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Koblenz

„Zehn Minuten über Koblenz“ Teil 3: Was kann man gegen das Verkehrschaos tun?

Wie kann der Verkehr der Zukunft aussehen? Darüber machen sich die Kandidaten für den Stadtrat Gedanken.  Foto: Sascha Ditscher
Wie kann der Verkehr der Zukunft aussehen? Darüber machen sich die Kandidaten für den Stadtrat Gedanken. Foto: Sascha Ditscher

Der Wettbewerb der Verkehrsmittel an diesem Interview-Abend ist alles andere als ausgeglichen. Fünf der zehn Kandidaten, mit denen wir Gondelgespräche zur Kommunalwahl führen, sind mit dem Auto zur Seilbahn gekommen: Anne Schumann-Dreyer (CDU) ist bis zum Rathaus gefahren, dann zu Fuß weitergegangen. Sven Schillings (FDP) ist wie eigentlich immer mit dem Auto unterwegs, weil er viele Termine hat, ebenso wie Torsten Schupp (Wählergruppe Schupp) und Hans-Peter Ackermann (Die Grünen), der als Gastwirt oft etwas zu transportieren hat. Auch Joachim Paul (AfD) ist heute ausnahmsweise mit dem Auto da. Meist fährt er in Koblenz Rad und zur Arbeit nach Mainz mit dem Zug.

Lesezeit: 6 Minuten
Zu Fuß ist Marion Lipinski-Naumann (SPD) unterwegs, allerdings nur von ihrer Arbeitsstelle in der Innenstadt aus, zu der sie normalerweise mit dem Bus oder dem Auto fährt. Oliver Antpöhler (Die Linke) läuft von Horchheim aus oft in die Stadt. Stephan Wefelscheid (Freie Wähler) ist fast nur zu Fuß unterwegs, auch ...
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Radverkehr: Wie soll es weitergehen?

Koblenz. Schon lange erklärtes Ziel der Stadt ist es, den Anteil des Radverkehrs von derzeit etwa 8 Prozent zu verdoppeln – oder zumindest stark auszubauen. Denn Räder haben bekanntermaßen einige Vorteile gegenüber den Autos, auch wenn sich mancher Fußgänger oder Autofahrer über bisweilen undisziplinierte Radler ärgert. Unbestritten aber bleibt, dass dieses Verkehrsmittel äußerst umweltfreundlich ist, weil es keine Schadstoffe ausstößt und leise ist. Und dass es auf den Straßen und beim Parken erheblich weniger Platz wegnimmt.

Wie aber bekommt man mehr Leute dazu, aufs Rad umzusteigen? Beim RZ-Speeddating in der Seilbahn hatten die Vertreter der zehn Parteien und Gruppierungen, die für den Stadtrat am 26. Mai kandidieren, eine Gondelfahrt lang Zeit, ihre Ideen darzulegen:

Anne Schumann-Dreyer (CDU) ist sicher, dass man auch mit wenig Mitteln schon viel in puncto Sicherheit für Radfahrer erreichen kann. „Rote oder grüne Farbe würde doch schon viel nutzen, um die bestehenden Radwege zu markieren.“ Beim Ausbau der Radwege ist es besonders wichtig, die vorhandenen Lücken zu schließen, sagt die 71-Jährige. „Zum Beispiel am Saarkreisel ist es lebensgefährlich für Radfahrer.“ Von anderen Ideen wie beispielsweise einem breiten Radweg zugunsten einer Autospur auf dem Ebert-Ring hält die Fraktionsvorsitzende der CDU, die auf Listenplatz 1 kandidiert, nichts.

Marion Lipinksi-Naumann (SPD) sieht es als längst überfällig an, dass das Radwegenetz ausgebaut wird – und erklärt an einem Beispiel, wie stark Entwicklungen und Planungen in einzelnen Bereichen miteinander zusammenhängen: „Wichtig ist beispielsweise, dass wir bei Neubauten genügend Stellplätze vorschreiben, um die Straßen möglichst frei von parkenden Autos zu bekommen, damit man besser Radwege unterbringen kann“, sagt die 55-jährige Fraktionsvorsitzende, die auf Listenplatz 4 kandidiert.

