Von unserem Redakteur Thorsten Ferdinand
Anlass war der aus Sicht der Bauern viel zu niedrige Milchpreis, den die Discounter in Deutschland derzeit zahlen. Pro Liter erhalten die hiesigen Bauern zwischen 25 und 28 Cent. Mindestens 40 Cent müssten es sein, damit die Landwirte überhaupt kostendeckend arbeiten können, sagt Milchbauer Randy Aller aus Vielbach. Damit noch ein Gewinn hängen bleibt, wären sogar 45 Cent pro Liter erforderlich, so Aller weiter.
Die Aktion war aber nicht auf Aldi beschränkt, erklären die Bauern. Andernorts seien auch konkurrierende Discounter blockiert worden. Dass die Westerwälder Landwirte in Montabaur demonstrierten, hatte vor allem zwei Gründe: Zum einen sei Aldi der Marktführer unter den Discountern und könne deshalb auch beim Preis Trends setzen, so die Landwirte. Zum anderen befindet sich das Zentrallager in der Nähe.
Das Wasser steht den Milchbauern offenbar bis zum Hals. Viele Höfe seien in ihrer Existenz bedroht, erläutert Randy Aller. Mit 43 Jahren zählte der Vielbacher zu den älteren Teilnehmern der Demonstration. Vor allem die jungen Bauern gehen auf die Barrikaden. Sie verabredeten sich am Wochenende spontan mit ihren Handys. Schnell war ein stolzes Teilnehmerfeld zusammen. Die Bauern trafen sich auf dem Hof eines Kollegen in Staudt und fuhren von dort mit ihren Traktoren in einem Konvoi nach Montabaur. Hinter der Demonstration steckte keine Gewerkschaft und kein Verband, macht Oliver Koch aus Harschbach deutlich. Er selbst sei zwar im Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) aktiv, sagt der Landwirt aus dem Kreis Neuwied. An der Aktion beteiligten sich aber auch etliche Bauern, die nicht in Interessenverbänden organisiert sind. Der Druck sei inzwischen so groß, dass sich die Landwirte solidarisieren, um ein Zeichen gegen den Preisverfall zu setzen. Milchviehhalter aus allen umliegenden Kreisen waren dabei. „Der Zusammenhalt der Bauern im Westerwald ist enorm“, bilanzierte der Harschbacher. Die Demonstration in Montabaur dürfe aber nur der Anfang gewesen sein, meint Koch. Weitere gemeinsame Aktionen der Landwirte sollen folgen.
Der Preisverfall hat indes mehrere Ursachen: Seit die Milchquote in Deutschland stufenweise aufgeweicht und schließlich ganz abgeschafft wurde, ist schlichtweg zu viel Milch auf dem Markt. Die Nachfrage im Ausland ist wegen einer Krise in China und dem Wirtschaftsembargo gegen Russland eingebrochen. In Deutschland sehen sich die Milchbauern bei der Preisfindung mit schier übermächtigen Verhandlungspartnern konfrontiert. Die Interessen der Landwirte werden von einer Vielzahl unterschiedlicher Molkereien vertreten. Auf der anderen Seite stehen wenige große Lebensmittelketten, die ihre Preisvorstellungen praktisch diktieren können. Spielt eine Molkerei nicht mit, springt eben eine andere ein, klagen die Bauern. Die Milchviehhalter seien das letzte Glied in der Kette.
Zwar hat der Discounter Lidl kürzlich angekündigt, den Einkaufspreis pro Liter Trinkmilch um 5 Cent zu erhöhen. In den Augen von Randy Aller hat dies allerdings nur eine symbolische Wirkung. Da lediglich ein Bruchteil der erzeugten Milch als Trinkmilch verkauft wird, bleibe die Preiserhöhung auf einen eher kleinen Bereich beschränkt. Wesentlich mehr Milch werde etwa für die Herstellung von Käse und Quark benötigt. Auch dort müssten die Preise erhöht werden, so der Vielbacher. Zudem müssten andere Discounter nachziehen, meint der Bauer. Eine Stellungnahme von Aldi lag bis Redaktionsschluss nicht vor.