Andernach

Große Schäden durch das Nette-Hochwasser: Das Gut Nettehammer in Andernach-Miesenheim benötigt Hilfe

Von Martina Koch
Das Hochwasser der Nette flutete den kompletten unteren Bereich des Guts Nettehammer.
Das Hochwasser der Nette flutete den kompletten unteren Bereich des Guts Nettehammer. Foto: privat

Im Gegensatz zu den immensen Zerstörungen, die die Fluten im Ahrtal anrichteten, verlief das Nette-Hochwasser vergangene Woche glücklicherweise recht glimpflich: Menschen kamen trotz des Rekordpegelstands nicht zu Schaden, in die betroffenen Gebiete kehrte nach den Aufräumaktionen vom Wochenende wieder der Alltag ein. Auch auf Gut Nettehammer in Miesenheim, das vor einer Woche von den Wassermassen überschwemmt wurde, packten zahlreiche freiwillige Helfer mit an, um das von der Flut angerichtete Chaos zu beseitigen. Doch damit wird es auf dem Gutshof, der sich seit 1846 in Familienbesitz befindet, leider nicht getan sein.

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Das Hochwasser hat einige der historischen Gebäude, das Außengelände und die Brücke über die Nette so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass aufwendige und kostspielige Reparaturarbeiten notwendig sind.

Die Eigentümer bitten jetzt die Öffentlichkeit um Hilfe bei der Bewältigung der Flutfolgen. Laura von Minckwitz koordiniert die Aktion aus der Ferne: Da das Haus, dass sie mit Mann und vier Kindern bewohnt, schwer beschädigt wurde, zog sie vorübergehend mit den Kindern zu Verwandten. „Das Erdgeschoss stand komplett unter Wasser, der Holzfußboden ist aufgeweicht und muss rausgerissen werden, die Heizung ist hinüber“, beschreibt von Minckwitz.

Viel Zeit, um sich Gedanken um den Zustand der eigenen Wohnräume zu machen, blieb seit den dramatischen Stunden des frühen Donnerstagmorgens allerdings nicht: Die Flut stieg innerhalb kürzester Zeit so hoch, dass es gerade noch gelang, die Pferde aus den Ställen des kürzlich aufwendig sanierten Reiterhofs zu retten. „Wir sind wahnsinnig dankbar, dass kein Mensch und kein Tier zu Schaden kam“, betont Laura von Minckwitz.

Das Hochwasser machte allerdings die Arbeit vieler Wochen und Monate zunichte: Die Trassmühle, die bis unters Dach mit Heu- und Strohballen gefüllt war, wurde geflutet, wodurch ein Schaden im fünfstelligen Bereich entstand. Die Außenanlagen des Reiterhofs mit ihren Elektrozäunen und dem speziellen Bodenaufbau, die man kürzlich erst für gut 60.000 Euro fertigstellte, wurden weggeschwemmt, ebenso die neuen Wasserpumpen, die die Wasserversorgung des Hofs gewährleisten.

Die historischen Gebäude und das Außengelände wurden durch das Hochwasser erheblich beschädigt.
Die historischen Gebäude und das Außengelände wurden durch das Hochwasser erheblich beschädigt.
Foto: privat

Die im unteren Bereich des Gutshofs gelegenen Wohngebäude wurden in Mitleidenschaft gezogen, die Strom- und Trinkwasserversorgung brach zunächst zusammen. Dazu kommen weitere Schäden an Wegen und Flächen. Im Park stürzten fünf Bäume um, die den Halt in dem nassen Untergrund verloren hatten.

Besondere Sorgen bereitet den Eigentümern indes der Zustand der Brücke, die den Gutshof an die öffentlichen Verkehrswege anbindet: Laura von Minckwitz und die vier Kinder hatten sich am frühen Donnerstagmorgen über die Brücke in Sicherheit gebracht, als die Fluten ihr Wohnhaus von beiden Seiten umschlossen. Familienvater Friedrich Luithlen fuhr mit dem VW-Bus, der erst aus dem Schlamm gezogen werden musste, hinterher – ohne zu wissen, dass die Fluten zwischenzeitlich einen der beiden Brückenauflieger unterspült und weggerissen hatten. Die Brücke gab unter dem Gewicht des Fahrzeugs nach, Luithlen konnte sich mit einem Tritt aufs Gaspedal auf die andere Seite retten.

