In den vergangenen Jahren wurde viel über den Mann aus dem Westerwald berichtet. In Zeitungen in Liechtenstein und der Schweiz, in kirchlichen Medien und jüngst auch in der „Süddeutschen Zeitung“ finden sich Artikel, viele mit seinem Namen und seinem Bild. „Er soll wissentlich über das Internet auf pornografische Darstellungen Minderjähriger zugegriffen haben. Pfarrer Jäger kann bis heute nicht nachvollziehen, warum ihm ein solcher Vorwurf gemacht wird“, erklärt sein Anwalt in einer Pressemitteilung von 2020. Dieses Verfahren wurde mangels Beweisen eingestellt.
Brustbereich mit Öl massiert?
Zudem soll der Mann im Oktober 2019 einem damals achtjährigen Mädchen im Pfarrhaus von Ruggell in Liechtenstein den Brustbereich mit einem Öl massiert haben, berichtet unter anderem kat.ch, das zum Katholischen Medienzentrum im Auftrag der Römisch-Katholischen Kirche in der Schweiz gehört. Zum Vorwurf des sexuellen Missbrauchs an einem Kind war der Mann zuletzt vor das Kriminalgericht in Vaduz geladen.
Dort erschien er nicht zur Hauptverhandlung. „Zu dem Prozess am 14. Dezember 2023 in Vaduz wurde ich nicht ordentlich geladen“, erklärt der Westerwälder auf seiner Website. Die Schlussverhandlung habe auf unbestimmte Zeit vertagt werden müssen, schloss das Gericht in Vaduz laut kat.ch. Der ehemalige Pfarrer sieht sich als Opfer der Justiz. Auf unsere Nachfrage antworteten weder der Angeschuldigte noch dessen Anwalt. Nun hat die Staatsanwaltschaft Koblenz Anklage erhoben und schreibt dazu: „In der Anklage wird einem heute 49-jährigen Mann aus dem Westerwaldkreis zur Last gelegt, im Jahre 2019 sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vorgenommen zu haben.“
Er ist vom Dienst freigestellt und darf weder innerhalb noch außerhalb des Erzbistums Vaduz als Priester tätig sein.
Das Erzbistum Vaduz in Liechtenstein auf Anfrage zum Fall des ehemaligen Pfarrers Thomas J.
Am zuständigen Amtsgericht in Montabaur werde derzeit vom zuständigen Vorsitzenden Richter des Schöffengerichts entschieden, ob die Anklage zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet werde, erklärt der Direktor des Amtsgerichts Montabaur, Ralf Tries.
Dem Angeschuldigten und dessen Anwalt sei die Anklage zugestellt worden. Ihnen sei Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden, die jüngst eingegangen sei. Da der Mann seinen Wohnort im Bereich der Staatsanwaltschaft Koblenz habe, sei diese zuständig. Sie habe Kenntnis von dem Fall erlangt und sei verpflichtet, Ermittlungen einzuleiten – auch parallel zu anderen Ermittlungen, wie in Liechtenstein.
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Dem Angeschuldigten scheint das eine gute Nachricht. „Endlich stehen die Chancen gut, dass das Verfahren zum ersten Mal rechtsstaatlich behandelt wird“, schreibt der Geistliche auf seiner Internetseite, der sich dort immer noch als „Pfarrer“ betitelt, obwohl er suspendiert ist und nicht seelsorgerisch tätig sein darf.
Über den Status quo informiert
Der zuständige Pfarrer des Ortes, in dem der Angeschuldigte heute lebt, sei über die Beschuldigungen und den Status quo informiert worden, erklärt Stephan Schnelle, Pressesprecher des Bistums Limburg. Dort hat der heute 49-Jährige das Priesterseminar besucht. Dort wurde er aber nicht zum Priester geweiht, denn er habe „die Kriterien, die das Bistum Limburg an Personen stellt, die zum Priester geweiht werden, nicht erfüllt“, sagt Stephan Schnelle. Zu den Gründen könne er mit Blick auf die Persönlichkeitsrechte des Mannes nichts sagen.
Auf allgemeine Gründe angesprochen, antwortet Stephan Schnelle: „In der Ausbildung wird von den Verantwortlichen unter anderem geprüft, ob der Priesterkandidat die nötige persönliche Reife mitbringt. Der gefestigte Glauben, eine Verwurzelung zur Diözese, Leitungsfähigkeit, Sprachfähigkeit und akademische Fähigkeiten sind ganz allgemein wichtige Voraussetzungen.“
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Der Geistliche wurde kurze Zeit später im Erzbistum Vaduz in Liechtenstein zum Priester geweiht. Das machte als „Schwurbelbistum“ nicht zuletzt deshalb von sich reden, weil es, wie das St. Galler „Tagblatt“ berichtete, zu einem „Nest für eine Clique reaktionärer und verhaltensauffälliger Prediger“ geworden war.
„Die Gründe für die Weihe von Thomas J. sind dem Apostolischen Administrator nicht bekannt“, erklärt das Erzbistum Vaduz auf die Frage, warum der damalige Bischof den Westerwälder zum Priester geweiht hatte. Zum Status quo des Westerwälders schreibt es: „Er ist vom Dienst freigestellt und darf weder innerhalb noch außerhalb des Erzbistums Vaduz als Priester tätig sein.“
Während über den Mann in Medien in Liechtenstein, der Schweiz und zuletzt auch in Deutschland berichtet wurde, ist sein Fall in seinem Heimatort unbekannt. Vor einigen Jahren sei das eine Weile Thema im Dorf gewesen, berichtet dessen Ortsbürgermeister. Doch aktuell sei ihm nichts bekannt.
Voraussichtlich öffentlich
Wenn der Vorsitzende Richter am Amtsgericht in diesem Fall die „überwiegende Wahrscheinlichkeit der Verurteilung nach einer Anklage“ sehe, so der Direktor des Amtsgerichts Montabaur weiter, dann werde sie zugelassen, und es komme zu einer Hauptverhandlung. Sollte es dazu kommen, werde sie aller Voraussicht nach öffentlich geführt.