Der Wahlkampf ist längst auf den Straßen angekommen. Seit Tagen werben die Parteien mit Wahlplakaten, machen so auf sich, ihre Kandidaten und Programme aufmerksam. Doch einige der Plakate hängen nicht lange, andere werden beschädigt. Und das hat Folgen, wenn es angezeigt wird. So bittet beispielsweise die Polizeiinspektion Montabaur am 4. Februar um Hinweise (Telefon 02602/92260) zu Vorfällen in der Ortslage Görgeshausen, wo mehrere Wahlplakate der unterschiedlichsten Parteien in der Limburger Straße und der Diezer Straße beschädigt wurden. Diese wurden alle mit Farbe beschmiert. Dass dies keine Einzelfälle sind, bestätigen die Parteien im Wahlkreis Montabaur. Wir haben bei den acht Parteien nachgefragt, die einen Direktkandidaten im Wahlkreis 203 (Landkreise Westerwald und Teile von Rhein-Lahn) stellen.
SPD: Im Vergleich zu den vorherigen Wahlkämpfen seien auffallend viele ihrer Plakate entwendet, heruntergerissen oder beschmiert wurden, schildert Lisa Schmidt (stellvertretende Vorsitzende SPD Westerwald). Besonders extrem sei das in Westerburg, wo an den Zufahrtsstraßen ins Zentrum etliche Plakate verschwunden seien. Auch an der Stadthalle seien alle Plakate entfernt worden – ebenso wie die Plakate der CDU und der Grünen. Ein weiteres Beispiel: In Hergenroth wurden Plakate abgehängt, in Höhn wurden sie beschmiert. Schmidt ist es wichtig zu betonen, dass „wir auf einen fairen und demokratischen Wahlkampf Wert legen und dass wir die Sachbeschädigungen und Diebstähle aufs Schärfste verurteilen. In einer Demokratie haben solche Aktionen gegen demokratische Parteien keinen Platz.“ Diese Sachbeschädigung und Diebstähle sind Straftaten, fügt sie an.

CDU: „Wir mussten etwa 150 Plakate ersetzen, von den Bauzaunbannern wurden etwa 10 Banner ausgetauscht“, teilt CDU-Direktkandidat Harald Orthey mit. Räumliche Schwerpunkte gab es dabei nicht. „Wir stimmen uns in den Fällen eng mit der örtlichen Polizei ab“, sagt er zu der Frage, ob Anzeige erstattet wird. Die Plakate werden auf jeden Fall ersetzt.
Bündnis 90/Die Grünen: „Dieser Vandalismus ist nicht nur eine Sachbeschädigung, sondern ein Frontalangriff auf unsere demokratische Kultur und das Grundrecht auf Meinungsfreiheit“, erklärt André Butscheike (Sprecher des Kreisverbands Westerwald). Zudem werden damit auch materielle Werte zerstört, denn die Kosten für jedes zerstörte Wahlplakat belaufen sich auf rund fünf Euro – nicht eingerechnet sind dabei die unzähligen ehrenamtlichen Stunden derjenigen, die die Plakate aufhängen und für eine lebendige Demokratie kämpfen.
Der Kreisvorstand verurteilt die Angriffe aufs Schärfste und bringt jeden Vorfall konsequent zur Anzeige. „Den Täterinnen und Tätern drohen empfindliche Geldstrafen oder sogar Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren“, schildert Butscheike . Denn diese Zerstörungen seien kein Kavaliersdelikt, „es sind Angriffe auf die politische Kultur in unserem Land. Jedes zerstörte oder gestohlene Plakat nimmt den Wählerinnen und Wählern eine Möglichkeit zur Meinungsbildung“, betont er. Demokratie lebe von der Information und dem Austausch, nicht von Sabotage und Zerstörung. Bis Ende Januar wurden bereits 54 Plakate von der Partei im Kreis entwendet, weitere 19 Stück zerstört. Das sind rund 20 Prozent der Plakate, die B90/Die Grünen im Kreis anfänglich aufgehangen haben. Außerdem wurden Großplakate in den Verbandsgemeinden Ransbach-Baumbach, Westerburg, Wallmerod und Wirges abgerissen bzw. zerstört. Besonders betroffen sei dabei die Verbandsgemeinde Westerburg. Auch die Grünen zeigen jede Tat an, die Plakate werden von den Mitgliedern zeitnah ersetzt, die zudem vereinzelt beim Aufhängen der Plakate „aus dem Auto heraus mit Gesten und Worten abfällig kommentiert“worden seien.

AfD: Auch von der AfD wurden vereinzelt Plakate gestohlen oder beschädigt, sagt Jan Strohe, AfD-Vorsitzender Westerwald. Auffällig sei, „dass in einigen Regionen und Ortschaften, wie beispielsweise in Hachenburg und Umgebung, deutlich mehr Plakate entwendet werden“. Strohe schätzt, dass insgesamt etwa jedes vierte Plakat gestohlen werde, manche würden auch mit Aufklebern versehen. Die AfD zeige die Diebstähle in der Regel an. Die Wahlhelfer seien nur vereinzelt beim Plakatieren beleidigt worden. „Dafür gab es eine zunehmend positive Resonanz“, freut sich Strohe.
FDP: Die liberale Kreisvorsitzende Jana Gräf sagt, dass weniger als ein Prozent der FDP-Plakate beschädigt oder entwendet wurden. Beschädigungen oder Abräumungen gab es (bis Ende Januar) jeweils in Brandscheid, Kölbingen, Westerburg und Wengenroth. In der Verbandsgemeinde Ransbach-Baumbach wurden zudem zwei Plakate entwendet. „Wir dokumentieren die Vorfälle und prüfen im Einzelfall eine Anzeige“, fügt sie an. Die Plakate würden, wo notwendig und möglich, ersetzt. Angriffe auf Wahlhelfer beim Plakateaufhängen habe es nicht gegeben, auch keine Beleidigungen.
Nicht alle Parteien geben Rückmeldung
Tierschutzpartei: Die Direktkandidatin von „Mensch Umwelt Tierschutz“, Michaela Rutte, berichtet, dass sie beim Plakatieren „nur allerbeste Reaktionen erfahren“, habe. Bisher seien keine Plakate abgerissen oder beschädigt worden.
Von den Freien Wählern und der Partei Die Linke gab es keine Rückmeldung.
Wo plakatiert werden darf
Richtlinien dafür, wo Wahlwerbung an Straßen erlaubt ist, gibt der Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz auf seiner Homepage. Die Standorte müssen im Vorfeld mit den zuständigen Straßenbaubehörden abgestimmt werden. An Verkehrszeichen dürfen grundsätzlich keine Wahlplakate angebracht werden. Wahlwerbung darf nicht über oder in erheblicher Höhe neben dem Verkehrsraum angebracht werden, etwa an den Außenseiten der Geländer von Brücken, die über Straßen führen. Sie darf zudem nicht so aufgestellt werden, dass dadurch Verkehrszeichen verdeckt oder die notwendigen Sichtfelder beeinträchtigt werden. Auch die Innenflächen von Kreisverkehrsplätzen seien tabu. Für die Genehmigung zur Plakatwerbung sind die Gemeinden zuständig. Beispielhaft heißt es von der Verbandsgemeinde Montabaur, dass für die Plakate im öffentlichen Raum nur die Masten der Straßenlaternen infrage kommen. Von der Verwaltung wurde ein Plakatierungszeitraum vom 13. Januar bis zum 28. Februar festgelegt. bau