Bäckerei-Raub: Kein Urteil - Stattdessen soll noch der Hausarzt aussagen
Westerburger Bäckerei-Raub: Gutachter identifiziert Hände des Räubers, aber noch kein Urteil
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Eigentlich sollte im Prozess nach dem Überfall auf eine Bäckerei in Westerburg das Urteil fallen. Eigentlich. Denn stattdessen sind nun zwei weitere Prozesstage angesetzt. Unter anderem soll der Hausarzt des Beschuldigten aussagen und aus Sicht der Verteidigung bestätigen, dass der Angeklagte gar nicht in der Lage war, diese Tat zu begehen. Immer noch steht also die Frage im Raum: War es der 56-Jährige, der im September 2020 um 5.15 Uhr maskiert und mit einer Pistole bewaffnet die Bäckereifiliale in Westerburg überfiel und 1868 Euro mitnahm?

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Am vierten, dem ursprünglich letzten vorgesehenen Prozesstag sagte ein neuer Gutachter aus, der sich auf Anthropologie spezialisiert hat. Er erklärte, dass dieser den Beschuldigten im Gefängnis besuchte und Videoaufnahmen in verschiedenen Positionen erstellte. Zudem habe er dem 56-Jährigen eine Pistolenattrappe in die Hand gegeben und davon Aufnahmen angefertigt.

Die Einzelaufnahmen der Videos habe er dann mit den Videoaufnahmen der Bäckerei-Filiale verglichen. Hintergrund der Aktion: Beim Überfall konnte man lediglich die Hände des Räubers sehen. Letztlich konnte der Sachverständige anhand von nicht weniger als 40 Körpermerkmalen erkennen, dass der Angeklagte der Täter sei, der die Tat jedoch bis heute leugnet.

Aufgrund der Anzahl der Körpermerkmale könnte die Identität des Räubers mit „sehr wahrscheinlich“ beschrieben werden, hieß es vonseiten des Gutachters. „Die Fehlerquote würde nach aktuellem Stand bei 5 Prozent liegen“, berichtete der Gutachter aus München.

Für Verteidiger Christian Hecken stellte sich angesichts des für seinen Mandanten ungünstigen Gutachtens die Frage, ob dieser von der Staatsanwaltschaft oder vom Sachverständigen belehrt wurde, da ein Gutachten auf Freiwilligkeit beruhe. Diese Frage hatte wiederum zur Folge, dass die Vorsitzende Richterin die Staatsanwältin in den Zeugenstand rief. Ihren Platz als Staatsanwältin übernahm kurzfristig ein Oberstaatsanwalt, der dieses Vorgehen indes nicht so ganz verstehen konnte.

Bei der weiteren Befragung stellte sich der Sachverhalt dann folgendermaßen dar: Nachdem die Staatsanwältin im vergangenen Dezember mit Verteidiger Hecken telefoniert hatte, erklärte dieser, dass er mit dem Gutachten kein Problem habe. Die Staatsanwältin wiederum teilte die Bereitschaft des Angeklagten auch dem Gutachter mit.

Das Verhalten der Staatsanwältin kann weitreichende Folgen haben: Sollte das Gericht entscheiden, dass der Beschuldigte nicht richtig belehrt wurde, hätte die Verteidigung einen Revisionsgrund, sollte der 56-Jährige verurteilt werden.

Ungeachtet der Formalien gibt es viel, das aus Sicht der Anklage gegen den Beschuldigten spricht. Der Angeklagte arbeitete nach einer 13 Jahre dauernden Haftstrafe und einer anschließenden Sicherheitsverwahrung von zwei Jahren insgesamt fünf Jahre lang bei der überfallenen Bäckerei. Aufgrund einer Erkrankung endete das Arbeitsverhältnis.

Bereits in den 80er- und 90er-Jahren beging er mehrere Straftaten. Insgesamt stehen im Vorstrafenregister des 56-Jährigen nicht weniger als 14 bewaffnete Raubüberfälle. Aufgrund seiner Vorgeschichte und der Tatsache, dass man beim Angeklagten eine Schreckschusspistole gefunden hat, verhaftete ihn die Polizei letztlich.

Die Verhandlung wird am Dienstag, 27. April, um 9 Uhr fortgesetzt. Sofern alles planmäßig läuft, soll an diesem Tag der Hausarzt des 56-Jährigen aussagen und bestätigen, dass dieser gar nicht in der Lage ist, diese Tat zu begehen. Möglicherweise könnte das Urteil am Donnerstag, 29. April, erfolgen.

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