Genau genommen gibt es diesen Weg parallel zur Straße bereits. Er ist jedoch streckenweise kaputt oder komplett zugewachsen.
Auch eine Machbarkeitsstudie gibt es, die die Verbandsgemeinde Vallendar im vergangenen Jahr aktualisieren ließ. Denn den beteiligten Verbandsgemeinden Vallendar und Höhr-Grenzhausen ist klar, dies ist eine Lücke unter anderem im Europäischen Radwegenetz, die eigentlich geschlossen werden müsste.
Dieser Weg wäre nicht nur eine touristisch interessante barrierefreie Verbindung zwischen dem Westerwald, Koblenz und Neuwied, sondern auch eine, die Berufspendlern neue Möglichkeiten eröffnen würde. „Wenn wir die Mobilitätswende wirklich voranbringen wollen, müssen solche Verbindungen hergestellt werden“, sind sich Martin Ramb und Iris Westphal einig.
Nachdem der Ursprung der Studie für diesen Radweg bereits aus dem Jahr 2015 stammt, kam das Thema beim Stadtradeln in Höhr-Grenzhausen in diesem Sommer wieder ins Gespräch. Dort haben Iris Westphal und Martin Ramb in ihren jeweiligen Gruppen „Fuß- und Radweg Ferbachtal“ sowie „Sicher nach Vallendar – Koblenz by bike“ mit den Teilnehmern diskutiert. Darunter waren einige Leute, die den Weg durchaus als Weg zur Arbeit nutzen würden.
Dabei wurden auch die bestehenden Verbindungen diskutiert, die aber weniger alltagstauglich sind. Das seien zum Beispiel Waldwege, die dunkel und unübersichtlich sind, sowie ein weiterer Radweg, der streckenweise steil, und damit ebenfalls nicht barrierefrei ist. Und schließlich: „Der Radweg neben der L 308 ist doch da, er müsste nur ertüchtigt werden“, betont Martin Ramb. Nach seinem Eindruck sei das Problem eine gewisse Kirchturmpolitik, weil drei Kommunen beteiligt wären, die nicht gleichermaßen von dem Projekt profitieren würden.
Dabei, so Ramb weiter, könne dies ein Projekt sein, das auch mit Blick auf die Bundesgartenschau 2029 der gesamten Region gut zu Gesicht stünde. Auch im Sinne der Mobilitätswende müssten gewisse Meilensteine formuliert und abgearbeitet werden. Der Bedarf sei da, wie der zunehmende Fahrradverkehr auf der L 308 zeige, betont Iris Westphal. Aber diese Straße sei kurvenreich, eng und marode. Also nicht nur für Wanderer, Kinder und Rollstuhlfahrer, sondern auch für E-Bike-Fahrer sehr gefährlich.
Die offiziell Beteiligten konnten sich bisher nicht entschließen, ein gemeinsames Projekt daraus zu machen. Der Grund: Die Kosten, die gemäß der aktuellen Studie bei 2,8 Millionen Euro lägen. Das Teilstück, das in der Gemarkung der Stadt Höhr-Grenzhausen, ausgebaut werden müsste, noch nicht eingerechnet. Und: Das größte Teilstück liegt in der Gemarkung Weitersburg, der Kommune, die rein gar nichts von dieser Wegeverbindung hätte. Ortsbürgermeister Jochen Währ erklärt dazu auf Anfrage: „Die Planung wurde vom Ortsgemeinderat Weitersburg zur Kenntnis genommen, da sich für die vorgestellte Planung zunächst die Stadt Vallendar und Stadt Höhr-Grenzhausen abstimmen sollten.“
Während eines Abstimmungsgespräches zwischen den beteiligten Kommunen und Verbandsgemeinden im vergangenen Jahr kam es wiederum zu keinem nennenswerten Ergebnis. „Rund zwei Drittel des Weges liegen in der Gemarkung Weitersburg, eine Gemeinde, die überhaupt nichts von dem Radweg hätte. Diesen Anteil müsste die Stadt Vallendar übernehmen“, erklärt Wolfgang Heitmann, Stadtbürgermeister von Vallendar. „Das ist aber finanziell nicht machbar, weshalb der Stadtrat die Planungen eingestellt hat.“
Dabei gesteht auch Heitmann zu, dass diese Verbindung für Berufspendler ein Gewinn wäre. Den eigenen Streckenanteil könne die Stadt zuschießen, weil in Vallendar ohnehin mit Hochdruck an einem Fahrradwegekonzept gearbeitet werde. „Ich halte viel vom Nahverkehr mit dem Fahrrad, wir müssen auf jeden Fall die Fahrradinfrastruktur attraktiver gestalten, bisher sind wir für zukünftige Anforderungen nicht aufgestellt“, so Heitmann weiter. Wenn es also andere Finanzierungsmöglichkeiten gäbe und die Stadt tatsächlich nur ihren sehr geringen Anteil tragen müsste, könnten die Planungen wieder aufgenommen werden, betont Heitmann.