Hans-Peter Ackermann (Grüne) sieht ganz dringenden Handlungsbedarf bei den Radwegen – „es dauert immer alles so lange, bis dann ein Radweg nach einer DIN-Norm fertig geplant und gebaut ist“, moniert der 63-Jährige. „Für weitere Strecken brauchen wir Schnellstraßen wie in Dänemark oder Holland“, fordert der Fraktionsvorsitzende, der auf Platz 1 kandidiert. In der Stadt könne man an vielen Stellen das Tempo reduzieren, dann kämen Autos und Radfahrer mit weniger Konflikten klar. „Für uns ist es aber auch denkbar, dass Autospuren zugunsten von Radwegen aufgegeben werden.“

Stephan Wefelscheid (Freie Wähler, Listenplatz 1) bedauert, dass in Bezug auf das Radwegenetz zu wenig passiert. „Wir haben da zwar viel beschlossen, aber es wird nichts umgesetzt“, kritisiert der 40-Jährige. Dabei muss es in seinen Augen gar nicht immer die ganz große Lösung sein, statt eines Neubaus in der Beatusstraße würde auch eine neue Teerdecke reichen, meint er. Dass punktuell auch Platz von Autospuren zugunsten einer Radspur wegfallen, kann er sich durchaus vorstellen, „aber nicht in Transitstraßen wie dem Friedrich-Ebert-Ring.“

Christian Altmaier (Freie Bürgergruppe) findet es wichtig, Radwege konsequenter zu planen. „Wir brauchen echte Nord-Süd- und Ost-West-Achsen“, sagt der 40-Jährige, der von der SPD zur Freien Bürgergruppe gewechselt ist und dort auf Listenplatz 1 kandidiert. „Und wir brauchen ein paar richtige Entscheidungen“, fügt er hinzu und nennt als Beispiel Trier, wo es an den Ampeln vorgelagerte Haltelinien für Radfahrer gibt und sie damit besser im Blick der Autofahrer sind und vor diesen starten. „Da ist der Verkehr auch nicht zusammengebrochen.“

Sven Schillings (FDP) gibt zu bedenken, dass es die Situation in Koblenz durch die Tallagen nicht einfach mache, zusätzliche Radwege zu bauen. „Aber natürlich muss was verbessert werden, zum Beispiel am Saarkreisel ist es ja wirklich eine Katastrophe.“ Vieles sei schon geholfen, wenn die Radwege besser gekennzeichnet wären. Nach und nach könnte man dann auch Autospuren wegnehmen und den Radfahrer zur Verfügung stellen, „aber das wird eine Entwicklung im Lauf der Jahre sein, das geht nicht mit Gewalt“, sagt der 59-jährige Kreisvorsitzende, der auf Platz 7 seiner Partei kandidiert.

Joachim Paul (AfD) ist selbst in der Stadt fast nur mit dem Rad unterwegs, schildert er – und kann die Kritik an der Situation nicht verstehen. Radwege weiter auszubauen, findet der 49-Jährige, der auf Platz 1 der Liste kandidiert, richtig – „aber mit Augenmaß.“ Zum Beispiel könne man sicher darüber nachdenken, Schienentrassen in Radwege umzubauen, „aber da muss man gucken, ob das überhaupt genutzt wird. Investition und Ertrag müssen in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen.“

Oliver Antpöhler (Die Linke) fordert „echte, sichere Radwege. Mit ein paar Piktogrammen auf der Straße ist es nicht getan“, sagt der 32-Jährige, der auf Platz 1 der Liste steht. Das wird sicher auch zu einer gewissen Verdrängung der Autos führen. Gut vorstellen kann er sich beispielsweise, dass es in der Bahnhofstraße oder auf dem Friedrich-Ebert-Ring in absehbarer Zeit nur noch eine Spur für Autos, die andere für Radfahrer gibt. „Das muss aber natürlich in ein Gesamtkonzept eingebettet sein.“

Torsten Schupp (Wählergruppe Schupp) sieht das Problem in den Tallagen an den Flüssen, die es „nicht wahllos möglich machen, Radwege zu bauen“, sagt der 49-jährige ehemalige FDP-Politiker, der nun als Spitzenkandidat der gleichnamigen Wählergruppe antritt. Wo es aber möglich ist, muss das Radwegenetz unbedingt verbessert werden – auch am Friedrich-Ebert-Ring zum Beispiel, wo Schupp vorschlägt, die mittige Grünzone zu verschmälern und außen beidseitig Radwege zu installieren.

Sebastian Beuth (Die Partei, Listenplatz 1) findet, dass Fahrradfahren in Koblenz nur was für Leute ist, „die sich umbringen wollen – zumindest am Saarkreisel und an anderen Orten.“ Für den 31-Jährigen ist klar: „Wo eine Straße geplant wird, da muss auch ein Radweg geplant werden.“ Koblenz muss sich ein Beispiel an Städten in Holland oder Belgien nehmen, sagt er. „Natürlich wird das eine Stange Geld kosten, aber da es umweltschonend ist, entlastet es die Stadt in anderer Hinsicht ja.“

Von unserer Redakteurin Doris Schneider

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