Die Brücke, die die Familie vor wenigen Jahren erst sanieren ließ, darf seitdem weder befahren noch zu Fuß überquert werden. Damit fällt für die 16 Bewohner des Gutshofs die einzige offizielle Verbindung nach Andernach weg. Der Gutshof ist seitdem nur noch über schwer befahrbare Feldwege ansteuerbar. Auch Andernacher, die Zeit auf dem Reiterhof verbringe wollen, erreichen diesen nicht mehr auf direktem Wege.

„Die Brücke ist wirklich im Eimer“, beschreibt Luithlen die Schäden. Das Bauwerk muss zunächst gegen weiteres Absacken gesichert werden, bevor die Tragkonstruktion komplett neu gebaut werden kann. Dafür fallen nach vorsichtiger Schätzung Kosten in Höhe von rund 300.000 Euro an.

Am Wochenende packten zahlreiche Freiwillige bei den Aufräumarbeiten mit an.
Am Wochenende packten zahlreiche Freiwillige bei den Aufräumarbeiten mit an.
Foto: privat

Dank des unermüdlichen Einsatzes der Feuerwehrkräfte, Nachbarn, Freunde aber auch Unbekannter gelang es immerhin, das Gelände des Gutshofs notdürftig instand zu setzen. Die Feuerwehr war bis Freitagabend ununterbrochen im Einsatz, um Wasser aus den Kellern zu pumpen und nach Kräften zu helfen, beschreibt Luithlen. Am Wochenende packten dann 40 Helfer aus dem persönlichen Umfeld der Familie mit an, führt der Gutsbesitzer aus: „Deren Freundschaft und Hilfsbereitschaft haben uns gerettet. Wir haben in sechs Tagen harter Arbeit Keller geräumt, Zaunpfähle entfernt, Ausschwemmungen verfüllt, Ställe und das Gelände gesäubert, Bäume zersägt, gepflastert, geputzt und gerettet, was zu retten war.“ Ein Ochtendunger Betrieb für Bau- und Landmaschinen stellte sogar einen Teleskoplader zur Verfügung, um Heu und Stroh aus der gefluteten Trassmühle zu holen.

Ohne diesen Einsatz hätten die Ballen sich vermutlich selbst entzündet: Durch biologische Prozesse erwärmt sich feuchtes Heu so stark, dass es zu brennen beginnt und das darüber gelagerte trockene Heu mit anzünden kann. „Das Heu wurde sehr heiß und begann schon zu dampfen“, beschreibt Luithlen. Mit vereinten Kräften gelang es, die Scheune rechtzeitig zu räumen.

Die Helfer schafften es sogar, die Schäden auf dem Gutshof so weit zu beseitigen, dass eine dort im Kürze geplante Hochzeitsfeier stattfinden kann. „Für die große Hilfsbereitschaft sind wir wahnsinnig dankbar“, sagt Laura von Minckwitz. Doch die elementaren Schäden an den Gebäuden und Außenanlagen lassen sich auf die Schnelle nicht beheben.

Den Erhalt von Gut Nettehammer habe man stets aus eigenen finanziellen Mitteln gestemmt, betont Laura von Minckwitz. Mit der finanziellen Bewältigung der Flutschäden sei man jetzt aber überfordert, zumal der Betrieb, der sich nicht zuletzt durch die Vermietung von Räumlichkeiten für Hochzeiten und andere Feierlichkeiten finanziert, seit dem vergangenen Jahr bereits große Einbußen im Zuge der Corona-Krise verzeichnen musste.

Die Eigentümerfamilie hat deswegen einen Aufruf gestartet, in dem sie um Unterstützung bittet. „Ob Ihr ein Herz für Tiere habt und den Pferden zurück in ihr Zuhause verhelfen wollt, ob Ihr alte Gebäude liebt und zu deren Erhalt beitragen möchtet, ob Ihr wieder über die Brücke durch das Gut spazieren oder einfach nur helfen möchtet – wir brauchen Euch“, heißt es darin.

Weitere Informationen zu der Spendenaktion gibt es im Internet unter www.nettehammer.de

Von unserer Redakteurin

Martina Koch