Grundsatzbeschluss gefasst
VG Hachenburg forciert die Energiewende
Mithilfe einer Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) möchte die Verbandsgemeinde Hachenburg die Energiewende managen. Der Rat hat dazu in dieser Woche einen Grundsatzbeschluss gefasst. Die angestrebte AöR soll ihren Trägern eine Beteiligungsmöglichkeit bei der Planung und Umsetzung von Energieprojekten - zum Beispiel bei Windkraftanlagen - bieten. Unser Archivfoto zeigt Anlagen auf dem Hartenfelser Kopf.
ROEDER-MOLDENHAUER. Röder-Moldenhauer

Wie kann die Energiewende auf kommunaler Ebene gelingen? Diese Frage treibt den Verbandsgemeinderat Hachenburg um, der zum Thema jetzt einen Grundsatzbeschluss zur Gründung einer Anstalt öffentlichen Rechts gefasst hat.

Die Verbandsgemeinde (VG) Hachenburg möchte beim Thema Energiewende neue Wege gehen. Dazu hat der Rat in dieser Woche in seiner Sitzung im Gemeindehaus Steinebach mehrheitlich per Grundsatzbeschluss für die Gründung einer Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) gestimmt, mit der der Ausbau der erneuerbaren Energien vorangetrieben werden soll.

Mithilfe einer kommunalen Energiegenossenschaft sollen, so heißt es in der Beschlussvorlage, Projekte der erneuerbaren Energieerzeugung sowie der Nutzung, des Transports, der Speicherung und der Vermarktung von Energie innerhalb der Ortsgemeinden und der Stadt Hachenburg sowie der VG umgesetzt werden. Darüber hinaus soll eine solche Gesellschaft unter anderem einen Beitrag zur gestärkten kommunalen Beteiligung, zum Klima- und Umweltschutz, zur Förderung der regionalen Wirtschaft und zur Beteiligung der Bürgerschaft gewährleisten, so die weitere Begründung.

Potenzialflächen für Windenergie sollen gebündelt und vermarktet werden

In einem ersten Schritt sollen Windenergiepotenzialflächen innerhalb der VG Hachenburg gebündelt und vermarktet werden. Dadurch, so das Ziel, soll eine gestärkte Marktposition gegenüber Projektierern von Windkraftanlagen eingenommen werden. Zur Umsetzung all dieser Maßnahmen ist die Gründung der AöR geplant. Dieses Modell bietet nach Einschätzung von Bürgermeisterin Gabriele Greis, des Ersten Beigeordneten Marco Dörner sowie von Stefan Maiborg, Geschäftsführer der Kommunalberatung Rheinland-Pfalz, für das Vorhaben die besten Beteiligungsmöglichkeiten und die größte Flexibilität. Zu dieser Erkenntnis sei man durch die Vielzahl an vorbereitenden Infoveranstaltungen gekommen.

Tatsächlich wurde der Vorschlag schließlich bei 29 Ja-, 5 Nein-Stimmen und einer Enthaltung mit deutlicher Mehrheit angenommen, doch war dem noch einmal eine intensive, rund einstündige Diskussion vorausgegangen. Vor allem ging es dabei um die Frage, wer wann an der Ausarbeitung einer Satzung der AöR beteiligt wird. Laut Beschlussvorlage soll die VG-Verwaltung einen Entwurf erstellen, der anschließend in der Versammlung der Ortsbürgermeister und im Ältestenrat der VG in einer gemeinsamen Sitzung zur Beratung vorgelegt und final durch den VG-Rat beschlossen werden soll. Partner in der AöR sollen alle 32 Ortsgemeinden, die Stadt und die Verbandsgemeinde werden. Über die Anzahl der Stimmen würden die Anteile am Stammkapital entscheiden.

Leukel beantragt frühere Beteiligung der Standortgemeinden

Hachenburgs Stadtbürgermeister und WGH-Fraktionsmitglied Stefan Leukel hatte zunächst beantragt, zumindest die Kommunen, die über Potenzialflächen für Windkraft verfügen, gleich zu Beginn in die Erstellung eines Satzungsentwurfs einzubinden, „damit eine Beteiligung der Ortsgemeinden nicht nur ein Lippenbekenntnis bleibt“, so sein Argument. Das sahen Michael Birk (SPD) und CDU-Fraktionssprecher Johannes Kempf anders. Birk sagte, die WGH nehme die übrigen Orte nicht ernst, wenn sie nur die Standortgemeinden frühzeitig einbinden wolle. Zudem gehe kein Ortsbürgermeister ohne die Rückversicherung seines Gemeinderates in die zum Thema geplante Dienstbesprechung. Kempf meinte, man müsse das Rad nicht neu erfinden, sondern könnte eine bestehende Vorlage zur Gründung einer AöR als Basis nehmen. Da alle Kommunen betroffen seien, klinge der Vorschlag von Leukel wie eine vorgeschaltete Geheimdiplomatie. Auch Stefan Maiborg war der Ansicht, dass die Verwaltung erst einmal „Fleisch an den Knochen“ und eine Diskussionsgrundlage schaffen sollte. Leukels Antrag wurde schließlich mehrheitlich abgelehnt.

