Junge Fleischermeisterin Luisa Botte bringt neue Ideen in Familienmetzgerei in Hartenfels ein und will mit Vater Markus Probleme der Branche lösen
WW-Jahresrückblick: Junge Fleischermeisterin zwischen Facebook und Fachkräftemangel
Luisa und Markus Botte bei der Kontrolle ihrer Würstchen. Die Metzgerei in Hartenfels laufe trotz Corona und Energiekrise gut, doch auf die Probleme auf dem Arbeitsmarkt bereitet sich auch die Fleischerfamilie bereits vor.
Fabian Herbst

„Es hat sich einiges getan“, antwortet Luisa Botte auf die Frage, wie es ihr und der gleichnamigen Burgmetzgerei in Hartenfels seit dem letzten Besuch unserer Zeitung im Februar ergangen ist. Nach abgeschlossener Lehre und Ausbildung zur Fleischermeisterin war die 23-Jährige Anfang des Jahres als festes Mitglied in den Metzgereibetrieb ihrer Familie eingestiegen, womit sie einen Schritt in eine Männerdomäne wagte.

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Luisa und Markus Botte bei der Kontrolle ihrer Würstchen. Die Metzgerei in Hartenfels laufe trotz Corona und Energiekrise gut, doch auf die Probleme auf dem Arbeitsmarkt bereitet sich auch die Fleischerfamilie bereits vor.
Fabian Herbst

Bei unseren Lesern sorgte Bottes Geschichte für reichlich Aufmerksamkeit, die auch die junge Metzgerin zu spüren bekam. „Ich wurde von einigen Leuten darauf angesprochen. Sogar das Radio und das Fernsehen interessierten sich für meine Geschichte“, erzählt Botte.

Eine junge Frau in einem typischen Männerberuf, für Luisa Botte eigentlich nichts Besonderes, zumal sie mit ihren männlichen Kollegen locker mithalten kann. Als erste Innungssiegerin, erste Kammersiegerin, beste Landessiegerin und Jahrgangsbeste an der Bayerischen Fleischerschule Landshut gilt Botte bereits als großes Talent der Branche. Obendrein hat die Hartenfelserin nun auch ihren Betriebswirt in der Tasche. Seitdem gehört sie fest zum Team der Metzgerei und ist sich für keine Aufgabe zu schade. „Mal helfe ich in der Produktion mit, mal im Verkauf.“

Zwar gehört die 23-Jährige noch nicht zur Geschäftsführung, sie bringt aber bereits reichlich frischen Wind und, ganz wichtig, neue Ideen in den Familienbetrieb ein, mit dem Ziel, das Unternehmen weiterzuentwickeln und sattelfest für die Zukunft zu machen. Sehr zur Freude ihres Vaters und Firmenchefs Markus Botte.

Die sozialen Medien als wichtiges Standbein

Beispiel: soziale Medien. „Wir betrieben unsere Social-Media-Kanäle zwar schon, bevor Luisa ins Unternehmen einstieg, aber seit sie da ist, nutzen wir die Netzwerke viel intensiver“, erklärt Botte senior, zum Beispiel als Marketinginstrument oder für Öffentlichkeitsarbeit. Und all das geschieht neben der eigentlichen Arbeit. Wenn Luisa von 5 bis 18 Uhr Würstchen herstellt, kommissioniert, verkauft und Angebotszettel erstellt, setzt sie sich nach Feierabend noch einmal hin und bespielt Facebook und Instagram.

Doch für Chef Botte und seine potenzielle Nachfolgerin haben die sozialen Medien noch einen ganz anderen Nutzen, mit dem das Vater-Tochter-Duo ein altbekanntes Problem der Branche angehen möchte: den Fachkräftemangel. Ein Problem, das natürlich nicht nur das Fleischerhandwerk betrifft. Gastronomie, Erziehung, Pflege – all diese Berufsgruppen und noch mehr haben aktuell Probleme, gut ausgebildetes Personal zu finden. Vor allem die bevorstehenden Renteneintritte der sogenannten Babyboomer, also der geburtenstarken Jahrgänge nach dem Zweiten Weltkrieg, verschärfen die Situation auf dem Arbeitsmarkt zunehmend. Eine Herausforderung, denen sich beispielsweise Metzgereien wie die der Bottes stellen müssen. Aber wie?

Schlechtes Image und wenig Werbung für das Handwerk

Um diese Frage zu beantworten, muss zunächst Ursachenforschung betrieben werden, und da hat Markus Botte eine Theorie: „In der Schule wird für das Handwerk allgemein gar nicht mehr geworben“, ist sich der 51-jährige Ausbilder sicher. „Wenn Lehrer wegen eines Schülerpraktikanten vorbeikommen und fragen, ob er Bewerbungen dagelassen hat, ist es in der Regel nicht der Fall.“ Auf die Frage, woran das liege, antwortet Botte den Lehrern dann: „Weil die Schüler in der Schule auf ein Studium und nicht aufs Handwerk vorbereitet werden.“

Ein anderer Aspekt für mangelnden Nachwuchs sei das schlechte Image des Handwerks. „Viel buckeln, wenig verdienen. Das ist nach wie vor das Bild des Handwerks“, betont Botte. Dazu kommen Vorurteile wie „Wer einen handwerklichen Beruf hat, ist zu blöd zum Studieren“.

