Koblenz

Aus dem Hörsaal auf die Olivenplantage: Warum Studenten aus Koblenz jetzt griechische Bioprodukte vertreiben

Philia-Gründer Timo Stosius und Eduard Rempel mit ihrer ersten Palette Olivenöl, die sich nach Deutschland gebracht hatten. Foto: Philia/Stosius
Philia-Gründer Timo Stosius und Eduard Rempel mit ihrer ersten Palette Olivenöl, die sich nach Deutschland gebracht hatten. Foto: Philia/Stosius

Die selbst hergestellten Produkte der Kleinbauern in Thessaloniki waren es, die Eduard Rempel in seinem Auslandssemester in Griechenland besonders gefallen haben. Und zwar so gut, dass der Koblenzer Marketingstudent eine Firma gegründet hat. Sie soll den Bauern dabei helfen, ihr Olivenöl in alle Welt zu verkaufen.

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Ein Auslandssemester ist vorgeschriebener Bestandteil des Bachelorstudiengangs „Marketing und International Business“ im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Hochschule Koblenz. Dass der damalige Student Eduard Rempel dafür im Herbst 2019 seine komplette Familie – seine Frau Christina und ihre gerade geborenen Zwillinge Luca und Jona – nach Griechenland übersiedelte, ist an sich schon bemerkenswert.

Dort in Thessaloniki lernte er dann Kleinbauern kennen, denen er seitdem mit seinen Kenntnissen im internationalen Marketing bei der Vermarktung ihres wertvollen Olivenöls hilft – Grundstein seines wachsenden Unternehmens, das er mittlerweile zusammen mit seinem Freund Timo Stosius in Deutschland führt und mit dem er zudem soziale Projekte in Griechenland unterstützt.

Firma unter Freunden

„Philia“ – im Griechischen die Bezeichnung für eine intensive Freundschaft – ist der Name des Unternehmens und verweist auf die besondere Verbindung zwischen den beiden Gründern Eduard Rempel und Timo Stosius, die sich als Mitarbeiter der ersten Stunde beim Softwareentwickler Sdui im Technologiezentrum Koblenz kennengelernt hatten.

Durch Freundschaft kam Rempel auch erst dazu, „Phillia“ zu gründen: Während seines Studiums in Griechenland unterstützte er ehrenamtlich die christliche Diakonie von Thessaloniki, wo er die Bekanntschaft von Timotheos und schließlich von dessen Freund Nikos machte. Nikos leitet ein Netzwerk mehrerer kleiner Familienbetriebe aus ganz Griechenland, die gemeinsam anstreben, ihr hochwertiges Olivenöl und weitere Lebensmittel in Bioqualität zu produzieren und zu verkaufen, teilt die Hochschule Koblenz mit.

Mildes Olivenöl kommt an

Bauer Haris gehört zu den Kleinbauern, die auf traditionelle Weise die Oliven für das Philia-Ölivenöl ernten.
Bauer Haris gehört zu den Kleinbauern, die auf traditionelle Weise die Oliven für das Philia-Ölivenöl ernten.
Foto: Philia/Bozanis
„Diese traditionellen Familienbetriebe haben wenig Möglichkeiten, ihre Produkte über die Landesgrenzen hinaus zu vertreiben“, weiß Eduard Rempel, der ihnen seine Hilfe beim Aufbau einer eigenen Marke anbot und dafür seinen Freund Timo Stosius in Deutschland nachts aus dem Bett klingelte: „Ich habe ihm gesagt, dass ich das nicht ohne ihn machen kann.“ Eine Blindverkostung des schmackhaften Olivenöls überzeugte die beiden jungen Männer vollends, ihre Zeit und Energie in dieses Projekt zu stecken.

Sie brachten eine erste Palette mit 1000 Flaschen – deren Etiketten sie zunächst noch von Hand aufklebten – nach Deutschland. Dort verkauften sie das Olivenöl zunächst nur im Familien- und Bekanntenkreis, bei anderen Studierenden sowie in kleinem Rahmen auf Märkten. Dann konnten sie ein paar regionale Geschäfte, Restaurants und Hotels dafür gewinnen, das Produkt zu verkaufen. „Der milde Geschmack des Ölivenöls kam überall so gut an, dass wir bald einen Webshop aufbauen mussten, um der Nachfrage gerecht zu werden“, so Stosius. In der Anfangszeit lagerten sie die Flaschen im Technologiezentrum Koblenz, wo sie abends neben ihrer regulären Arbeit die Päckchen für den Versand vorbereiteten.

Der milde Geschmack des Ölivenöls kam überall so gut an, dass wir bald einen Webshop aufbauen mussten, um der Nachfrage gerecht zu werden.

Timo Stosius, Mitgründer von „Philia“

„Durch mein Studium Marketing und International Business hatte ich schon alle Kenntnisse, die ich brauchte, um die Kleinbauern bei der Vermarktung und dem Export ihres Olivenöls zu unterstützen“, stellt Rempel in der Nachbetrachtung fest, „ich musste mein Wissen nur noch in der Praxis anwenden, was sehr gut funktionierte.“

Zudem konnte er bei der Gründung seines Unternehmens auf die Tipps seines Professors Dr. Andreas Hesse zurückgreifen. Bei ihm verfasste er auch seine Bachelorthesis mit dem Titel „Erfolgsfaktoren des Social Purpose Marketing“, in der er sich mit dem sozialen Aspekt seiner Unternehmung befasst. „Wir haben von Anfang an einen Teil des Umsatzes an soziale Projekte in Griechenland gespendet und unterstützen damit unter anderem geflüchtete Menschen“, so Rempel.

Gründer ernten mit

Neben der hohen Qualität des Olivenöls und ihrem sozialen Engagement liegt den beiden Gründern auch der Tierschutz am Herzen. „Es gibt Berichte in Wissenschaftsmagazinen, dass einige Bauern ihre Oliven nachts ernten, weil durch die kühleren Temperaturen das Aroma besser sein soll. Bei der maschinellen Ernte fahren sie dann mit riesigen Erntemaschinen über die Bäume und töten auch Vögel“, berichtet Stosius, der regelmäßig in Griechenland an der Ernte teilnimmt, „unsere Oliven werden konventionell von Hand eingesammelt, dafür muss kein Tier sterben.“

Mittlerweile bieten die beiden Gründer in ihrem Webshop www.philia-nature.de auch andere Produkte an, die die griechischen Kleinbauern produzieren. Dazu gehören Bergtee, Brot, Olivenpaste sowie eingelegte Oliven und Tomaten. „Wir arbeiten gerade mit unseren Partnern daran, unser Angebot um zusätzliche Produkte zu erweitern“, berichtet Eduard Rempel, der drei Jahre nach der Gründung seines Unternehmens dankbar auf sein Studium zurückblickt: „Ohne die Hochschule Koblenz und mein Auslandssemester wäre es nicht dazu gekommen.“