnitt wiederhergestellt, der vielen speziell angepassten Arten Lebensraum bietet und gleichzeitig den Hochwasserabfluss bremst. Nach Ende der Förderung 2024 besteht nun die Herausforderung darin, die erreichten Strukturverbesserungen durch unbefristete Dauermaßnahmen langfristig zu erhalten und weiterzuentwickeln. red