Kurz gesagt, ist es ein Testlauf für ein Raumluftreinigungssystem. Denn alle Beteiligten – die Kita-Leitung, die Stadt als Träger, die Else Schütz Stiftung als Geldgeber, der Hersteller der Luftreiniger sowie der Vertreter des Analyse-Instituts – sind überzeugt, dass gerade in Kindertagesstätten, in denen anders als in der Schule oder am Arbeitsplatz keine Masken getragen werden und auch keine Abstandsregelungen gelten (können), eine Reinigung der Raumluft besonders sinnvoll ist. Um die Wirksamkeit eines solchen Systems auch wissenschaftlich zu belegen, haben die Beteiligten gemeinsam dieses Pilotprojekt angestoßen.
„Wir sind froh, dass dank der Else Schütz Stiftung in unserer Kita Sonnenschein ein Raumluftreinigungssystem getestet werden kann“, sagt Hanno Steindorf, Erster Beigeordneter der Stadt Selters, als Vertreter des Kindergartenträgers. So wird im Flur – einem besonders großen und verwinkelten Raum – eine Messung vorgenommen, die zeigen soll, ob unter den speziellen gestalterischen Gegebenheiten eines Kindergartens Raumluftfilter ihre Wirkung unvermindert entfalten können. Dazu wird ein künstliches Aerosol verteilt und mit Sensoren nachgemessen, wie effektiv die Reinigungsanlagen die Luft von den Mikropartikeln reinigen.
Der Stuttgarter Anlagenhersteller Dema-Airtech und das SGS Institut Fresenius aus Longuich haben schon an anderen Institutionen solche Messungen vorgenommen, etwa am Willigis-Gymnasium in Mainz (unsere Zeitung berichtete) und am Ostalb-Klinikum. Nun sind die Rahmenbedingungen an Schulen, Hochschulen oder auch Krankenhäusern mit denen in einer Kindertagesstätte kaum zu vergleichen.
Der wesentliche Unterschied ist, dass Kinder und Erzieherinnen keine Masken tragen und keinen Abstand halten. Elke Pollatz, Leiterin der Kita Sonnenschein, sagt ganz klar: „Die Kinder müssen miteinander spielen und sich nahekommen können, alles andere wäre gegen die Natur.“ Und gerade im Umgang mit den Jüngsten können auch die Erzieherinnen keine Maske tragen und haben nicht nur beim Wickeln oder Füttern auch engen Kontakt zu den Kleinen.
Während die „offene Kita“, bei der die Kinder nach Belieben zwischen den Gruppenräumen mit den jeweiligen Spielkameraden und -angeboten wechseln können, derzeit ruht, ist in der Kita trotzdem mehr Bewegung als in einem Klassenzimmer, in dem jeder an seinem festen Platz bleibt.
So erscheint der Einsatz von Luftreinigern, die Aerosole aus der Raumluft filtern, in Kindergärten besonders sinnvoll. Im Westerwaldkreis sind bereits in mehreren Kitas in Trägerschaft der evangelischen Kirche Luftfilteranlagen im Einsatz. Firmen, Gemeinden und Fördervereine spenden, um die Einrichtungen damit auszustatten. Doch eine Messung wie in Selters hat es noch nicht gegeben – dies ist sogar für den Hersteller und das Analyse-Institut eine Premiere.
Auch die Raumausstattung in einer Kita stellt an die Technik besondere Ansprüche: Querriegel aus Regalen für Garderobe, Schuhe oder auch Spielgeräte stören die Luftströmung der Raumluft zum Filtergerät und der gereinigten Luft in den Raum ebenso wie Dekorationen, die von der Decke hängen. So wird in der Kita Sonnenschein jeder Eintretende freundlich in seiner Muttersprache begrüßt, sei es Deutsch, Türkisch oder auch Italienisch.
Die Else Schütz Stiftung ist in den vergangenen Monaten schon mehrfach als großzügiger Finanzgeber in der Region aufgetreten – blieb dabei aber absichtlich von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt.Else Schütz Stiftung hilft oft im Verborgenen
Die Fahnen mit den Begrüßungsformeln hängen von der Decke und machen den Raum fröhlich und wohnlich. Doch strömungstechnisch ist die Dekoration ein Albtraum, denn die „Luftwalze“, die durch eine ungehinderte Umwälzung entstehen würde, wird durch die vielen Hindernisse unterbrochen. Daher ist es für Matthias Baun vom Hersteller Dema-Airtech und für Wolfgang Schreier vom Fresenius-Institut spannend zu sehen, ob die Reinigungsquote davon (negativ) beeinflusst wird.
Mit dem Thema Luftreinigung hatte sich Dr. Johann Christian Meier, Geschäftsführer der Else Schütz Stiftung, nicht nur wegen des eigenen Büros bereits beschäftigt, sondern auch hinsichtlich des Kinderschutzbunds. Weil die Stiftung Wert auf messbare Ergebnisse und Nachhaltigkeit legt, hatte er sich bei Prof. Dr. Christian Kähler an der Bundeswehr-Hochschule in München informiert. Der Spezialist für Strömungsmechanik „hat uns ein Riesentrumm von Gerät empfohlen“, staunt Meier.
Doch der angestrebte Durchsatz des Sechsfachen der Raumluft pro Stunde, der vom Hersteller empfohlen wird, um die Aerosollast wirksam zu mindern – bis unter die Ausgangswerte –, bedarf gemäß Experten einer ausreichend großen Anlage. Für die Selterser Kita Sonnenschein wären insgesamt 14 Geräte verschiedener Größe vonnöten. Sollte der Testlauf ein gutes Ergebnis bringen, auf das die Anzeigen der Messgeräte bereits hindeuteten, dann ist die Else Schütz Stiftung bereit, die Finanzierung zu übernehmen.