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Koblenz

Gerd Michael Straten ist nicht vergessen: Koblenz ein Jahr nachder schrecklichen Tat – auf Spurensuche

Warum musste Gerd Michael Straten sterben?
Warum musste Gerd Michael Straten sterben? Foto: Sascha Ditscher

Der Lärm der Stadt schallt hoch, doch hier oben ist es ganz ruhig. Leichter Wind lässt die ersten grünen Blätter an den Bäumen schwingen. Das Gewölbe des Pulverturms liegt im Schatten. Hier hat Michael Straten jahrelang geschlafen. Und hier ist er gestorben. Ermordet, enthauptet, heute vor einem Jahr. Ein paar Kerzen stehen am Rand des Pulverturms. Die schreckliche Tat ist nicht vergessen.

Lesezeit: 3 Minuten
Oben am Hüberlingsweg wartet ein älterer Mann auf den Bus. „Am Anfang hatten viele Leute Angst, auf den Friedhof zu gehen“, sagt er. Er nicht: „Das hatte ja nichts mit dem Friedhof zu tun“, ist er sicher. „Das muss doch was Persönliches gewesen sein. Bestimmt ein Streit oder so. Sonst ...
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Das ist bisher geschehen

2018

22. März: Gegen 18.30 Uhr verlässt Gerd Michael Straten das Café Baristaz am Hauptbahnhof mit einem Bekannten. Ob er direkt zu seinem Schlafplatz geht, ist ungeklärt.

23. März: Gegen 14.30 Uhr findet ein Bekannter, mit dem Straten an dem Morgen für einen Job verabredet war, die Leiche am Schlafplatz am sogenannten Pulverturm auf dem Friedhof.

26. März: Die Polizei informiert in einer Pressemitteilung am Nachmittag die Öffentlichkeit: „Am 23.03. wurde der 59-jährige obdachlose Gerd Michael Straten im Bereich des ,Pulverturms' auf dem Koblenzer Hauptfriedhof tot aufgefunden. Er wurde Opfer eines Gewaltverbrechens“, heißt es in der Meldung. Bekannte von Straten sollen sich melden.

28. März: Aus ersten Gerüchten wird grausame Erkenntnis: Die Polizei bestätigt gegenüber unserer Zeitung, dass der Getötete enthauptet wurde. Erst einige Zeit später teilt die Staatsanwaltschaft auch mit, dass der Fundort der Tatort ist und der abgetrennte Kopf – entgegen anderslautender Gerüchte – in der Nähe des Körpers lag.

29. März: In einer Pressekonferenz nennt Oberstaatsanwalt Rolf Wissen den Mordfall „außergewöhnlich brutal und menschenverachtend“. Über den Menschen Michael Straten weiß man nun ein bisschen mehr: Er stammte aus Köln, kam 1979 nach Koblenz und führte in der Altstadt von 1986 bis 1997 ein Geschäft mit Bilderrahmen. Später kampierte er an dem Ort auf dem Friedhof, an dem er tot gefunden wurde. Straten war kein typischer Wohnungsloser, trank keinen Alkohol, nahm keine Drogen, wirkte sehr gepflegt.

31. März: Mit Flugblättern gehen Beamte der Polizei in Friedhofsnähe von Haus zu Haus und suchen mögliche Zeugen, die mehr über den sehr zurückgezogen lebenden 59-Jährigen sagen können.

4. Mai: Die Koblenzer können Abschied nehmen von dem Toten: Am Lützeler Friedhof wird der Sarg aufgebahrt, ein Kondolenzbuch ausgelegt.

8. Mai: Die Beerdigung findet im engsten Familienkreis statt. Am Metternicher Bezirksfriedhof ist nun eine Erinnerungsstätte für den Toten eingerichtet, hier stehen Kerzen, Blumen sind abgelegt.

8. Juni: Die Soko wendet sich mit neuen Fragen an die Öffentlichkeit. So geht es unter anderem um einen möglichen Streit Stratens mit einem dunkelhäutigen Mann mit Rastalocken und roten Schuhen im August 2017 am Bahnhof und um zwei Männer, die in den Tagen rund um den Mord in der Nähe des Pulverturms waren.

2. Juli: Der Tatort wird mit Hochdruckreiniger und Spezialmitteln gesäubert. Bisher sind bei der Soko etwa 1000 Hinweise eingegangen, eine heiße Spur fehlt noch.

6. September: Der Stadtrat debattiert über einen Antrag der AfD, der auf den Vorstoß eines Privatmannes zurückgeht. Die Fraktion will, dass eine Gedenktafel für Straten aufgestellt wird. Der Rat lehnt dies mit großer Mehrheit ab.

2019

6. März: Die Suche nach dem Mörder wird ausgeweitet: In der Fernsehsendung „Aktenzeichen XY ungelöst“ ist die Enthauptung Thema. Im Film wird beschrieben, wie ein Bekannter Michael Straten an dessen Schlafplatz aufsucht, weil er sich Sorgen macht: Straten, mit dem er gelegentlich kleine Jobs als Dekorateur in Fielmann-Filialen in Rheinland-Pfalz, Hessen und Nordrhein-Westfalen hatte, war nicht zum vereinbarten morgendlichen Treffen an einer Tankstelle an der B 9 gekommen. Der Bekannte findet am Nachmittag die Leiche.

7. März: Bereits unmittelbar nach der Sendung gehen 60 neue Hinweise ein, einige davon scheinen vielversprechend zu sein. Die Soko, die von anfangs rund 35 auf nun 12 Leute geschrumpft ist, wertet die Hinweise noch aus. Ein ganz konkreter Hinweis auf den Täter scheint aber nicht darunter zu sein. Die Belohnung ist mittlerweile von der Polizei auf 25.000 Euro erhöht worden.

20. März: Die Gedenkstelle am Metternicher Friedhof, die die Angehörigen aufgestellt haben, wird abgebaut, weil die Friedhofssatzung hier keine Kreuze oder Steine vorsieht. Stratens Name steht nun neben vielen anderen auf einer Tafel an einem Baum. Am Tatort am Pulverturm ist seit Mittwoch die Tafel mit seinem Bild aufgestellt.

Der Mordfall Gerd Michael Straten
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