Dabei gibt es auch schon mal gehörnte Rangkämpfe, wenn sich zwei an ein- und derselben leckeren Blume in die Quere kommen. „Wir wollen kleinere Herden Ziegen und Schafe an den Stellen einsetzen, die geeignet oder auch schwer zugänglich sind, um dort naturnahe Wiesen zu fördern“, erklärt Markus Kuch als Sachgebietsleiter Umwelt der Verbandsgemeinde Montabaur das Beweidungsprojekt der Stadt Montabaur, das zurzeit auf fünf verschiedenen Flächen angedacht ist.
Das Gelände am Bahndamm, auf dem die Ziegen derzeit stehen, ist gut 4000 Quadratmeter groß und voll von blühendem Löwenzahn. Das schmeckt den Ziegen, aber es ist auch ein Zeichen von nährstoffreichem Boden, der unter anderem durch das Mulchen beim Mähen entsteht.
„Auf solchen Böden wachsen kaum heimische Gräser und Wildblumen“, erklärt Markus Kuch. Eben die seien aber für die Artenvielfalt von Flora und Fauna ganz besonders wichtig. Insofern versucht die Stadt Montabaur, auf diesen sogenannten Eh-da-Flächen zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, denn diese Art der Beweidung spart Arbeit und dient der Natur.
„Große Schafherden wie die von Wanderschäfern wären für dieses Projekt nicht geeignet“, erklärt Kuch. Und es sei bisher schwierig gewesen, Schäfer zu finden, die so kleinteilig arbeiten. Deshalb kommen der Verbandsgemeinde die drei Hobbyschäfer Florian Kaiser (Girod), Christian Ludwig (Eschelbach) und Marco Quirmbach (Horressen) gerade zur richtigen Zeit.
Während Kaiser zu den Schafen auch Ziegen hat, stellen Quirmbach und Ludwig ihre Schafherden in Horressen und Eschelbach zur Verfügung. Dort dürfen sie sich regelmäßig vor allem in Bereichen nützlich machen, in denen der Bärenklau überhandgenommen hat. „Schafe kann man eigentlich überall hinstellen, denn sie gehen nicht an Bäume und Buschwerk“, erklärt Markus Kuch. Ziegen dagegen fressen eigentlich fast alles Grüne und recken sich auch schon mal an einem Baum hoch, um leckere Blätter zu erwischen.
Der Schäfer Florian Kaiser hat vor circa sieben Jahren auch mit der Zucht von Burenziegen begonnen. Mittlerweile ist daraus die „Schäferei Kaiser“ geworden, denn Kaiser besitzt neben 24 Ziegen auch zehn Schwarzkopfschafe, darunter vier Lämmer sowie eine Schar Hühner mit Hahn. „Seitdem die Tiere hier stehen, kommen die Leute von weither, um sie sich anzuschauen“, erzählt Kaiser vom Heimatstandort in Kleinholbach.
Doch nicht immer sind alle Tiere daheim. Denn die Nachfrage nach kleinen Herden für die Beweidung von Biotopen wächst. So stehen Kaisers Ziegen und Schafe auch hier und da in Biotopen, die durch den Tonabbau entstehen. Nur die Hühner nutzt er für seinen eigenen Bedarf. Um den Bestand auszubauen, werden Ziegen und Schafe einmal im Jahr gedeckt.
Die Böckchen unter den Jungen müssen aus der Herde raus, sobald sie groß genug sind. In der Regel werden sie an andere Züchter weiterverkauft. Der Rest der Herde dient der Beweidung und dem Spaß. Denn die Ziegen zum Beispiel sind handzahm und pflegeleicht. Ein Grund auch, aus dem sie sich schnell an den donnernden ICE gewöhnt hatten.
Eigens für dieses Projekt hat sich Florian Kaiser einen Pferdeanhänger gekauft und mit der Aufschrift „Schäferei Kaiser“ versehen. In den Hänger passen gut zehn Tiere, die damit an den jeweiligen Standort gefahren werden. Der wiederum wurde zuvor von Kaiser selbst mit einem Elektrozaun begrenzt, damit die Tiere nicht ausbrechen können. „Burenziegen springen in der Regel nicht über den Zaun“, er habe aber auch schon andere Arten gehabt, für die selbst der Elektrozaun kein Hindernis war. Ein fahrbarer Unterstand mit angebauter Tränke ergänzt die Ausstattung auf der Wiese, die für drei bis vier Wochen das Zuhause der Ziegen sein wird.
Zwei Mal im Jahr sollen nun zunächst zwei Flächen bei Eschelbach, eine bei Horressen, das Wäschbachtal, eine entlang der Fröschpfortstraße in Montabaur sowie die genannte Fläche am ICE-Park beweidet werden, um dort naturnah zu wirtschaften. „Insofern ergänzen sich das Beweidungsprojekt der Stadt und die Biodiversitätsstrategie der Verbandsgemeinde Montabaur“, erklärt Markus Kuch weiter.
Nicht nur, dass diese Flächen durch die Schafe und Ziegen als Blickfang für Spaziergänger an Attraktivität gewinnen, dürften sie absehbar auch wieder auf natürlichem Weg zu blühenden Wiesen werden. Jedes für sich betrachtet, ein Gut, das Bürger und Touristen gleichermaßen interessieren könnte.
Die Burenziege
Die Burenziege, eine Fleischziegenrasse, ist eine Hausziege, die ihren Ursprung in Südafrika hat und vor allem zur Fleischerzeugung gezüchtet wird, heißt es in einer Internetplattform. Die Burenziege stammt von der Hottentottenziege ab, die wiederum ein Abkömmling der Nubischen Ziege ist. In die Art wurden auch Ziegen aus Europa und Indien eingekreuzt. Ein südafrikanischer Zuchtverband existiert seit 1959. Nach Deutschland kam die Burenziege im Rahmen der Verdrängungskreuzung zum Aufbau der Fleischziegenzucht. Die ersten Tiere kamen über die Universität Gießen und in den Jahren 1978/1979 über den Zoo „Wilhelma“ nach Deutschland.