Plus
Koblenz

Wann kommt der Wolf? Betreiber des Wildgeheges am Remstecken rüstet sich für den Ernstfall

Von Katrin Steinert
Werner Dötsch schaut im Wildpark am Remstecken nach dem Rechten. Einige Sikahirsche schmusen gern mit ihm. Foto: Katrin Steinert
Werner Dötsch schaut im Wildpark am Remstecken nach dem Rechten. Einige Sikahirsche schmusen gern mit ihm. Foto: Katrin Steinert

Der Wolf rückt näher, davon ist Werner Dötsch überzeugt. Der Landwirt aus Güls-Bisholder bewirtschaftet den Wildpark am Remstecken und meint, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis der Wolf eines seiner Tiere reißt. Vor allem Rehe, Schwarz- und Rotwild sind bei Wölfen beliebt.

Lesezeit: 3 Minuten
Davor will der 58-Jährige sein Vieh schützen. „Das kostet aber nicht nur Geld, sondern ist viel Arbeit“, betont Werner Dötsch. Er muss mehr als drei Kilometer Zaun nachrüsten. Dötsch hofft, dass die Stadt Koblenz ihm jemanden zur Seite stellen kann, der mit anpackt. Überschüssiges Geld, um Hilfskräfte einzustellen, werfe der ...
Möchten Sie diesen Artikel lesen?
Wählen Sie hier Ihren Zugang
  • 4 Wochen für nur 99 Cent testen
  • ab dem zweiten Monat 9,99 €
  • Zugriff auf alle Artikel
  • Newsletter, Podcasts und Videos
  • keine Mindestlaufzeit
  • monatlich kündbar
E-Paper und
  • 4 Wochen gratis testen
  • ab dem zweiten Monat 37,- €
  • Zugriff auf das E-Paper
  • Zugriff auf tausende Artikel
  • Newsletter, Podcasts und Videos
  • keine Mindestlaufzeit
  • monatlich kündbar
Bereits Abonnent?

Fragen? Wir helfen gerne weiter:
Telefonisch unter 0261/9836-2000 oder per E-Mail an: aboservice@rhein-zeitung.net

Oder finden Sie hier das passende Abo.

Anzeige

Die Wildgehege am Remstecken sind sein Revier: Werner Dötsch im Porträt

Der Remstecken ist ein beliebtes Ausflugsziel, nicht nur für Koblenzer. Vor allem Familien besuchen gern die Wildgehege. Doch kaum einer weiß, was hinter den Kulissen passiert, damit der Park funktioniert.

Werner Dötsch schaut im Wildpark am Remstecken nach dem Rechten. Einige Sikahirsche schmusen gern mit ihm. Foto: Katrin Steinert
Werner Dötsch schaut im Wildpark am Remstecken nach dem Rechten. Einige Sikahirsche schmusen gern mit ihm.
Foto: Katrin Steinert

Werner Dötsch ist ein zupackender Mann. Das muss der 58-Jährige aus Güls-Bisholder auch sein. Der Landwirt bewirtschaftet den Wildpark am Remstecken und schaut hier 365 Tage im Jahr nach dem Rechten. Dabei weiß er nie, was ihn bei der Runde durchs Revier erwartet: Ein stark verletztes Alttier, das er erlösen muss. Es liegt stark blutend am Boden, weil ein Hirsch mit dem Geweih permanent dagegenstößt. Oder Dötsch muss Zäune reparieren, weil sie nachts von einer freilaufenden Wildschweinrotte zerstört wurden. Wenn der 58-Jährige gesund bleibt, möchte er den Park noch neun weitere Jahre bewirtschaften. Doch die Arbeit wird mehr, und der Gewinn weniger, sagt er.

