Pellenz/Andernach

Die Nette flutet Miesenheim und Plaidt: 26 Senioren aus Altenheim gerettet

Von Martina Koch
In Plaidt verwandelte sich die Nette in einen reißenden Strom.
In Plaidt verwandelte sich die Nette in einen reißenden Strom. Foto: Martina Koch

Das Hochwasser der Nette, das bereits Mittwochabend die Mayener Innenstadt überschwemmt hatte, bereitete auch vielen Anwohnern in Plaidt und Miesenheim sowie den Einsatzkräften eine höchst unruhige Nacht. Der Pegel Nettegut bei Miesenheim, der normalerweise bei etwa 0,50 Metern liegt, stieg am frühen Donnerstagmorgen innerhalb weniger Stunden dramatisch auf den höchsten jemals gemessenen Stand von 3,53 Metern an. Dutzende Einheiten der Freiwilligen Feuerwehren der Region sowie des DRK waren ab 3 Uhr morgens im Dauereinsatz.

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1 Plaidt: In Plaidt hatte man in Erwartung der Flutwelle bereits am Mittwochabend damit begonnen, Sandsäcke zu füllen und zu verteilen. Wie schnell der Nettepegel dann ab den frühen Morgenstunden stieg, überraschte dann selbst erfahrene Wehrleute: „Gegen 2.40 Uhr ist es eskaliert“, beschrieb der stellvertretende Wehrleiter der Freiwilligen Feuerwehr Pellenz, Jörn Busenkell, der die Einsatzleitung am Vormittag von seinem Kollegen Martin Schleich übernommen hatte.

Der Pegelstand erhöhte sich stündlich um 40 Zentimeter und machte eine schnelle Evakuierung der Bewohner des unmittelbar an der Nette gelegenen Altenheims Haus Schnuch erforderlich. 26 Bewohner mussten von der Feuerwehr gerettet und zunächst in die Hummerichhalle gebracht werden, wo sich die Schnelleinsatzgruppe des DRK-Kreisverbands um sie kümmerte. Am Nachmittag konnten 23 der geretteten Senioren in der ATV-Seniorenbetreuung in Kruft untergebracht werden, drei weitere wurden liegend ins Krankenhaus gebracht.

Wege, Keller und bebaute Grundstücke mehrerer Straßenzüge wurden in Plaidt von der Nette überflutet.
Wege, Keller und bebaute Grundstücke mehrerer Straßenzüge wurden in Plaidt von der Nette überflutet.
Foto: Martina Koch

Im Plaidter Gottschalksmühlenweg, der Burgstraße, der Pellenzstraße und der Ochtendunger Straße flutete die Nette zahlreiche Grundstücke, Keller, Garagen und ebenerdige Räume.

Rund 100 Einsatzkräfte kämpften in Plaidt gegen die Fluten. Mit dem Auspumpen der Keller konnten die Wehrleute indes nicht sofort beginnen, da der Pegel bis 9 Uhr noch weiter stieg: „Was wir da rauspumpen, läuft gleich wieder rein“, erläuterte Einsatzleiter Jörn Busenkell. Auch das Pellenzbad wurde von dem Hochwasser überflutet und muss bis auf weiteres geschlossen bleiben.

2 Miesenheim: Auch in Miesenheim hatte man sich bereits am Mittwochabend auf ein Hochwasser gefasst gemacht. Was dann auf den Andernacher Stadtteil zurollte, hatte allerdings keiner erwartet: „So etwas habe ich noch nicht erlebt“, erklärt der Wehrleiter der Freiwilligen Feuerwehr Andernach, Markus Schenkel. Neuralgische Punkte habe man im Vorfeld mit Sandsäcken gesichert, allerdings überflutete die Nette ab den frühen Morgenstunden auch bebaute Grundstücke, die bisher stets vom Hochwasser verschont geblieben waren. So ergoss sich die Nette als reißender Strom durch das Gelände eines Gewerbebetriebs in der Nettestraße und kappte damit die Verbindung zum gegenüberliegenden Ufer.

Die Nette erreichte am Pegel Nettegut in Miesenheim ihren historischen Höchststand von 3,53 Metern. In Miesenheim wurden Gewerbe- und Wohngrundstücke überflutet.
Die Nette erreichte am Pegel Nettegut in Miesenheim ihren historischen Höchststand von 3,53 Metern. In Miesenheim wurden Gewerbe- und Wohngrundstücke überflutet.
Foto: Martina Koch

Dort befanden sich zum Zeitpunkt der Überschwemmung noch vier Ziegen auf einer Weide. Die Einsatzkräfte versuchten diese noch mit Booten zu retten, für die Tiere kam aber leider jede Hilfe zu spät.

Stark in Mitleidenschaft gezogen wurde auch das Gut Nettehammer in Miesenheim: Die erst vor zehn Jahren aufwendig restaurierte Brücke über die Nette knickte in der Mitte ein und musste gesperrt werden. Die Gebäude der beliebten Veranstaltungslocation standen unter Wasser.

Wie hoch die Schäden durch das Hochwasser in Miesenheim sind, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen, erklärte Wehrleiter Schenkel: „Die Nette steht immer noch ziemlich hoch, das wird sich erst zeigen, wenn das Wasser zurückgegangen ist.“

3 Andernach-Kernstadt: Während die Feuerwehren in der Pellenz und in Miesenheim mit dem Aufräumen nach der Flut beschäftigt sind, steht der Andernacher Kernstadt in Sachen Hochwasser das Schlimmste noch bevor: Am Donnerstagvormittag begannen Mitarbeiter des Bauhofs und Einsatzkräfte der Wehr damit, die Durchlässe in der Hochwasserschutzmauer entlang der Konrad-Adenauer-Allee zu verschließen. Gegen Mittag stand der Rheinpegel bei Andernach bei gut 6 Metern mit deutlich steigender Tendenz. Der Scheitelpunkt der Flut wird am Freitagvormittag bei voraussichtlich 7,75 Metern erreicht. „Wir hoffen, dass wir da mit einem blauen Auge davonkommen“, sagte Wehrleiter Markus Schenkel. Am Donnerstagmittag schwappte der Rhein auf die tiefer gelegenen Gehwege in den Konrad-Adenauer-Anlagen. Radfahrer, die hofften, im Biergarten in den Rheinanlagen eine kühle Erfrischung zu bekommen, mussten enttäuscht weiterziehen: Das Mobiliar des Biergarten war in Sicherheit gebracht, das Gebäude zum Schutz vor den Fluten auf Stelzen gehievt.

Von unserer Redakteurin

Martina Koch