Ein katholischer Priester aus dem Westerwald ist zu einer achtmonatigen Haftstrafe verurteilt worden, weil er 2019 im Fürstentum Liechtenstein ein achtjähriges Mädchen missbraucht hat. Dort war Thomas J. damals als Gemeindepfarrer tätig. Die Haftstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt, da der 50-Jährige nicht vorbestraft ist. Sein Verteidiger kündigte nach dem Prozess am Amtsgericht Montabaur trotzdem an, in Berufung zu gehen.
Der Fall ereignete sich vor fünfeinhalb Jahren in der Gemeinde Ruggell. Nach dem Ministrantenunterricht begleitete das Mädchen den Geistlichen ins Pfarrhaus, um ein Ministrantenbüchlein abzuholen. Dort kam es zu dem Missbrauch: Der Pfarrer massierte das Kind mit einer Bürste am Oberkörper und im Brustbereich. Das Mädchen lag dabei auf einem Bett oder Sofa.

Als die Achtjährige noch am selben Tag ihren Eltern davon erzählte, schalteten diese die Polizei ein. Das Pfarrhaus wurde durchsucht und Beweismaterial sichergestellt – darunter auch ein Diensthandy des Pfarrers, auf dem die Ermittler verdächtiges Videomaterial fanden. Der Pfarrer hatte mehrere Filme von Ministranten abgespeichert, in denen die Kamera auf den Brustbereich minderjähriger Mädchen gerichtet war.
Das Verfahren gegen den Priester sollte eigentlich in Liechtenstein stattfinden. Dort war er 2023 jedoch nicht zur Verhandlung erschienen. Da der Mann inzwischen wieder bei seinen Eltern im Westerwald wohnt, erhob 2024 die Koblenzer Staatsanwaltschaft Anklage. Seinen Beruf übt der Priester schon seit Bekanntwerden der Vorwürfe nicht mehr aus.
„Eine Achtjährige denkt sich so eine ungewöhnliche Geschichte nicht aus und zieht das über Jahre bei Polizei und Ermittlungsbehörden durch.“
Oberstaatsanwalt Oliver Rissel.
Den Missbrauch bestreitet Thomas J. allerdings weiterhin. Die Achtjährige sei damals zwar kurz im Pfarrhaus gewesen und habe sich dort neugierig umgesehen. Es sei aber zu keinen sexuellen Handlungen gekommen, sagte er. Die Videos vom Brustbereich der Ministranten seien auf seine schlechten Leistungen beim Filmen zurückzuführen, hatte er bereits in Liechtenstein erklärt. Er lebe zölibatär, habe keine pädophilen Neigungen und auch kein Interesse an legaler Pornografie, so der Mann vor Gericht.
Zweifel an dieser Aussage nährte allerdings der Browserverlauf seines Handys, in dem sich Links zu Internetseiten mit pornografischen Inhalten fanden. Ob zum Zeitpunkt der Seitenaufrufe dort auch verbotenes Video- und Bildmaterial angeboten wurde, ließ sich nach Angaben der Ermittlungsbehörden in Liechtenstein leider nicht mehr feststellen. Vom Vorwurf, Kinderpornografie besessen zu haben, wurde Thomas J. deshalb freigesprochen.

Zu seiner Verurteilung in Montabaur führten in erster Linie die Aussagen des Mädchens. Im Gerichtssaal wurden Videoaufnahmen von der Vernehmung der damals Achtjährigen bei der Polizei und beim Ermittlungsrichter vorgespielt. In diesen Aussagen gab es nach Ansicht von Oberstaatsanwalt Oliver Rissel keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich das Kind die Geschichte nur ausgedacht habe.
Das Mädchen habe bei allen Aussagen immer wieder beschrieben, wie der Pfarrer ihre Brust mit einer Bürste massiert habe. Diese eher ungewöhnliche Form eines Missbrauchs denke sich ein Kind nicht einfach aus und halte daran über Jahre bei jeder Vernehmung fest, meinte Rissel. Auch bei ihrer Aussage in Montabaur sei die inzwischen 13-Jährige völlig authentisch gewesen, habe nicht übertrieben und auch keinen Belastungseifer gezeigt.

Verdacht auf Kindesmissbrauch in Liechtenstein: Muss Westerwälder Priester auf die Anklagebank?
Nach seiner Suspendierung in Liechtenstein ist er wieder in sein Heimatdorf gezogen: Ein Unterwesterwälder, der im Erzbistum Vaduz zum Priester geweiht wurde, soll 2019 als Pfarrer von Ruggell einem Kind sexuelle Gewalt angetan haben.
Verteidiger Moritz Schmitt-Fricke verwies in seinem Plädoyer vor allem auf Ermittlungsfehler der Behörden in Liechtenstein. So seien dem Mädchen bei der Vernehmung Suggestivfragen gestellt worden. Der Angeklagte kritisierte zudem, dass DNA-Spuren nicht ausgewertet wurden, denn diese hätten nach seiner Auffassung seine Unschuld bewiesen.
Das Schöffengericht um Richter Helmut Groß schloss sich jedoch im Wesentlichen der Argumentation der Staatsanwaltschaft an. Als Pfarrer habe der Angeklagte eine ganz besondere Verantwortung, sagte der Richter. Dieser sei er nicht gerecht geworden. Nach einer solchen Grenzüberschreitung müsse man sich nicht wundern, wenn auch die Konsequenzen gravierend sind.