Im Rahmen einer klimafreundlichen Mobilitätswende prüft das Land Rheinland-Pfalz unter anderem die Reaktivierung von stillgelegten Bahnstrecken. Kürzlich hat die Brexbachtalbahn in diesem Zusammenhang von sich reden gemacht. Beim sogenannten Kosten-Nutzen-Index hat die Strecke den sensationellen Wert von 3,89 erreicht. Damit nimmt sie den Spitzenplatz innerhalb der zwölf untersuchten Routen ein, die im Auftrag des Landes von einem Fachbüro für eine mögliche Reaktivierung des Schienenpersonennahverkehrs unter die Lupe genommen wurden.
Die Freude darüber ist beim Vorsitzenden des Vereins, Adolf Bongartz, und seinem Stellvertreter Michael Baaden groß. „Das ist toll und gibt unserer ehrenamtlichen Arbeit Aufwind“, sagen beide beim Termin mit unserer Zeitung in Ransbach-Baumbach. Voraussetzung für die Förderfähigkeit eines solchen Reaktivierungsprojekts durch den Bund ist ein positiver Nutzen-Kosten-Faktor von größer als 1. Dann erst übersteigt der berechnete monetarisierte Nutzen die Kosten. Untersucht wurden dabei unter anderem mögliche Reisezeitgewinne, Verlagerung von motorisiertem Individualverkehr auf den ÖPNV und positive Umwelt- und Klimaeffekte, etwa CO2-Einsparungen. Bau- und Betriebskosten sind ein weiterer Faktor.
Deutlich auf Platz eins
Die Brex liegt mit ihrem Wert deutlich auf Platz eins vor dem Reaktivierungskandidaten Koblenz – Lützel – Rübenach (– Bassenheim). Der Quotient für diese 9,5 Kilometer lange Strecke 3015 liegt bei 2,63. Auf Platz drei folgt die 13,4 Kilometer lange Strecke Münchweiler – Monsheim (Zellertalbahn) mit einem Faktor von 2,03. Diese Untersuchung ist aber keine Garantie dafür, dass zwischen Engers und Siershahn wieder Züge rollen werden. Das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität (MKUEM) erstellt derzeit ein Ranking, welches ermittelt, welche derzeit stillgelegten Strecken bei der Reaktivierung priorisiert werden. Dabei werden die Deutsche Bahn (DB) und das Bundesverkehrsministerium mit einbezogen. Sind alle Punkte mit der DB und dem Bund geklärt, wird, um eine Gleichbehandlung aller potenziellen Reaktivierungskandidaten zu gewährleisten, zudem geprüft, welche Projekte in welcher Reihenfolge angegangen werden, heißt es vonseiten des Ministeriums.
Bei den beiden Vorständen des Vereins Brexbachtalbahn herrscht nach jahrelangem Ringen um Unterstützung für eine Wiederinbetriebnahme Ernüchterung. Denn vonseiten der Politik, allen voran dem Westerwaldkreis und der Verbandsgemeinde Ransbach-Baumbach, herrsche seit Jahrzehnten Gegenwind. „Wir können uns kaum vorstellen, dass ein Schienenpersonennahverkehr wieder aufgenommen wird, auch wenn es sich mit den Anliegergemeinden Engers, Bendorf, Grenzau, Ransbach-Baumbach und Siershahn bestimmt lohnen würde – vor allem, wenn man den Güterverkehr zusätzlich intensiviert“, so Bongartz. 22 Tonnen Last pro Achse sind möglich. Tontransporte wären also kein Problem. Vor der Landtagswahl rechnet der Vorsitzende mit keiner Entscheidung. Noch fehlt auch die wichtige Anbindung an die Rheinstrecke in Engers in Form einer dort einzubauenden Weiche, um auch das wichtigste Teilstück Engers – Grenzau in Betrieb nehmen zu können.
Verein wartet auf Veröffentlichung des Rankings

Mobilitätsministerin Katrin Eder hatte im Februar 2023 an einer Befahrung der Brex teilgenommen und sich laut Michael Baaden begeistert gezeigt. „Was haben Sie für eine schöne Strecke“, habe sie den Vereinsmitgliedern gesagt. „Das hat Mut gemacht.“ Die Brexbachtalbahn ist eine bedeutende historische und in ihrer Art einzigartige Bahninfrastruktur, die im weiten Verlauf ohne Konkurrenz zu einer Straße verläuft und mit ihrem Gebirgs- und Talbahncharakter zweifellos zu einer der schönsten Bahnstrecken Deutschlands gehört.

Strecke hat 36 Brücken und Viadukte sowie sieben Tunnel
Seit Mai 2021 gibt es auf der Brexbachtalbahnstrecke eine generelle Betriebserlaubnis für den Güterverkehr zwischen Grenzau und Siershahn. Seitdem wird die Strecke für sporadische Holztransporte und das Abstellen von Güterwagen genutzt.
Sie bindet den Ballungsraum Koblenz-Neuwied und das Rheintal an den Westerwald und den ICE in Montabaur an und verbindet zwei Naturparks. Z ahlreiche Premiumwanderwege und eine erstklassige Hotellerie und Gastronomie liegen direkt an der Strecke. Im Verein wartet man nun gespannt auf die Veröffentlichung des Rankings.