Schüler der BBS Westerburg zeigen großes Interesse an dem Thema und stellen viele Fragen
Wie lebt es sich mit einem fremden Organ? Betroffene berichtet in BBS Westerburg
Auf Einladung von BBS-Lehrerin Carina Sackewitz (links) machte die Initiative Organspende Rheinland-Pfalz, vertreten durch Mariele Höhn (Mitte) und Cornelia Schau, Station in Westerburg. Foto: Nadja Hoffmann-Heidrich
nh

Westerburg. Seit 33 Jahren lebt Mariele Höhn mit einer transplantierten Leber. Sie ist eine unternehmungslustige, engagierte Frau. Doch der gelungenen Transplantation ging eine jahrelange Leidensgeschichte voraus, die tödlich hätte enden können. Als Mariele Höhn von ihren Beschwerden, Ängsten und Sorgen aus dieser Zeit berichtet, ist es in der Aula der Berufsbildenden Schule in Westerburg mucksmäuschenstill.

Lesezeit 3 Minuten

Die rund 100 Schüler verschiedener Bildungsgänge, die der Einladung zu einer Infoveranstaltung über Organspenden gefolgt sind, sind vom Schicksal der Frau aus Boden, die mittlerweile als beratendes Vorstandsmitglied für den Verein Lebertransplantierte Deutschland tätig und hier für den Bereich Westerwald/Rhein-Lahn, Mainz zuständig ist, berührt.

Thema in Politik derzeit sehr präsent

Aktuell ist das Thema Organspende in der Politik wieder sehr präsent: Um die äußerst niedrige Zahl der Spender in Deutschland zu erhöhen, haben mehrere Bundesländer eine Initiative in den Bundesrat eingebracht, um eine sogenannte Widerspruchslösung herbeizuführen. Damit wäre jeder nach einem möglichen Hirntod Organspender, sofern er dem zuvor nicht ausdrücklich widersprochen hat. Eine finale Entscheidung darüber steht jedoch noch aus. Um über die Bedeutung von Organspenden insgesamt aufzuklären, machte die Initiative Organspende auf ihrer Schultour – auf Einladung von Lehrerin Carina Sackewitz – Station an der BBS in Westerburg.

Seit meiner Lebertransplantation feiere ich zweimal im Jahr Geburtstag. Meinem Spender bin ich unendlich dankbar.

Mariele Höhn (Verein Lebertransplantierte Deutschland) lebt seit 33 Jahren mit einem gespendeten Organ.

Da es sich um ein emotionales Thema mit zahlreichen ethisch-moralischen Fragen handelt, war die Teilnahme für die Schüler freiwillig. Die große Resonanz bestätigte allerdings, was Mariele Höhn bereits vorab vermutet hatte: „Gerade junge Menschen haben einen besonders hohen Bedarf an Informationen.“ Ziel der Aufklärungskampagne sei es, junge Menschen für das Thema zu sensibilisieren und sie bei der individuellen Entscheidungsfindung zu unterstützen. Denn selbst, wenn sich jemand gegen die Bereitschaft zur Organspende entscheide, sei es wichtig, dies für die Angehörigen zu dokumentieren, da sie im Zweifelsfall in einen Gewissenskonflikt, ja gar einen Ausnahmezustand geraten könnten, wenn sie mit der Frage konfrontiert würden, ob dem von ihnen geliebten, aber hirntoten Menschen Organe zur Rettung anderer Menschen entnommen werden dürfen.

Ein Organspenderausweis kann Leben retten und befreit die Angehörigen von der Last der Entscheidung.

Cornelia Schau, Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO)

Deshalb plädiert auch Cornelia Schau von der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DOS) unbedingt dafür, sich frühzeitig selbst mit dieser Frage auseinanderzusetzen – und traf damit bei den BBS-Schülern offenbar einen Nerv, denn im Anschluss an zwei kurze Filmbeiträge und den persönlichen Vortrag von Mariele Höhn entwickelte sich eine angeregte Fragerunde. Dabei erfuhren die jungen Leute von Cornelia Schau, dass aktuell circa 9000 Menschen in Deutschland auf ein Spenderorgan warten. Doch täglich sterben drei Personen auf dieser Warteliste, weil ihnen nicht rechtzeitig geholfen werden konnte. Ein Hirntoter kann mit seinen Organen bis zu sieben Leben retten.

Offen und unverkrampft: die Schüler

Offen und unverkrampft berichteten einige Schüler im Nachgang selbst von Angehörigen, die bereits transplantiert sind oder beispielsweise auf eine Spenderniere warten. Mehrere junge Leute brachten zum Ausdruck, dass sie für Familienmitglieder zu einer Lebendspende oder auch für Fremde zu einer Post-Mortem-Spende bereit wären. Auch medizinische Fragen – etwa ob man über ein gespendetes Organ eine Krankheit des Spenders bekommen kann – beschäftigte die interessierten Schüler, von denen sich viele einen Spenderausweis zum Ausfüllen mitnahmen.

Nur anonymisierte Briefe als Dank sind möglich

Dürfen sich die Hinterbliebenen eines Organspenders und der transplantierte Mensch, dem mit einem geschenkten Organ das Leben gerettet werden konnte, kennenlernen? Diese Frage trieb die Schüler der Berufsbildenden Schule (BBS) Westerburg bei der Infoveranstaltung besonders um. Doch Cornelia Schau, Koordinatorin bei der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), musste den jungen Leuten mit einem klaren Nein antworten. Die Gesetzeslage in Deutschland erlaube eine solche Begegnung nicht. Immerhin, so ergänzte Mariele Höhn, beratendes Vorstandsmitglied im Verein Lebertransplantierte Deutschland, sei es seit Kurzem möglich, dass transplantierte Personen den Angehörigen über die DSO einen anonymisierten Brief (ohne persönliche Angaben) zukommen lassen können, wenn sie sich bei diesen stellvertretend bedanken möchten. nh

Top-News aus der Region