Werner Dötsch ist nicht nur gelernter Stahlbauer und Landwirt, sondern ein Alleskönner. Als Chef der Gehege muss er zugleich Handwerker, Waldarbeiter, Jäger, Müllmann und Detektiv sein. Bei allem, was Dötsch an diesem Tag tut, wirkt er routiniert. Nur als er mit einem alten Sikahirsch schmust und diesen krault, scheint er kurz die Zeit zu vergessen. „Mit Menschen kann ich das Schmusen nicht so gut“, sagt Dötsch, und es klingt fast entschuldigend. Dötsch ist verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder und Enkelkinder. „Meine Kinder hatten nie viel von mir“, sagt er. Als Stahlbauer und Landwirt im Nebenerwerb war er immer beschäftigt.

Insgesamt hatte Dötsch in seinem Leben erst 50 Tage Urlaub – elf davon lag er im Krankenhaus, seine Wirbelsäule war viermal gebrochen, 15 Knochen insgesamt. „Ein Motorradunfall auf dem Nürburgring“, sagt Dötsch verschmitzt. Er fahre gerne schnell. Wenige Wochen später saß er wieder auf dem Mähdrescher – im Stahlkorsett.

Januar: So ruhig ist es auf dem Waldspielplatz am Remstecken eher selten. Ende Januar schneit es, und eine Puderzuckerschicht bedeckt die Geräte. Die Schaukeln und die Ritterburg, die sonst rege genutzt werden, sehen unter den Schneehauben wie verwunschen aus.

Sascha Ditscher

Februar: Leise rieselt der Schnee – und der Remstecken bietet sich für eine Schlittenfahrt an. Nicht nur zwischen den Gehegen lässt es sich gut rutschen. Auch auf dem Hang hinter dem Waldspielplatz ist bei Schnee immer etwas los.

Sascha Ditscher

März: Im März gibt es Wildschweinnachwuchs am Remstecken. Die gestreiften Frischlinge erfreuen Kinder und Erwachsene gleichermaßen. Wenn Besucher Futter durch den Zaun werfen, hat es der tierische Nachwuchs schwer. Er wird gern mal von stärkeren Artgenossen beiseite geschubst.

Sascha Ditscher

April: Ob Mensch oder Tier – das Bilderbuchwetter am Osterwochenende genießen alle in vollen Zügen. Etliche Ausflügler zieht es bei den sommerlichen Temperaturen um die 21 Grad an den Remstecken. Das Wild erholt sich im Schatten von der Sonne.

Reinhard Kallenbach

Mai: Das Waldhotel Forsthaus Remstecken soll erweitert werden. Dazu wird das alte Stallgebäude rechts neben dem Haupthaus (nicht im Bild) abgerissen und ein Neubau errichtet. Der Abriss ist für 2020 geplant.

Reinhard Kallenbach

Juni: Es ist heiß, und dieser Nandu scheint es zu mögen, im Rampenlicht zu stehen. Er trägt zwar kein Sommerkleid, hat aber immerhin ein ansehnliches Federkleid zu präsentieren. Doch aufgepasst, Nandus können schnappen.

Thilo Hagen

Juli: Am Remstecken kann man wunderbar spazieren gehen. Dabei lauern auch Gefahren, wie dieser Hinweis im Sommer zeigt. Der Eichenprozessionsspinner ist hier unterwegs. Die Raupen des Falters haben bis zu 60.000 giftige Brennhaare, die Nesselgift enthalten. Bei der Berührung der Haut kommt es zu Hautausschlägen, die stark jucken.

Sascha Ditscher

August: Einer der drei Pfauenhähne schlägt ein Rad – damit imponieren die Vögel nicht nur den Artgenossinnen, sondern auch den Besuchern der Volieren. Ihrem Halter Werner Dötsch allerdings bereiten die Hähne Sorgen. Einer von ihnen isst die Eier auf, die für Nachwuchs sorgen sollen.

Magdalena Volk

September: Das Füttern des Wilds macht vor allem Kindern Spaß. Die Futtertüten können in Automaten gegen Geld gezogen werden. Der Erlös gehört zu den Einnahmen des Betreibers ebenso wie der Erlös aus dem Verkauf des Wildfleisches. Ausgaben hat er für die Produktion der Tonnen an Futter, die die Tiere fressen, für Reparaturen und die Busunterhaltung, für die Müllentsorgung und einiges mehr.

