Seit 2021 würde Ablenkung als Unfallursache erfasst, erklärt die Pressesprecherin der Polizeidirektion Montabaur auf Nachfrage unserer Zeitung. Ein Blick auf die Anzahl der Unfälle nach Handynutzung am Steuer zeigt hier einen absteigenden Trend: Waren es 2021 insgesamt 69 Unfälle wegen Ablenkung, die im Westerwald von der Polizei aufgenommen wurden, sank die Zahl 2022 auf 50. Zum Vergleich: 5932 Unfälle gab es 2021 im gesamten Westerwaldkreis, 6208 im Jahr 2022.
Tendenz im Westerwald besser als deutschlandweit
Zwischen Anfang Januar und Ende November 2023 habe es hier nur noch 33 Kollisionen mit abgelenkten Autofahrern gegeben, so die Sprecherin der Polizeidirektion in Montabaur. Eine Tendenz, die dem Ergebnis der bundesweiten, repräsentativen Ablenkungsstudie der Direktversicherung DA Direkt und des Marktforschungsinstituts Infas Quo entgegenläuft.
Junge Leute greifen beim Fahren besonders oft zum Smartphone
Deren jährliche Befragung habe ergeben, dass immerhin 28 Prozent der 18- bis 29-jährigen Autofahrer das Smartphone bei fast jeder Fahrt nutze, wird aus einer Pressemitteilung deutlich. Zuvor habe die Umfrage einen kontinuierlichen Rückgang von 37 Prozent im Jahr 2020 auf 24 Prozent im Jahr 2022 festgestellt. Fast die Hälfte der jungen Autofahrer schreibe gelegentlich Textnachrichten während der Fahrt. Ein Drittel telefoniere mit dem Smartphone in der Hand und 22 Prozent fotografierten und posteten sogar manchmal Bilder, heißt es weiter.
140 blind gefahrene Meter im Versuchsaufbau
Laut einer Studie der Allianz ist Ablenkung die am meisten unterschätzte Unfallursache in Deutschland. Wie groß die Auswirkungen tatsächlich sind, zeigt eine gemeinsame Erhebung des Allgemeinen Deutschen Automobil-Clubs (ADAC) und des österreichischen Automobilclubs (ÖAMTC) aus dem Jahr 2020, die auf den Internetseiten des ADAC und des ÖAMTC einzusehen ist. Darin hatten Autofahrer unter anderem auf Anweisung ihr Smartphone vom Beifahrersitz genommen, eine Whatsapp-Nachricht gelesen und beantwortet. Das Verhalten wurde mit einer Fahrt ohne Ablenkung verglichen. Im Durchschnitt sei der Blick 14-mal weg von der Straße aufs Handy gegangen, was sich zu 140 blind gefahrenen Metern summiert habe, vermeldet der ADAC als Ergebnis dieses Tests. Das Alter der Unfallverursacher bei Ablenkung werde nicht statistisch erfasst, so die Polizeidirektion Montabaur.
Das Tempo-, Blick- und Spurhalteverhalten war deutlich beeinträchtigt, die Pkw-Teststrecke wurde häufig und lange im ‚Blindflug‘ – auch im Gegenverkehrsbereich – absolviert.
So heißt es in der ADAC-Studie.
Egal, wie fit und leistungsbereit die einzelnen Teilnehmer zum Testzeitpunkt gewesen seien und wie scheinbar trivial die Nebenaufgaben – sie hätten zu großen Schwierigkeiten mit unkalkulierbaren Risiken geführt, macht der ADAC deutlich. „Das Tempo-, Blick- und Spurhalteverhalten war deutlich beeinträchtigt, die Pkw-Teststrecke wurde häufig und lange im ‚Blindflug‘ – auch im Gegenverkehrsbereich – absolviert“, heißt es in der Studie.
Nicht nur das Handy stört die Konzentration
Viele Teilnehmer wären mit hohem Tempo gegen ein Hindernis gefahren; sie hätten weder zeitgerecht noch kräftig genug die Bremsung eingeleitet, lautet das alarmierende Ergebnis. Doch nicht nur das Handy stört die Konzentration auf die Straße. Auch die Bordcomputer in modernen Fahrzeugen, die Navigation, Radio und Telefonnummern anzeigen, Laptops oder Tablets können den Blick des Autofahrers für eine gefährliche Weile festhalten.
Bei Ablenkung zahlt Versicherung eigene Schäden nicht
Dabei ist auch deren Bedienung laut Straßenverkehrsordnung in Deutschland verboten (siehe Kasten); wer erwischt wird, zahlt. Das Bußgeld für das Telefonieren am Steuer beträgt laut Kraftfahrtbundesamt 100 Euro. Dazu gibt es einen Punkt in Flensburg. Wer andere gefährdet, blecht 150 Euro und bekommt zwei Punkte sowie einen Monat Fahrverbot. Kommt es zu einem Unfall, sind es sogar 200 Euro. Den Schaden am eigenen Auto bezahlt die Teilhaftpflicht übrigens bei einer Kollision durch Ablenkung nicht.