Die Seniorin wohnt allein und hat keine Angehörigen. Morgens um 7 Uhr brauche sie ihre Spritze: Einen Pflegedienst zu finden, der pünktlich zur gewünschten Zeit bei ihr sein kann, gestalte sich jedoch sehr schwierig.
Die ambulanten Pflegestationen im Westerwald leiden unter dem Fachkräftemangel
Renate Fischer hatte auch auf die Hilfe der Krankenkasse gesetzt. Denn die müsse ihr einen Pflegedienst vermitteln, betont die Rentnerin. Die Pressestelle der Barmer erklärt dagegen auf Nachfrage unserer Zeitung: „Der Barmer Pflegelotse unterstützt bei der Suche nach geeigneten Anbietern in der Umgebung: www.barmer.de/pflegelotse“. Neben den Kontaktdaten und Preisen der einzelnen Anbieter fänden sich hier Informationen über deren individuelle Qualität: „Natürlich erhalten unsere Versicherten alle Informationen auch in unseren Geschäftsstellen“, so die Pressestelle weiter. Letztere Leistung kann Renate Fischer kaum in Anspruch nehmen: Sie kann keine weiten Strecken laufen.
Doch der Liste nahm sie sich an. Sie habe alle Dienste durchtelefoniert, sagte Renate Fischer. Die einen hätten keine Zeit, die anderen führen ihren Wohnort nicht an. „Die ambulanten Pflegestationen im Westerwald leiden auch unter Fachkräftemangel“, weiß die 72-Jährige. Das kann Walter Frohneberg bestätigen. Er ist Kreisverbandsvorsitzender des Sozialverbands VdK und erklärt, dass Pflegegrad III eine schwere Beeinträchtigung sei: „Das ist das Problem, da braucht man qualifizierte Pflegekräfte.“ Und die seien auch im Westerwald gesucht, wie überall, weiß Frohneberg.
Auch die Caritas bewegt sich am Rande ihrer Kapazität
„Die Dienste haben keine Kapazitäten“, weiß auch Claudia Brockers, Abteilungsleiterin für ambulante Pflege des Caritasverbands. Gerade erst habe ein Pflegedienst im Westerwald geschlossen. Die Menschen, die dort versorgt wurden, müssten nun bei anderen ambulanten Pflegediensten untergebracht werden. „Wie sollen wir das schaffen?“, fragt sie und fährt fort: „Der Bedarf ist so hoch, so schnell können die Pflegedienste gar nicht wachsen.“
Brockers zeichnet auch für die Caritas-Mitarbeiter beim Pflegestützpunkt verantwortlich, der Pflegebedürftige und deren Angehörige unterstützt. Dorthin war Renate Fischer von ihrer Krankenkasse verwiesen worden, zusammen mit der Liste von ambulanten Pflegediensten, deren Leistungen von der Barmer übernommen werden. Dazu erklärt die Barmer: „In den Pflegestützpunkten können sich Versicherte zu Pflegethemen beraten lassen. Werden Pflegeleistungen benötigt, unterstützen diese zentralen Auskunfts- und Beratungsstellen bei der Vorbereitung und Organisation der Pflege vor Ort,“ heißt es.
Der Mitarbeiter beim Pflegestützpunkt habe zunächst gesagt, dass er wegen des Datenschutzes keine Pflegedienste anfragen könne, erinnert sich Renate Fischer. Das könne sie sich kaum vorstellen, sagt Claudia Brockers dazu.
Pflegebedürftige müssten keine Sorge haben
Auch die Caritas bewege sich am Rande ihrer Kapazität. Doch die wichtigsten Dinge müssten passieren. „Die Leute, die medizinisch versorgt werden müssen, werden versorgt“, versichert Brockers. Da müssten Pflegebedürftige keine Sorge haben. Doch auch da könne es sein, dass die Menschen zeitlich etwas flexibel sein müssten. „Dann kann es statt 7 Uhr schon mal 8.15 Uhr werden“, sagt Brockers. Und wenn auf einmal 40 Leute hauswirtschaftliche Leistungen benötigten, ginge das nicht, weiß die ausgebildete Krankenschwester und Pflegedienstleitung.
Das allerdings sei für Renate Fischer nicht möglich, sagt die 72-Jährige. Zeiten zwischen halb zehn und halb elf seien ihr angeboten worden, doch: „Ich habe Diabetes, reagiere empfindlich auf Medikamente und muss das durchtakten“, erklärt die Frau.
Dazu erklärt die Barmer, grundsätzlich bestehe für Pflegebedürftige die Möglichkeit, auf eine Einzelpflegekraft zurückzugreifen für die Pflege, wenn vor Ort kein ambulanter Pflegedienst die Pflege übernehmen könne. „Hierzu schließt die Pflegekasse dann einen Vertrag mit der Einzelpflegekraft ab“, so die Krankenkasse. Und auch Claudia Brockers bietet noch einmal ihre Hilfe an. „Und das machen wir für jeden, der zu uns kommt“, betont sie.