„Besonders problematisch ist der Mangel an ausgebildeten landwirtschaftlichen Fachkräften, der aktuelle Preisdruck durch stagnierende Erzeugerpreise für Biolebensmittel und gestiegene Kosten für Energie und Diesel“, machen Katharina Schaffrin-Gros und Karl-Martin Gros bei einem Gespräch im Vorfeld der diesjährigen Agrarbildungstage Montabaur deutlich. Vor diesem Hintergrund hat die Bauernfamilie den Entschluss gefasst, die Produktion tiefgreifend zu verändern. In mehreren Teilschritten soll die Umstellung vom Landwirt zum Energiewirt erfolgen. Die Tierhaltung mit 80 Milchkühen und Nachzucht soll aufgegeben werden. Das Grünland soll perspektivisch über eine Biogasanlage, die ausschließlich mit Grassilage und Grüngut beschickt wird, verwertet werden. Weiterhin soll auf einer Fläche von einem Hektar eine Freiflächenfotovoltaikanlage eigenwirtschaftlich errichtet werden.
Fachkräftemangel stellt großes Problem dar
„Unser Betrieb wird seit 1760 als landwirtschaftlicher Familienbetrieb geführt und bewirtschaftet in der Höhenlage von 530 Metern etwa 315 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche mit Milchviehhaltung“, erläutert Seniorchef Karl-Martin Gros. Im Jahr 2009 wurde der Betrieb bereits auf „öko“ umgestellt. Die Betriebsfläche sei vorwiegend durch Grünland geprägt und werde über die Milchkühe (80 Kühe und Nachzucht) und für die Produktion von Heu genutzt.
„Durch den großen Produktionsumfang ist der Betrieb den Zwängen und Problemen der landwirtschaftlichen Praxis in besonderem Maße unterworfen“, macht dazu der Dienststellenleiter des Dienstleistungszentrums (DLR) Westerwald-Osteifel in Montabaur, Dr. Johannes Noll, deutlich. „Fehlende Fachkräfte stellen für viele zukunftsfähige Betriebe im Westerwald ein kaum lösbares Problem dar. Angelerntes Personal kann die hohen Anforderungen in der Produktionstechnik und der Tierhaltung kaum erfüllen.“
„Der Betrieb Gros ist ein hervorragendes Beispiel, wie der Transformationsprozess Landwirtschaft laufen kann“, machen Markus Mille, Geschäftsführer der Bezirksgeschäftsstelle des Bauern- und Winzerverbandes Altenkirchen-Neuwied-Westerwald, der Westerwälder Kreisvorsitzende Matthias Müller sowie Ralf Koch, Vorsitzender der Erzeugergemeinschaft Westerwald Taunus, deutlich. Besonders bedauerlich sei allerdings, dass damit einhergehend regional immer weniger Lebensmittel produziert werden und die Rinderhaltung in den dafür prädestinierten Mittelgebirgslagen zunehmend weiter reduziert werde.
Aber auch die Transformation vom Landwirt zum Energiewirt wirft einige Probleme auf: „Wir wollen zum Beispiel die noch nicht mit Fotovoltaik genutzten Dachflächen für die Produktion von Solarenergie nutzen“, kündigt Gros an. „Momentan ist das aber nicht möglich, da der Energieversorger kein ausreichendes Leitungsnetz zur Verfügung stellt.“ Ein eigenwirtschaftlicher Anschluss sei unrentabel, weil dafür allein etwa 500.000 Euro notwendig werden.
„Diese Situation ist vielerorts anzutreffen und wirkt kontraproduktiv auf den Ausbau regenerativer Energien“, stellt Matthias Müller fest, der selbst einen Hof ganz in der Nähe betreibt. Die Agrarbildungstage Montabaur sollen nächste Woche Wege aufzeigen, wie Klima- und Umweltschutz mit Ernährungssicherheit und dem Erhalt einer ökonomisch tragfähigen Landwirtschaft im Raum Westerwald/Taunus vereinbar sind.