Zur Erinnerung: Im November 2021 waren durch den TÜV Rheinland einige Mängel an der Stauklappe festgestellt worden, sodass ein sicherer Betrieb nicht mehr gewährleistet werden kann. Deshalb hatte die SGD Nord eine Anordnung für das baldige Ablassen des Sees erlassen (unsere Zeitung berichtete), denn gerade so große Stauanlagen könnten – wie SGD-Nord-Präsident Wolfgang Treis deutlich machte – bei Versagen oder Überlasten ein Risiko für mögliche Überschwemmungen darstellen.
Das Ablassen sei erforderlich, damit die Belastung der Stauklappe durch den Wasserdruck reduziert werde. Weil aber auch am regulären Drosselbauwerk, dem Mönchbauwerk, Mängel festgestellt wurden, habe man aus Sicherheitsgründen die vollständige Entleerung des Wiesensees anordnen müssen. Mindestens eine Wachstumsperiode wird nötig sein, ehe der See sich wieder in gewohntem Bild präsentieren kann. Wie lange er jetzt tatsächlich „brachliegen“ wird, ist ungewiss – was vor allem beim dortigen Lindner-Hotel Kritik hervorruft.
Das „Lindner Hotel & Sporting Club“ am Wiesensee soll zukünftig mit einem „schwarzen Schlammloch“ als Alleinstellungsmerkmal weiter betrieben werden? Diese Frage treibt Hoteldirektor Peter Wenzel die Sorgenfalten ins Gesicht. Es brauche nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, welche Auswirkungen die Anordnung der SGD Nord und der Ausblick auf ein schwarzes Loch für ein Hotel in dieser Lage habe, macht Wenzel deutlich. Schon die Pandemie habe dem Hotel jeglichen wirtschaftlichen Spielraum genommen, eine weitere „Durststrecke“ dieser Dimension sei kaum zu kompensieren.
„Bei allem Verständnis für das Sicherheitsbedürfnis einer Behörde nach den dramatischen Vorfällen an der Ahr drängt sich mir jedoch der Verdacht auf, dass sich die Verantwortlichen der schnellsten und einfachsten Lösung des Problems, der defekten Stauklappe, bedient haben, ohne sich der schwerwiegenden Folgen für unsere strukturschwache Region und ihrer Anwohner bewusst zu sein“, ist sich der Hoteldirektor sicher. Der Region werde auf unabsehbare Zeit ein attraktives Tourismusziel genommen, meint Wenzel, und er ruft deshalb dazu auf, sich um eine gemeinsame Alternative zu einem mindestens zwei Jahre leeren Wiesensee zu bemühen.
„Wir müssen uns um eine gemeinsame Alternative zu einem mindestens zwei Jahre leeren Wiesensee bemühen.“
Hoteldirektor Peter Wenzel
Auch naturschutzrechtliche Belange wurden durch die SGD Nord geprüft, mit dem Ergebnis, so heißt es in einer öffentlichen Stellungnahme der Behörde, dass ein abgesenkter Wasserspiegel grundsätzlich keine Beeinträchtigung des Vogelschutzgebiets darstelle. Zum Schutz der Vögel müsse die Maßnahme allerdings sofort durchgeführt werden, damit deren Brut nicht beeinträchtigt wird.
Das sieht manch ein Bürger anders – so wie Dieter Huthmacher aus Großseifen, der bei der Staatsanwaltschaft Koblenz gegen die Verantwortlichen der SGD-Nord, des Oberen Wasserwirtschaftsamtes sowie der Oberen Naturschutzbehörde in Koblenz Strafanzeige erstattet hat. Aus seiner Sicht liegt eine Überreaktion des Oberen Wasserwirtschaftsamtes vor, als sie ohne nachvollziehbaren Grund die Priorisierung beim vollständigen und sofortigen Ablassen des Wassers angeordnet habe.
„Nachdem die einzelnen und höchst unterschiedlichen Schutzmechanismen für zum Beispiel brütende Wasservögel, Kröten, Frösche, Molche, Fische bzw. Wassertiere und Zugvögel, teilweise sogar bedrohte Tierarten, überhaupt nicht zur Anwendung gelangen, liegen gravierende Verstöße eben gegen zum Schutz dieser Arten erlassene Bestimmungen vor und dies nicht etwa von unbedarften Bürgern, sondern von Fachleuten in dafür vorgesehenen Ämtern“, argumentiert Huthmacher.
Teilweise handele es sich sogar um bedrohte Tierarten. In diesem speziellen Fall würden möglicherweise – ohne Not – viele natur- und artenrechtliche Gesetze und Verordnungen einfach fallen gelassen und ohne nähere Prüfung durch Fachleute dem angeblich notwendigen Hochwasserschutz untergeordnet. Ein kontrolliertes Ablassen wäre im Sommer oder Frühherbst artenschutzrechtlich um einiges verträglicher gewesen, meint er.