Eine ähnliche Erfahrung machte bereits Tochter Luisa. „Wenn Leute mich fragen, was ich arbeite, schauen sie erst einmal komisch.“ Nach dem Motto: „Du kannst als junge Frau alles werden, warum ausgerechnet Metzgerin?“ Die 23-Jährige erklärt weiter: „Selbst im Freundeskreis herrschte im ersten Moment etwas Verwunderung, obwohl er vom Familienbetrieb weiß.“ Mittlerweile ist ihr Beruf bei ihren Freundinnen aber kein Thema mehr. Im Gegenteil.

Vater und Tochter finden ihren Beruf jedenfalls sehr reizvoll. „Unser Handwerk ist eines der ältesten Berufszweige der Welt. Es ist sehr vielseitig, man macht jeden Tag etwas anderes. Noch dazu kann man kreativ sein und neue Rezepte oder Kreationen entwerfen. Und man hat mit Menschen zu tun“, erklären die beiden. „Bei uns geht es um Essen und Genuss. Das heißt, wir kümmern uns um etwas Schönes im Leben.“ Doch wie schaffen es die Bottes nun, mit Facebook und Co. dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken?

Mit Facebook gegen den Fachkräftemangel

„Wir versuchen, so viel wie möglich Eigenwerbung zu betreiben“, sagt der 51-Jährige. „Neben Aufklärungs- und Informationsveranstaltungen in Schulen und Besuchen von Messen bespielen wir eben auch die sozialen Medien.“ Familie Botte weiß, mit ihrer Idee das Rad nicht neu erfunden zu haben, doch es biete eine gute Möglichkeit, Einblicke in das Handwerk zu geben, Klischees zu widerlegen und den Menschen ihren Beruf im wahrsten Sinne des Wortes schmackhaft zu machen.

Luisa Botte ist seit Kurzem sogar Mitglied der Nationalmannschaft des Fleischerhandwerks. Neben der Teilnahme an internationalen Fleischerwettbewerben geht es Botte und dem Nationalteam vor allem um eines: „Wir wollen Aushängeschilder und Botschafter unseres Berufes sein“, sagt sie. Gerade bei jungen Menschen möchte die Nationalmannschaft mit ihrer Öffentlichkeitsarbeit Werbung für das Fleischerhandwerk betreiben.

Mit all der Werbung und den Aktivitäten auf Social Media erhofft sich die Metzgerfamilie, Lehrlinge oder Quereinsteiger ansprechen, einstellen und ausbilden zu können. Damit haben die Bottes bereits gute Erfahrung gemacht. Aktuell bildet die Metzgerei einen Azubi aus. „Und bei uns arbeitet eine ehemalige Friseurmeisterin, die einen hervorragenden Job leistet.“

Abseits der sozialen Medien komme es nicht nur darauf an, neues Personal zu finden, sondern bestehendes Personal zu binden. Wichtiger Aspekt dabei ist, laut Botte, flexible Arbeitszeiten anzubieten. Gerade im Hinblick auf Kinderbetreuung seien Job und Privates nicht immer ganz einfach miteinander zu vereinbaren. Auch vom Unternehmen gestützter Gesundheitssport, Weiterbildungsmaßnahmen oder kleine Aufmerksamkeiten zum Geburtstag würden zu einem glücklichen und loyalen Arbeitsverhältnis führen.

„Wenn man Personal sucht, wenn man es braucht, ist es schon zu spät.“

Markus und Luisa Botte über die vorzeitige Suche nach Fachkräften

Ein wichtiger Punkt zur Gewinnung von Fachkräften ist natürlich auch das Gehalt. Daher seien die Löhne in der Vergangenheit im gesamten Handwerk stark angehoben worden und stiegen weiter.

Falls doch mal personelle Engpässe drohen sollten, wäre notfalls über eine Anpassung der Öffnungszeiten nachzudenken. Botte kennt einige Kollegen, die darauf bereits zurückgreifen mussten. „Bei uns ist das aktuell aber kein Thema.“ Das A und O sei aber nach wie vor gute Arbeit zu leisten und den Kunden gute Qualität zu bieten, sagt Markus Botte. Denn das spreche sich rum, führe zu einem guten Ruf und letztlich auch zu weiteren Kunden und Personal.

Daten und Fakten zur Burgmetzgerei

Die Burgmetzgerei Botte blickt mittlerweile auf eine jahrzehntelange Tradition zurück. 1963 gründeten die Eheleute Edgar und Alma Botte die Metzgerei in Ransbach-Baumbach. 1969 wurde die zweite Filiale am heutigen Standort in Hartenfels eröffnet, der seither als Hauptsitz dient. Seit 2003 führt nun Fleischermeister und Sommelier Markus Botte das Familienunternehmen in zweiter Generation. 2022 ist Luisa Botte in dritter Generation in das Unternehmen eingestiegen. Für ihre Wurst- und Fleischspezialitäten wurde die Burgmetzgerei mehrfach ausgezeichnet. fab

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