Katrin Steinert

Oktober: Das Wüten von freilaufenden Wildschweinrotten macht dem Betreiber des Wildparks zu schaffen. Er muss Zäune reparieren und sorgt sich um seinen Bestand. „Die Afrikanische Schweinepest steht vor der Tür“, meint Werner Dötsch. Im Oktober findet eine Treibjagd statt.

Katrin Steinert

November: Dieser Hirsch hat seine Arbeit getan. Er hat in der Brunft, die im September und Oktober stattfindet, für trächtige Hirschkühe gesorgt. Sein Geweih ist imposant. Je älter ein männliches Rotwild wird, desto mehr Verzweigungen bildet das Geweih aus. Die Hirsche werfen jedes Jahr im Frühjahr zwischen Februar und April ihr Geweih ab. Innerhalb von etwa vier Monaten wächst ihnen ein neues. Der erste Kopfschmuck eines Hirschkalbes besteht aus zwei Spitzen, die sich Spieße nennen.

Sascha Ditscher

Dezember: Wer am Remstecken im Stadtwald unterwegs ist, stößt auch auf Geschichtliches. Von Laub bedeckt liegen hier im Boden teilrekonstruierte Grundmauern der Villa Rustica, ein römischer Gutshof. Die Grundmauern datieren Archäologen in das erste Jahrhundert nach Christus, weitere Anbauten ins dritte Jahrhundert.

Sascha Ditscher

An diesem Morgen sitzt Werner Dötsch in seinem weißen „Bussjen“, im Radio dudelt deutsche Musik, im Fond des Busses transportiert Dötsch sechs Eimer getrocknete Erbsen und Getreideschrot sowie Trinkwasserkanister. Er stoppt bei den Volieren. Die Pfauen reagieren mit Rufen. Das wird an allen Stationen so sein: Das Rotwild ruft und läuft herbei, die Wildschweine kommen grunzend an, und auch die Enten schwimmen näher heran. „Nur das Damwild kommt nicht, wenn es mich hört“, sagt der 58-Jährige achselzuckend und steigt aus.

Die Pfauen geben ihm seit Längerem ein Rätsel auf, und Werner Dötsch spielt Detektiv. „Einer der drei Hähne ist ein Eierfresser!“, vermutet er. Deshalb gab es im letzten Jahr keinen Nachwuchs. „Ich lege da jetzt Hühnereier rein und warte ab.“ Er hat zwei der drei Genossen im Verdacht. Der dritte sei nicht der Typ dafür.

Als Werner Dötsch wenig später am Gehege mit dem Sikawild hält, schnappt er sich einen Futtereimer und geht ins Gehege. Zwei Spaziergänger aus Langscheid bei Oberwesel schauen zu. Sie waren noch nie hier und finden die Anlage toll. Dötsch erzählt, dass er die ersten Sikahirsche 1993 von Hans Riegel aus Bonn bekam. Der Haribochef ist 2013 gestorben. Mittlerweile züchtet Dötsch die Hirsche selbst, tauscht auch immer mal Tiere aus, die er in seinem drei Hektar großen Gehege zu Hause hält. Wenn Dötsch erzählt, wie weh es ihm tut, junge Sikakälber aus wenigen Metern Entfernung zu erlegen, während sie fressen, dann glaubt man ihm, dass ihm manchmal die Tränen kommen. „Man baut ja eine Beziehung zu dem Vieh auf“, sagt er. Aber das gehört zur Gehegepflege und dem Job dazu; genauso wie das Müll aufsammeln, Mülleimer leeren, wie das Zersägen umgefallener Bäume nach Stürmen, wie das Füttern – und ja, auch wie das Genießen. „Wenn nichts Besonderes passiert, dann ist das hier auch für mich Erholung“, sagt Dötsch – und grinst.

Meistgelesene Artikel