Kultur im Montabaurer Gewölbe
Vertonung gibt Kästners Pointen neue Direktheit
In dem reizvollen Ambiente des historischen Gewölbes in Montabaur gastierten der Komponist Philipp Riedel (am Klavier) und der preisgekrönte Sänger Max Dollinger als Chansonnier und Moderator.
Hans-Peter Metternich

Dem Schriftsteller Erich Kästner widmen Komponist und Pianist Philipp Riedel und Sänger Max Dollinger einen Abend. Die Vertonung verleiht Kästners Prosa und Versen eine neue emotionale Direktheit im Ambiente des Montabaurer Gewölbekellers.

Was die „Kultur im Keller“ im historischen Kellergewölbe an der alten Stadtmauer in Montabaur an Vielfalt zu bieten hat, das wurde am Dienstag mit einem Erich-Kästner-Abend einmal mehr deutlich. In dem reizvollen Ambiente gastierten der Komponist Philipp Riedel (am Klavier) und der preisgekrönte Sänger Max Dollinger als Chansonnier und Moderator. Das Duo präsentierte Kästners pointenreiche Satiren, seine bekannte Sachlichkeit sowie seine messerscharfen Gesellschafts- und Beziehungsanalysen durch die musikalische Vertonung mit einer neuen emotionalen Direktheit.

Mirco Meurer, der neben Jutta Linden-Quirmbach für das künstlerische Angebot verantwortlich zeichnet, nicht zuletzt wegen seiner weit verzweigten Vernetzung in der Kunst- und Kulturszene, freute sich über die Treue der „Kellerkinder“, um es mal salopp zu formulieren. Denn wie könnte es anders sein, der Keller war wieder restlos ausverkauft. Die Freunde der „Kultur im Keller“ wissen, die Veranstalter werden ihrem selbst auferlegten Ehrgeiz, Kunst mit Niveau und hohem Anspruch zu bieten, stets gerecht. Philipp Riedel und Max Dollinger waren ein klingendes Beispiel dafür.

Philipp Riedel hat die feinsinnige und filigrane Musik den Gedichten von Erich Kästner so zu sagen ‚auf den Leib‘ oder in die Verse geschrieben.
Hans-Peter Metternich

Meurer kündigte ein „neues“ Kästner-Programm an. Neu deshalb, weil Philipp Riedel bekannte und auch weniger bekannte Gedichte des deutschen Schriftstellers und Publizisten vertont hat. Eine reizvolle Idee und ein musikalisches Kleinod, wie Max Dollinger es bezeichnete, womit die beiden Protagonisten in jüngster Zeit on tour waren. Der historische Gewölbekeller in Montabaur darf sich da nicht ohne Stolz in die Reihe großer Kulturmetropolen wie Dresden, München und Berlin stellen, denn dort gaben Riedel und Dollinger auf ihrer Tournee ein Gastspiel. Und das nicht nur zufällig: In Dresden wurde Erich Kästner 1899 geboren, in Berlin wurden seine Bücher 1933 verbrannt, und in München hat er gelebt und ist dort 1974 gestorben. „In Montabaur beschließen wir unsere musikalische Reise mit Erich Kästner und ich gestehe gerne, dass wir uns hier in dem Ambiente mit der kleinen aber feinen Bühne pudelwohl fühlen“, versicherte Max Dollinger, der auf charmante Art durch den Abend führte, durchaus glaubhaft.

An dieser Stelle sei noch einmal erwähnt, dass die kleine, aber feine Bühne und vor allem das unvergleichliche Ambiente vor einem baldigen Aus stehen könnte, denn die Zukunft der Kultur im historischen Montabaurer Kellergewölbe liegt weiterhin im Dunkeln. „Wir können für die Sequenz ‚Kultur am krummen Dienstag’ für das zweite Halbjahr noch nichts planen, denn wie es weitergeht, wissen wir immer noch nicht, obwohl sich ein Lichtstreif am Horizont abgezeichnet hat“, bedauert Jutta Linden-Quirmbach gegenüber unserer Zeitung. Man bleibe aber weiterhin zuversichtlich und werde berichten.

Das historische Kellergewölbe in Montabaur war am Dienstagabend wieder restlos ausverkauft.
Hans-Peter Metternich

Doch zurück zum Erich-Kästner-Abend. „Erich Kästner gibt es in vielen Varianten. Heute Abend stehen seine zeit- und systemkritischen Gedichte im Mittelpunkt unserer Darbietungen, und da werden weder ‚Emil und die Detektive‘, ‚Pünktchen und Anton‘ oder ‚das doppelte Lottchen‘ zu Gast sein“, stellte Max Dollinger klar, was zu hören sein würde. Der eine oder die andere mögen etwas anderes erwartet haben, aber die Besonderheit lag in den zeit- und systemkritischen Gedichten. Und eine weitere Besonderheit beeindruckte nicht nur den Sänger Dollinger, der den Vertonungen der Gedichte durch Philipp Riedel höchstes Lob zollte. Ein Zuhörer meinte: „Die feinsinnige und filigrane Musik ist den Gedichten so zu sagen ‚auf den Leib‘ oder in die Verse geschrieben, und Max Dollinger hat sie nicht minder feinfühlig und sensibel interpretiert.“

An dem Abend gab es keinen frenetischen Beifall oder ein tosendes Publikum. Die meist tiefgreifenden hintergründigen Texte der oft satirisch formulierten gesellschafts- und zeitkritischen Gedichte, mal nachdenklich, mal humoristisch, verdienten höchste Anerkennung, die das Publikum den beiden sympathischen Interpreten dankbar und wohlwollend entgegenbrachte.

Top-News aus der Region