Die Grundsatzentscheidung zur AöR nannte Johannes Kempf „richtig“. Die Energiewende können nur gelingen, wenn man unten anfange. Und sie funktioniere nicht, wenn alle sagten: „Aber bitte nicht bei mir.“ Rohstoffe müssten dort genutzt werden, wo sie vorhanden seien. Im Falle der Windkraft sei das eben auf den Bergen. Durch die AöR blieben die Kommunen selbst Akteure – und auch in finanzieller Hinsicht sei das Projekt nicht zu verachten.

Was die Fraktionen zum Projekt sagen

SPD-Fraktionssprecher Clint Sikorski sagte, mit dem nun eingeschlagenen Weg stelle sich die VG Hachenburg zukunftsfähig auf. Jeder Bürger solle und könne davon profitieren und sich aktiv daran beteiligen. Durch den „menschengemachten Klimawandel“ komme man nicht umhin, für nachfolgende Generationen und zum Schutz der Umwelt jetzt aktiv zu werden. Die VG erfülle damit ihre Aufgabe der Daseinsvorsorge.

Die WGH stimmte der Gründung unter Vorbehalt zu. Vorbehalt deswegen, weil die Fraktion in der künftigen Satzung der AöR sieben Punkte berücksichtigt sehen möchte, wie Christian Usinger erläuterte. Dazu zählt unter anderem, dass Projektierungs- und Betriebsgewinne möglichst in großem Umfang den Ortsgemeinden und der VG zugutekommen und dass keine Energieerzeugungsanlagen gegen den Willen der jeweiligen Standortkommune errichtet werden sollen.

Kunz: Wertvolle Naturräume nicht zerstören

Markus Kunz (Bündnis 90/Die Grünen) betonte, dass die Energiewende nicht dazu da sei, Haushalte zu sanieren, sondern um Schaden von Mensch und Tier fernzuhalten. Eine AöR sei sinnvoll, wenn sie solidarisch umgesetzt werde. Es sei dabei aber zu kurz gedacht, dass Windräder automatisch Naturschutz seien. Gerade beim „Tafelsilber“ wie etwa den FFH-Gebieten sowie Natur- und Landschaftsschutzgebieten könne man auch sehr viel kaputtmachen, weshalb Kunz dringend dazu aufrief, naturschutzfachliche und -rechtliche Belange unbedingt zu berücksichtigen. Bei der Planung von Windrädern müsse der Leitspruch gelten: „So viel wie nötig, so wenig wie möglich.“

Philipp Weber (FDP) warnte vor finanziellen Risiken, die in der Folge entstehen könnten, wenn unter dem Dach der AöR verschiedene Gesellschaften gegründet würden, für die die Kommunen im Zweifelsfall Geld „nachschießen“ müssten und dadurch in Schieflage geraten könnten. „Da muss man vorsorgen“, forderte Weber.

Eine klare Absage erteilte AfD-Fraktionssprecherin Clara Alexander dem gesamten Vorhaben. Es sei unerklärlich, wie der einzelne Bürger jemals einen Vorteil aus dem Projekt ziehen könnte.

Greis: Fraktionen sollen Leitplanken für Satzung erstellen

Nachdem die WGH-Fraktion ihren Sieben-Punkte-Plan als Voraussetzung zur Zustimmung zur Gründung einer Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) vorgelegt hat und die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen die strenge Beachtung naturschutzfachlicher und -rechtlicher Vorgaben in der AöR-Satzung einfordert, hat Bürgermeisterin Gabriele Greis die übrigen Fraktionen aufgerufen, ihrerseits ebenfalls Leitplanken zu erstellen und einzureichen, die sie sich für die Satzung wünschen. Die Verbandsgemeinde verfolge dieses Thema nicht zum eigenen Vorteil, sondern um möglichst viele Vorteile für alle 33 Mitgliedskommunen herauszuholen. Die AöR zur Umsetzung der Energiewende sei eine große Chance für die Region, so Greis weiter. nh

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