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Wird die Hochschule Koblenz vernachlässigt? Ausstattung entspricht laut Kritikern in vielen Bereichen nicht dem Landesdurchschnitt

Von Reinhard Kallenbach
Der Rhein-Mosel-Campus ist Hauptstandort der Hochschule Koblenz. Zwei weitere Standorte gibt es in Remagen und Höhr-Grenzhausen.  Foto: Reinhard Kallenbach
Der Rhein-Mosel-Campus ist Hauptstandort der Hochschule Koblenz. Zwei weitere Standorte gibt es in Remagen und Höhr-Grenzhausen. Foto: Reinhard Kallenbach

Über die künftig selbstständige Universität in Koblenz und deren unsichere finanzielle Ausstattung wird derzeit viel gesprochen. Dass sich auch an der eigenständigen Hochschule Koblenz, der früheren Fachhochschule, eine völlig unbefriedigende Entwicklung abzeichnet, spielt dagegen in den aktuellen Debatten eine Nebenrolle. Dabei steigt an den drei Standorten in Koblenz, Remagen und Höhr-Grenzhausen die Unzufriedenheit.

Lesezeit: 5 Minuten
Noch zum Jahreswechsel schien sich die Situation deutlich entspannt zu haben. Präsident Prof. Dr. Kristian Bosselmann-Cyran freute sich seinerzeit über Geld aus Berlin im Rahmen des Zukunftsvertrags „Studium und Lehre stärken“. Diese Finanzmittel machten es unter anderem möglich, befristete Stellen des akademischen Mittelbaus zu entfristen. Dies war schon allein mit ...
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RZ-Kommentar: Reinhard Kallenbach zur Zukunft der Hochschulen

Strukturen auf den Prüfstand stellen, ohne Forschung und Lehre zu schaden

Eine schlecht ausgestattete Hochschule, die im Bundesvergleich Gefahr läuft, abgehängt zu werden, und eine Rumpfuniversität, die auf Dauer nicht überlebensfähig ist: Das ist kein Szenario für Pessimisten, sondern die Zukunft des Wissenschaftsstandortes Koblenz, wenn nicht sofort alte Denkverbote und Träumereien über Bord geworfen werden. Es steht also einiges auf dem Spiel, zumal für das gesamte nördliche Rheinland-Pfalz dramatische Folgen drohen.

Die Zukunft des Standorts liegt im Bereich der angewandten Wissenschaften. Das schließt nicht aus, dass in einigen Paradedisziplinen und bei Abschlussarbeiten Grundlagenforschung betrieben werden kann. Das sehen auch auswärtige Experten so, wie der jüngste Beitrag des angesehenen Düsseldorfer Professors Dr. Jens Südekum bei einem Online-Forum der Industrie- und Handelskammer Koblenz zeigte.

Der Rat des Wirtschaftswissenschaftlers, keine Doppelstrukturen zu pflegen, wäre eigentlich das Gebot der Stunde. Aktuell besteht aber die Gefahr, dass trotz der desolaten Finanzlage genau diese Doppelstrukturen aufgebaut werden, was der dauerhaften Finanzierung von Hochschule und Universität gleichermaßen schaden könnte. Die Forderung nach dem Bau eines Verwaltungsgebäudes für den ab dem 1. Januar 2023 selbstständigen Campus Metternich und auch der Wunsch, an der Universität Kapazitäten für Spezialgebiete im Bereich der Wirtschafts- und Rechtswissenschaften zu schaffen, lassen jedoch das Schlimmste befürchten. Wäre es nicht sinnvoller, bestehende Angebote an Hochschule und Uni zu stärken, anstatt neue Kostenfallen aufzubauen?

Ein schlankeres und zukunftsfähigeres Modell ohne Qualitätseinbußen in Lehre und Forschung könnte die Zusammenlegung von Universität und Hochschule zu einer leistungsfähigen Einheit sein. Der Vorschlag ist nicht neu, er wurde aber von Hochschulleitungen und Gremien immer wieder zurückgewiesen. Andere wiederum befürchten, dass angesichts der Ausstattungsmisere ein „Nebenkriegsschauplatz“ eröffnet wird.

Allerdings gibt es auch das Argument von Einsparpotenzialen bei der Organisation und in der Verwaltung und der damit verbundenen Möglichkeit, Gelder sinnvoller einzusetzen. Und: Eine Fusion erscheint seit der Gleichstellung der Studienabschlüsse im Zuge des Bologna-Prozesses praktikabel, zumal es schon jetzt mannigfaltige Formen der Kooperation beider Hochschulen gibt. Im Übrigen bestehen mit dem Rechenzentrum und dem Studierendenwerk bereits zentrale Einrichtungen für beide Hochschulen. Auch die Tatsache, dass eines Tages alle wissenschaftlichen Bibliotheken in Rheinland-Pfalz nach den gleichen Standards arbeiten werden, könnte einiges beschleunigen. Und es gibt die Chance, dass Lehrgebiete in der Region gehalten werden, deren Bestand gefährdet ist.

Individuelle Begehrlichkeiten ließen sich leicht durch die Unterscheidung von Forschungs- und Lehrprofessuren lösen, wobei es allerdings erforderlich wäre, dass sich nach den Wahlen 2021 Landesregierung und Landtag auch in diesem Punkt bewegen müssten. Die meisten Hochschulprofessuren dürften mit ihrer vermeintlichen Schlechterstellung im Vergleich zu den Universitätsprofessoren keine Probleme haben, zumal es ihnen gestattet ist, parallel Büros oder Kanzleien zu führen.

Es wird also höchste Zeit, umzudenken, zumal die Wahl am 14. März 2021 einen Einschnitt bringen könnte. Denn dann sind einige der bisherigen Ansprechpartner vielleicht nicht mehr im Amt. Man sollte sich also spätestens im Frühjahr 2021 darüber im Klaren sein, was man eigentlich will – inklusive der finanziellen Dimensionen.

Nur Optimisten erwarten, dass sich die Grundausstattung beider Einrichtungen erheblich verbessern wird. Also muss wirklich alles auf den Prüfstand – inklusive dem Modell der Massenhochschulen, das auf lange Sicht Gefahr läuft, finanziell „aufgefressen“ zu werden.

E-Mail: redaktion-koblenz@rhein-zeitung.net

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