Das ergibt sich aus den Stellungnahmen des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Westerwald und der Naturschutzinitiative (NI) aus Quirnbach. Während sich der BUND auf dem Köppel sogar ein Musterprojekt für Klima- und Naturschutz durch Bürgerwindparks vorstellen könnte, warnt die Naturschutzinitiative vor der Umwandlung von Wäldern in „Energieindustriegebiete“.
Pläne vor Jahren verworfen
Zur Erinnerung: Vor fast zehn Jahren hatten sich die kommunalen Grundstückseigentümer auf der Montabaurer Höhe schon einmal zusammengetan, um mögliche Windparks gemeinsam zu planen. So sollte eine Verspargelung der Landschaft auf dem Köppel verhindert werden, der damals bereits als potenzieller Standort für Windräder galt. Letztlich wurde das Thema aber wieder zu den Akten gelegt, weil man negative Auswirkungen auf unterirdische Wasserströme durch die Fundamente der Bauwerke nicht ausschließen konnte – die Erhebung hat aufgrund ihrer zahlreichen Tiefbrunnen eine hohe Bedeutung für die Trinkwassergewinnung.
Seit das Land Rheinland-Pfalz angekündigt hat, den Bau neuer Windräder in Naturparks in Ausnahmefällen zu ermöglichen, ist die Diskussion neu entfacht. Der BUND Westerwald jedenfalls hielte Untersuchungen, ob Windkraftanlagen auf dem Köppel tatsächlich Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung hätten, für sinnvoll. Ausnahmen vom Verbot, Windräder in der Kernzone eines Naturparks zu errichten, seien nun möglich, wenn es wichtige Gründe hierfür gibt, so die Naturschützer in einer Presseerklärung. Solche Gründe seien auf der Montabaurer Höhe durchaus gegeben. Dafür spreche zuallererst die Lage: Das Waldgebiet ist teilweise mehr als 500 Meter hoch, sodass Windräder dort besonders effektiv wären.
Die riesigen Kahlflächen ermöglichen Windräder, ohne dass Bäume dafür gefällt werden müssen.
Aus der Stellungnahme des BUND
Der BUND ergänzt: „Die riesigen Kahlflächen ermöglichen Windräder, ohne dass Bäume dafür gefällt werden müssen.“ Wenn dort in Zukunft wieder Wald wachse, könne man die Windräder zurückbauen, meinen die Naturschützer. „Geht man von zehn modernen Windrädern aus, lassen sich etwa 180 Millionen kWh im Jahr oder für rund 60.000 Haushalte Strom erzeugen“, rechnet der BUND vor.
Daneben könnten die einzunehmenden Pachten für Klimaschutzprojekte in den Kommunen verwendet werden. Sie dürften bei 1,5 bis 2 Millionen Euro pro Jahr für zehn Windräder liegen, so die Schätzung. „Inwiefern die Trinkwasserversorgung beeinträchtigt werden könnte, müsste eine Fachplanung feststellen“, so der BUND. Es gebe allerdings bereits Windräder ohne Ölschmierung, die in Trinkwasserzonen errichtet werden dürfen, heißt es.
Es ist für uns unverständlich, in einem Wasserschutzgebiet Windindustrieanlagen errichten zu wollen.
Aus der Stellungnahme der NI
Die Naturschutzinitiative aus Quirnbach sieht dies allerdings komplett anders. „Angesichts der Biodiversitäts- und Klimakrise ist es für uns unverständlich, Überlegungen anzustellen, in einem Wasserschutzgebiet, das die Bürger der Stadt Montabaur und mehrere Gemeinden mit Trinkwasser versorgt, Windindustrieanlagen errichten zu wollen“, teilt die NI mit. Neue Windparks im Wald stellen nach Auffassung der Naturschutzinitiative eine große Gefahr für die Biodiversität dar. Vor allem Vögel wie der Schwarzstorch, der Rotmilan und der Mäusebussard seien durch die Anlagen gefährdet.
Der Mensch dringe immer tiefer in den Lebensraum bedrohter Pflanzen- und Tierarten vor, kritisiert die Naturschutzinitiative. Die aktuellen Probleme würden eindimensional auf die Klimapolitik verengt. Andere Missstände, die aus Sicht der NI sogar schwerwiegender sind, erhielten hingegen zu wenig Beachtung. Als Beispiele werden die Überdüngung der Ökosysteme, das Artensterben, Mikroplastik, Pestizide und die Zerstörung von Lebensräumen genannt. Naturschutz müsse wieder oberste Priorität haben, damit Ökosysteme durch menschliche Eingriffe nicht noch weiter aus dem Gleichgewicht gerieten, meint die NI.
Diskussion hat eine Geschichte
Hintergrund: Die Meinungsverschiedenheiten der Naturschützer um Schaden und Nutzen von Windkraft haben bereits eine lange Vorgeschichte. Der heutige Landesvorsitzende der NI, Harry Neumann, engagierte sich jahrelang ebenfalls im BUND. Aufgrund der unterschiedlichen Auffassungen zu Windparks kam es vor fast sieben Jahren jedoch zum Bruch und in der Folge zur Gründung der Naturschutzinitiative.
Inzwischen kündigt die NI an, gegen Windräder in Kernzonen von Naturparks auch Klagen in Erwägung zu ziehen. Der BUND hingegen könnte sich vorstellen, dass Westerwälder Bürger über Energiegenossenschaften Windparks bauen und betreiben. So könnte nach deren Auffassung sogar ein Musterprojekt für Klima- und Naturschutz sowie für Bürgerbeteiligung entstehen.