Wie Fred Pretz, Verbandsgemeindebürgermeister in Vallendar berichtet, hatte die VG bereits 1992 ein Radwegekonzept selbst entwickelt, das auch die jetzt diskutierte Wegeverbindung enthält. Aufgrund anderer politischer Gewichtungen war es aber nur teilweise zur Umsetzung des Konzepts gekommen.
Im Jahr 2011 seien dann durch den Westerwaldkreis Befahrungen des Kreisgebiets und der angrenzenden Regionen gemacht worden, so berichtet Pretz weiter, die in diesem Fall eine Anbindung von Höhr-Grenzhausen über den sogenannten Gumschlag in Vallendar vorsahen. Die vorliegende Machbarkeitsstudie sollte dazu eine Variante mit weniger Anstiegen untersuchen. Die Studie wurde seitens der VG Vallendar im Jahr 2020 aktualisiert, die Gesamtkosten für den Streckenausbau betragen demnach 2,8 Millionen Euro.
Diese Aktualisierung war Grundlage für die im November vergangenen Jahres beim LBM Rheinland-Pfalz gestellte Fördervoranfrage. Die Rückmeldung des LBM aus dem März dieses Jahres bestätigte zwar die generelle Förderfähigkeit. Details zum Beispiel, auf Basis welches Förderprogramms dies erfolgen könne, seien jedoch nicht benannt worden, so Pretz. Die VG Vallendar sei nach wie vor von der Sinnhaftigkeit des Konzepts überzeugt, daher würden auch weitere Schritte in Richtung Umsetzung unternommen. Hierbei müssten jedoch alle betroffenen Gemeinden in der VG Vallendar politische Unterstützung bekunden, so Pretz.
Theoretisch mit nur einem kleinen Teilstück, praktisch aber vor allen betroffen, sind Stadt und VG Höhr-Grenzhausen sowie der Westerwald als touristische Region, die über den diskutierten Verbindungsweg an Attraktivität gewinnen würde. So bekunden Thilo Becker als Verbandsgemeindebürgermeister sowie Michael Thiesen als Stadtbürgermeister großes Interesse. „Ich stehe bereits seit dem Jahre 2011 mit dem Kollegen Fred Pretz in Vallendar diesbezüglich in Verhandlung“, erklärt Thilo Becker auf Anfrage.
Damals sei diese Strecke von ihm erstmals thematisiert worden, und seitdem habe es verschiedene Gespräche mit den Amtskollegen in Vallendar gegeben. „Ich befürworte die Idee und auch eine Umsetzung. Allerdings muss man auch wissen, dass der Großteil der Strecke nicht im Gebiet der Verbandsgemeinde Höhr-Grenzhausen verläuft und wir nur einen Bruchteil der Kosten tragen müssten, wenn es zu einer klassischen Kostenverteilung kommt“, bringt Becker das Grundproblem noch einmal auf den Punkt.
„Die angedachte Trasse stößt in Höhe des städtischen Bauhofes in die Gemarkung Höhr-Grenzhausen. Die Fortführung um die Kläranlage entlang der L 308 bis zur Einmündung in die Rheinstraße beträgt ungefähr einen Kilometer. Es ist das kleinste Stück des Radweges, der größere Streckenanteil liegt in der Gemarkung Weitersburg und Vallendar.“
Becker verweist auch auf das eigene Radmobilitätskonzept, das dem Landesbetrieb Mobilität vorliegt. Darin werde auch der Radweg parallel zur L 308 aufgeführt und gebeten, bei einem Ausbau oder bei Sanierungsmaßnahmen der Landesstraße auch die Mitführung eines Radweges zu beachten. Denn die L 308 sei ohnehin in einem sehr desolaten Zustand und müsse dringend einer Generalsanierung unterzogen werden, so Becker. Und weiter: „Sollte hierbei nicht auch der Radverkehr berücksichtigt werden, wäre dies für mich absolut unverständlich. Gerade das Land Rheinland-Pfalz hebt die Verkehrswende hervor und könnte hier ein Leuchtturmprojekt initiieren.
Indes können sich Martin Ramb und Iris Westphal vorstellen, daraus auch ein Bürgerprojekt zu machen, um eventuell Kosten einzusparen: „Es wäre ein großartiges Zeichen, wenn sich hierfür die verschiedensten Akteure finden ließen.“ Aber auch das ginge nicht ohne ein Konzept, das über Politik und Behörden abgesichert ist.