In einer Zeit, in der Nachrichten über Krieg und weitere Katastrophen die internationalen Schlagzeilen bestimmen, setzte der Große Wallfahrtstag in Marienstatt am Donnerstag ein hoffnungsvolles Gegenzeichen: Denn die Hoffnung im christlichen Sinne war das bestimmende Thema des Pontifikalamtes auf dem Abteihof, dem Weihbischof Gerhard Schneider aus dem Bistum Rottenburg-Stuttgart als Hauptzelebrant vorstand.

Als sich die ersten Pilger am frühen Morgen auf den Weg gemacht hatten, gingen über dem nördlichen Westerwald noch starke Regenschauer – begleitet von stürmischen Böen – runter. Der kritische Blick nach oben begleitete die Wallfahrer, die aus den Diözesen Trier, Limburg, Köln, Mainz und Paderborn gekommen waren, den gesamten Tag über, doch zumindest während der Messe unter freiem Himmel blieb es trocken. Phasenweise wurden die zuhauf mitgebrachten Regenschirme sogar stattdessen gegen aufblitzende Sonnenstrahlen eingesetzt.
Doppeltes Jubiläum zu feiern
Von Picknickdecken, Holzbänken und Klappstühlen aus lauschten die zahlreichen Gläubigen den positiven Worten von Weihbischof Schneider, der erläuterte, dass Hoffnung viel mehr sei als Optimismus oder Idealismus. Während die beiden letztgenannten Begriffe auf menschlich Machbares beschränkt blieben, gehe Hoffnung über das irdische Dasein hinaus und sei unverzichtbar mit dem Glauben an Gott verbunden. Für die ersten Christen, so der Gast aus Süddeutschland, habe der Glaube bedeutet, hoffen zu dürfen. Wer hoffe, rechne mit Gottes Handeln – im Leben und nach dem Tod.

Gerhard Schneider erinnerte daran, dass es für die Pilger an dem Tag doppelten Grund zum Feiern gebe: zum einen wegen der genau 600-jährigen Geschichte des Gnadenbilds der Schmerzhaften Gottesmutter Maria von Marienstatt als Initialzündung für die lange Historie der Wallfahrten hierher, zum anderen wegen des noch vom verstorbenen Papst Franziskus ausgerufenen Heiligen Jahres 2025, das unter dem Motto „Pilger der Hoffnung“ stehe und dem der frühere Pontifex das Leitwort „Spes non confundit“ – „Die Hoffnung enttäuscht nicht“ – vorangestellt habe.
„Wer hoffnungsvoll, geerdet und zufrieden ist, kann auch andere groß werden lassen.“
Weihbischof Gerhard Schneider
Wer in Hoffnung lebe, sagte der Weihbischof, werde nicht enttäuscht. Vorbild für ein hoffnungsvolles Leben sei die Gottesmutter Maria, so Papst Franziskus zum Abschluss seiner Verkündigungsbulle zum Heiligen Jahr. Weihbischof Schneider interpretiert diese Botschaft folgendermaßen: Wer hoffnungsfroh ist, ist mit sich selbst im Reinen, nimmt sich so an, wie er ist, und muss andere nicht kleinmachen.

Ex-Bundesbanker ist Hauptzelebrant in Marienstatt
Seine Bezüge in den Westerwald sind vielfältig: Am Großen Wallfahrtstag ist der Ex-Bundesbanker und heutige Weihbischof Gerhard Schneider Hauptzelebrant in Marienstatt. Wir haben vorab mit ihm gesprochen.
Maria habe erkannt: „Der Herr hat Großes an mir getan.“ Das gelte für jeden einzelnen Menschen: Jeder habe unverwechselbare Talente, Gaben, Charismen und könne etwas so gut, wie sonst niemand in einem bestimmten Moment. Die Christen seien dazu aufgerufen, diese Geschenke zu nutzen, Hoffnung zu teilen, um auch andere zu stärken, groß zu machen.

Wie dies aussehen kann, machte der Geistliche an einem alltäglichen Beispiel deutlich, mit dem er vor allem die vielen Kinder und Jugendlichen unter den Anwesenden ansprach: Oftmals seien Erwachsene mit den Funktionen eines Handys überfordert, während die Jüngeren den Umgang spielend beherrschten. Doch sie sollten dieses Gefälle nicht als Machtprobe ansehen und die Älteren – etwa bei der Installation einer App – nicht demütigen, sondern ihnen auf Augenhöhe zeigen, wie es funktioniert. Von derlei Beispielen gebe es jeden Tag unzählige.
Gute Wünsche für die Gläubigen
Wer gelassen sei und von Hoffnung getragen werde, sei in der Lage, den ersten Schritt hin zum Frieden zu gehen. Diese Hoffnung wünschte Gerhard Schneider zum Abschluss den vielen Gläubigen auf dem Abteihof, die wiederum seine Predigt mit Beifall belohnten.

Der Marienstatter Wallfahrtspater Ignatius Fritsch dankte dem Weihbischof für seine „erbaulichen Worte“, allen Mitwirkenden des Wallfahrtstages – vor und hinter den Kulissen – für ihre Unterstützung sowie dem „himmlischen Vater“ dafür, dass er dies alles erst ermögliche. Den Pilgern wünschte Pater Ignatius, „dass Sie an dem Tag manche geistliche Frucht pflücken können“.
Weihbischof wohnte als Student kurze Zeit in Marienstatt
Pater Benedikt Michels, Administrator der Abtei Marienstatt, hieß die Pilger, die aus allen Himmelsrichtungen zum Großen Wallfahrtstag kamen, willkommen. Er erinnerte daran, dass der Hauptzelebrant des Tages, Weihbischof Gerhard Schneider aus der Diözese Rottenburg-Stuttgart, vor Jahren Student an der Hochschule der Deutschen Bundesbank auf Schloss Hachenburg war. Als solcher habe er sogar eine gewisse Zeit in Marienstatt gewohnt. Aufgrund seiner engen Verbundenheit habe er die Einladung des Konvents zum Wallfahrtstag schnell angenommen. Unter den Pilgern machte Pater Benedikt etliche „Wiederholungstäter“ aus, die bereits seit Jahrzehnten am Oktavtag nach Fronleichnam betend und singend in Gemeinschaft ins Tal der Nister kommen. Ihnen dankte der Mönch für ihre „Treue zum Glauben“. Mit Freude begrüßte er aber ebenso alle neuen Gesichter. Er hoffe, dass es nicht ihre erste und letzte Teilnahme bleibe, so Pater Benedikts Wunsch. nh
