Genetische Untersuchung folgt
Wo wollte er hin? Biber auf der L304 überfahren
Dieser Biber wurde nachts auf der L 304 zwischen Wölferlingen und dem Steinbruch Wetzstein überfahren. Alter und Geschlecht des Tieres sind noch unklar, die Naturschutzinitiative ist interessiert am Ergebnis einer genetischen Untersuchung.
Michael Schäfer/Naturschutzinitiative e.V. (NI)

Das Tier zählt zu den streng geschützten Arten. Warum es sich so weit von Gewässern entfernte und zwischen Wölferlingen und Langenhahn unterwegs war, ist ein Rätsel.

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Zwischen Wölferlingen und Langenhahn ist in der Nacht vom 28. auf den 29. Mai auf der Landesstraße 304 ein Biber überfahren worden. Wie Harry Neumann, Bundesvorsitzender der Naturschutzinitiative (NI) informiert, wollte die NI für eine genetische Untersuchung im Senckenberg-Institut eine Gewebeprobe sicherstellen.

Damit ist mittlerweile von der zuständigen Oberen Naturschutzbehörde, der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord, der Jagdaufseher beauftragt, der den Kadaver auch sichergestellt hatte, teilt die NI mit. Der Biber als geschützte Art unterliege nicht dem Jagdrecht, sondern dem Bundesnaturschutzgesetz: Gleich nachdem die NI über das tote Tier informiert worden sei, habe sie sich mit der SGD Nord sowie dem rheinland-pfälzischen Biberzentrum in Mainz in Verbindung gesetzt, betonen Neumanns.

„Wir haben noch keine Erklärung, warum sich das Tier so weit vom Gewässer entfernte.“
Harry Neumann, Vorsitzender der Naturschutzinitiative

Ebenfalls in den Umgang mit dem toten Tier involviert ist Kreisjagdmeister Bernd Schneider. Er hebt hervor, dass eindeutig die SGD Nord für den Biber zuständig und entscheidende Instanz ist. Von dort sei der Rothenbacher Jagdaufseher gebeten worden, den Kadaver sicherzustellen und „auf Eis zu legen“, um eine brauchbare Untersuchung und Probenentnahme noch zu gewährleisten. Schneider plädiert dafür, die Untersuchung „sachlich abzuwickeln“. Die Beprobung gelte behördlicherseits ausschließlich der Klärung, ob es sich um einen Europäischen oder einen Kanadischen Biber handle.

Bislang ist auch unklar, wie alt das Tier ist und welchen Geschlechts. Vor allem aber kann nicht gesagt werden, warum der Biber nachts an dieser Stelle überhaupt unterwegs war, wundert sich Harry Neumann. Zwar sind Biber nachtaktive Tiere und würden, wenn sie sich neue Reviere suchen, auch abseits von Flüssen wandern. Aber hier sind die Abstände zu nächsten Gewässern größer als üblich, so Neumann.

Gewicht könnte Aufschluss über Alter geben

„Man weiß, dass Biber sich normalerweise in einem Umkreis von 80 bis 90 Metern zu Gewässern bewegen. Wir haben noch keine Erklärung, warum sich das Tier so weit entfernte“, schildert Neumann. Denn in diesem Fall betrage die Distanz vom Fundort zu den nächsten Gewässern – Rothenbach beziehungsweise Saynbach plus Nebenarme – zwischen 400 und 660 Meter.

Der NI-Vorsitzende kann das Alter des ums Leben gekommenen Tieres bislang nur schätzen und geht davon aus, dass es möglicherweise noch kein ausgewachsener Biber war. Ob es sich um ein noch junges oder bereits um ein adultes Tier handelt, könne eventuell durch das Gewicht abgeschätzt werden. Das tote Tier wurde von einem NI-Mitglied gefunden, fotografiert und der NI gemeldet. Auch das Geschlecht ist bislang unklar – auch, weil das vorgefundene Tier stark „lädiert“ gewesen sei.

„Jeder Biber ist wertvoll für die Biodiversität.“
Harry Neumann zu dem Verlust des Tieres

Streng geschützte Tierart

Biber seien nach dem Bundesnaturschutzgesetz eine streng geschützte Tierart und auch nach der europäischen FFH-Richtlinie streng geschützt. „Der Biber ist eine Art von gemeinschaftlichem Interesse“, so Neumann. Er besitzt damit den gleichen Schutzstatus wie Wildkatze, Luchs, Fischotter und Wolf.

Im Westerwald ist der Biber erst wieder seit 2017 heimisch, damals wurde der sogenannte Freilinger Biber gesichtet. Doch im Herbst 2021 war er verschwunden – bis ein Tier 2024 wieder nachgewiesen werden konnte. „Da haben wir auch wieder verstärkt Bibersonntage angeboten“, schildert Neumann. „Jeder Biber ist wertvoll für die Biodiversität“, unterstreicht er nochmals.

War es der „Freilinger Biber“?

Ob es sich bei dem getöteten Tier um den „Freilinger Biber“ handelt, ist noch unklar. Es könne auch sein, dass es ein jüngeres Tier war, das unterwegs war – vielleicht ein Nachkomme des Freilinger Bibers. Die NI vermutet, dass es Reproduktion gibt, weil die Aktivitäten des Tieres sehr umfangreich waren. Davon zeuge beispielsweise eine Riesenpappel, die der Biber gefällt habe und die auf dem Westerwaldsteig zwischen Wölferlingen und Freilingen landete. Solche großen Fällungen mache der Biber meist nur dann, wenn er Nachwuchs habe. Vielleicht gehöre der getötete Biber aber auch einer anderen Population an.

Gabriele Neumann erklärt, wie ihres Wissens die Untersuchung vonstattengeht. „Die Probe wird in hochprozentigen Alkohol gegeben und per Post an das Biberzentrum geschickt“, erklärt sie. Das Biberzentrum des Umweltverbandes GNOR wird vom Landesumweltministerium gefördert und betreut seit 2002 das Biber-Artenschutzprogramm im Land. Die Proben, so Neumann, würden von dort ans Senckenberg-Institut zur Untersuchung weitergeleitet.

Der nächste Biber-Sonntag der NI findet am 31. August von 11 bis 13 Uhr statt. Mehr Infos gibt es dazu auf der Homepage www.naturschutz-initiative.de

Bei Wildunfällen immer Polizei informieren

Generell sollte ein Verkehrsteilnehmer nach einem Unfall mit einem Wildtier immer die Polizei informieren, betont der Westerwälder Kreisjagdmeister Bernd Schneider. Diese wisse im Einzelfall, ob es sich um eine Tierart handelt, die dem Jagdrecht unterliegt, und informiere dann den zuständigen Jagdaufseher. Oder die Polizei binde die zuständige Behörde ein, wenn es sich um eine geschützte oder um eine sonstige Tierart handelt, die nicht dem Jagdrecht unterliegt. Den toten Biber als geschütztes Tier dürfe sich niemand einfach aneignen – so wenig, wie andere bei Verkehrsunfällen getötete Tiere. kat

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