Der Trierer Erzbischof und Kurfürst Boemund hielt bei der Verleihung der Stadtrechte an Montabaur die Fäden in der Hand
Verleihung der Stadtrechte an Montabaur: Wie der Trierer Erzbischof und Kurfürst Boemund einst die Fäden in der Hand hielt
Das markante Schloss Montabaur steht noch heute symbolisch für die Bedeutung der Stadt im Mittelalter.
Sascha Ditscher

In diesen Tagen lohnt es sich, einer der für die Geschichte der Stadt Montabaur wichtigsten Persönlichkeiten zu gedenken: Kurfürst Boemund I. von Warsberg, Kurfürst von Trier. Denn er ist mitverantwortlich dafür, was Montabaur heute ist: eine Stadt.

Das markante Schloss Montabaur steht noch heute symbolisch für die Bedeutung der Stadt im Mittelalter.
Sascha Ditscher

Sein Geburtsdatum liegt im Dunkeln, gestorben ist er am 9. Dezember 1299 in Trier, beigesetzt in seinem Lieblingskloster Himmerod in der Eifel. Die Familie stammte vom unteren Mittelrhein und gewann im 13. Jahrhundert an Bedeutung. Daher ist es sicher kein Zufall, dass ein Sohn zum Erzbischof und Kurfürst von Trier gewählt wurde.

Um 800 wurde Trier zum Erzbistum erhoben. Zunehmend drängte das Erzstift zum geschlossenen Territorium zwischen Mosel und Rhein – bis zum heutigen Bad Breisig – und überschritt die Rheingrenze zum Westerwald. Seit dem 13. Jahrhundert war der Trierer Erzbischof als einer der sieben Kurfürsten an der Wahl des deutschen Königs beteiligt. In dieser beginnenden Hochzeit des Stifts, im Jahr 1289, erschien Boemund auf der kirchlichen und politischen Bühne des Reichs.

Zwar gab es bekanntere Personen aus dem Erzbistum, zu dem Montabaur circa 800 Jahre lang gehörte. Doch im Zusammenspiel mit König Rudolf von Habsburg verstand es Boemund, jede Machtmöglichkeit für sich zu nutzen.

Vor allem im 13. Jahrhundert gehörte es zum landesherrlichen Konzept, Städten im Landesausbau eine wichtige Rolle zuzuweisen. Montabaur lag am östlichen Ende des Erzstiftes, daher kam der Stadt eine besondere Bedeutung zu. Boemund nutzte seine guten Kontakte zu Rudolf von Habsburg, der zwei Monate nach der Stadtrechtsverleihung starb. Boemund versprach ihm, sich bei der Nachfolge und Kurwahl für seinen Sohn Albrecht einzusetzen.

Ohne die guten Verbindungen dieser beiden – mit klaren macht-orientierten Nebenabsichten – hätte Montabaur keine Stadtrechte bekommen und wäre sicher nicht so bedeutsam für die Entwicklung im östlichen Teil des Erzstifts geworden. Ein Historiker hat die Verleihung der Stadtrechte als „einen der wichtigsten Einschnitte in der mehr als 1000-jährigen Geschichte“ bezeichnet. Die Trierische Territorialpolitik passte in den Trend der Stadtrechtsverleihungen im 13. Jahrhundert, das die höchsten Zahlen in der Geschichte der Städtewerdung verzeichnete.

Wappen am Torbogen des Schlosses erinnern an die Geschichte des Bauwerks.
Thorsten Ferdinand

Mit seiner Idee, 1291 gleichzeitig mit Montabaur fünf weiteren Siedlungen die Stadtrechte zukommen zu lassen, erweiterte er den bis dahin auf Trier und Koblenz begrenzten Anteil der Städte im Erzstift. Die entsprechende, von Rudolf unterzeichnete Verleihungsurkunde war nicht auf die Stadt Montabaur und die anderen Städte ausgestellt, sondern wurde dem Erzbischof als Initiator und Landesherr ausgehändigt. Boemund als Landesfürst erwirkte den Städten Rechte, um auf diese Weise seine eigene Herrschaft zu stärken.

Die Stadtwerdung ist also kein individuelles Ereignis der Stadt Montabaur im Kontakt mit dem König, sondern vor allem Sache des Landesherrn. Einerseits war Boemund ein leutseliger Realpolitiker und Seelsorger, der sich für das Wohl seiner Untertanen einsetzte, andererseits stärkte er die machtpolitischen Ambitionen des greisen Königs, die darauf abzielten, seine Herrschaft in der Familie durch die Wahl seines Sohnes Albrecht zu stärken.

Mit drei Königen, die zeitgleich seine Zeit in Trier prägten, arrangierte sich Boemund, sodass er auch im Kreis der Reichsfürsten, vor allem auch unter den anderen sechs Kurfürsten, seinen Einfluss geltend machen konnte. An Boemund erinnern nur das älteste Flurkreuz der Pfalz bei Göllheim und sein Grab in Himmerod. Die Stadtrechtsverleihung ist also nicht auf Ansinnen der Stadt, der Bürger erfolgt, sondern ausschließlich dem Trend der Stadtrechtsverleihungen im 13. Jahrhundert und dem machtpolitischen Taktieren Boemunds zu verdanken.

Um 1300 war die Ausdehnung des Trierischen Herrschaftseinflusses an der gesamten Mosel, zeitweise von Metz bis an den Rhein und darüber hinaus bis Montabaur, abgeschlossen und auf dem Höhepunkt. Dieses gesamte Machtgehabe wurde dann in der Goldenen Bulle von 135 mit dem heute daran erinnernden Königsstuhl hoch über dem Rhein gekrönt. Was bis heute fehlt, ist eine Würdigung der Stadt Montabaur für ihren Gönner.

Verliehen hat die Stadtrechte der König, vordergründig profitiert haben die neuen Städte. Symbolisch zeugt das Montabaurer Schloss von der überragenden Bedeutung. Montabaur war Nutznießer dieser epochemachenden Verbindung zwischen kirchlicher und weltlicher Macht – beginnend mit Boemunds Weitblick vor genau 730 Jahren. Heute würde man seine Entscheidungen und Taten nachhaltig nennen.

Top-News aus der Region