Motorradfans aus Langenhahn
Wäller feiern Rennsiege mit historischen Gespannen
Hannes Schneider und Dominik Zorn (links) bei einem Rennen auf der historischen Strecke Schleizer Dreieck: Am Ende siegt das Motorradgespann mit den gleichmäßigsten Rundenzeiten.
Johannes Schneider

Viele jüngere Menschen kennen Motorradgespanne nur noch aus alten Filmen. Doch die kultigen Krafträder mit Beiwagen drehen noch immer ihre Runden auf Rennstrecken, und eines der erfolgreichsten Teams Deutschlands kommt aus Langenhahn und Umgebung.

Eines der erfolgreichsten Teams im Motorsport mit historischen Fahrzeugen kommt aus Langenhahn und Umgebung: Motorradfahrer Hannes Schneider aus Hölzenhausen und seine Mitstreiter belegten im vergangenen Jahr den dritten Platz in der Deutschen Historischen Motorradgespann-Meisterschaft (DHM). Die Wertungsklasse für die Gespanntypen C+Y+Z konnte er sogar gewinnen. Längst hat sich das Team „Wäller on Sidecars“ (WOS) überregional einen Namen gemacht. Im Frühjahr starten die Westerwälder motiviert in die neue Saison.

Beim Betreten der Garage von Hannes Schneider in Hölzenhausen stellen sich sofort nostalgische Gefühle ein. Der Fuhrpark das Wäller Teams besteht inzwischen aus drei historischen BMW-Gespannen, die dem technischen Stand der 1960er- und 1970er-Jahre entsprechen. Das erste Fahrzeug schaffte Schneider im Jahr 2016 an. Seit 2017 ist er mit seiner Stamm-Beifahrerin Karin Bleser auf den Rennstrecken in Deutschland und im benachbarten Ausland unterwegs – und wird dabei immer erfolgreicher.

Ende einer überaus erfolgreichen Saison (von links): Beifahrer Dominik Zorn, Fahrer Hannes Schneider, Beifahrerin Karin Bleser und Mechaniker Michael Zimmermann bei der Siegerehrung 2024 am Schottenring.
Johannes Schneider

Das Team freilich besteht aus deutlich mehr als zwei Personen: Etwa 10 bis 15 Helfer und Unterstützer sind regelmäßig dabei, wenn in der warmen Jahreszeit die Rennwochenenden anstehen. Sollte Karin Bleser verhindert sein, springt Dominik Zorn als Beifahrer (sogenannter „Schmiermaxe“) ein. Hin und wieder übernehmen Peter und Jan Kohlhaas ein zweites Gespann des Wäller Teams. Nicht zuletzt sind auch Michael Zimmermann aus Himburg (Mechaniker) und Siegfried Frensch aus Langenhahn (Unterstützer und Berater) sowie Bilgin Schneider (Teambetreuerin) mit von der Partie.

Wenn die historischen Gespanne über den Nürburgring oder den Schottenring knattern, sind auch die Zuschauer nicht weit. Bei gutem Wetter verfolgen schon mal bis zu 15.000 Menschen das Spektakel, berichtet Hannes Schneider. Dabei gibt es durchaus spannende Überholmanöver und Zweikämpfe zu sehen. Doch am Ende gewinnt nicht unbedingt das schnellste Gespann: Die Rennen der DHM sind sogenannte Gleichmäßigkeitsläufe. Ziel ist es, möglichst konstante Rundenzeiten zu fahren. Für jede Abweichung von der selbst gesetzten Referenzzeit gibt es Strafpunkte.

Der "Schmiermaxe" muss sportlich topfit sein. Das Foto zeigt Fahrer Hannes Schneider und Beifahrerin Karin Bleser bei einem Rennen auf dem Nürburgring.
Johannes Schneider

Dieser Wettkampfmodus ist materialschonend und ermöglicht auch älteren Motorradfahrern die Teilnahme. Das heißt aber nicht, dass es bei den Rennen gemütlich zugeht. Die Gespanne des Wäller Teams können durchaus 200 km/h erreichen und müssen aufgrund ihrer historischen Bauweise ohne moderne technische Hilfsmittel wie ABS auskommen, erklärt Hannes Schneider. Geht doch mal etwas kaputt, muss auf Basis des technischen Reglements improvisiert werden. Originalteile gibt es für die alten Maschinen meist nicht mehr. „Jedes Gespann ist ein Unikat“, ergänzt der Fahrer.

Besonders den Beifahrern wird bei den Läufen körperlich einiges abverlangt. Sie müssen durch Verlagerung ihres Gewichts dafür sorgen, dass die Gespanne eine stabile Lage in den Kurven haben. Mitunter hängen sie fast senkrecht nur wenige Zentimeter über dem Asphalt. „Nach einem 20-minütigen Rennen spürt man jeden Muskel“, berichtet Dominik Zorn lachend.

Das Kernteam besteht aus (von links) Karin Bleser, Bilgin und Hannes Schneider, Jan Kohlhaas, Dominik Zorn, Peter Kohlhaas und Michael Zimmermann. Auf dem Foto fehlt Siegfried Frensch.
Johannes Schneider

Für das neue Jahr haben sich die Wäller wieder viel vorgenommen. Sie haben den sportlichen Ehrgeiz, ihre hervorragende Leistung aus dem Vorjahr zu bestätigen und vielleicht sogar noch zu steigern. „Wir sind zum ersten Mal bei allen Meisterschaftsläufen angetreten und direkt so weit vorne gelandet“, freut sich Schneider. Ohne den einen oder anderen technischen Defekt hätte es wahrscheinlich sogar zum Meistertitel gereicht, meint er. Auf solche Probleme will man 2025 noch besser vorbereitet sein.

Noch wichtiger als der sportliche Erfolg ist dem WOS-Team allerdings das Gemeinschaftsgefühl. „Der Spaß steht ganz klar im Vordergrund“, sind sich die Teammitglieder einig. „Im Fahrerlager herrscht an jedem Wochenende eine tolle Atmosphäre.“ Die Motorsporttouren führen die Wäller immer wieder zu den schönsten und berühmtesten Rennstrecken im Land. Die regelmäßigen DHM-Starter sind sich dabei auch freundschaftlich verbunden.

Motorradgespanne prägten den Verkehr vor dem Auto

Motorradgespanne waren vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein verbreitetes Verkehrsmittel. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden sie im Straßenbild zunehmend vom Auto verdrängt, das auch für den Durchschnittsbürger erschwinglich wurde. Gespanne entwickelten sich in der Folge zu einem Nischenprodukt für Liebhaber. Vor allem im Rennsport werden sie aber bis heute eingesetzt. Das Team „Wäller on Sidecars“ (WOS) verfügt über einen BMW 750 Sitzer (Baujahr 1967) und einen BMW 750 Kneeler 16 Zoll (Baujahr 1970). Außerdem wurde eine BMW Wendel 1000 ccm komplett neu aufgebaut und auf den technischen Stand von 1975 gebracht. tfe

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