Vogelkundler schwärmen von aktueller Situation
Uhu fühlt sich im Westerwald wieder wohl: Vogel galt Jahrzehnte als ausgerottet
Uhu
Dieses Uhu-Junge hat Hobby-Ornithologe Yannik Steffens aus Hachenburg in der Kroppacher Schweiz mit der Kamera beobachtet. Der Wonneproppen wächst und gedeiht. Ob er noch Geschwister hat, die sich im Felsen versteckt haben, ist nicht bekannt. Bereits im April hatte Yannik Steffens in unserer Zeitung ein Foto von der brütenden Uhu-Mutter veröffentlicht. Ihre Mühen haben sich offenbar gelohnt. Foto: Yannik Steffens
Yannik Steffens

Westerwald. Wenn Vogelkundler im Westerwald über den Uhu reden, können sie schon mal ins Schwärmen geraten: Denn nachdem die Art in unserer Region jahrzehntelang als ausgerottet galt, hat sie sich hier mittlerweile wieder fest etabliert und findet gute Bedingungen zur Partner-, Nahrungs- und Brutplatzsuche vor.

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So hat uns der Hobbyornithologe Yannik Steffens, evangelischer Pfarrer in Hachenburg, auf ein Jungtier aufmerksam gemacht, das er kürzlich in der Kroppacher Schweiz entdeckt hat. Einige Zeit zuvor konnte Steffens das Muttertier bereits beim Brüten beobachten.

Antonius Kunz aus Nister, der als einer der besten Vogelkundler im Westerwald gilt, vermutet, dass es in unserem gesamten Mittelgebirge circa 50 bis 60 Uhu-Brutpaare gibt. „Die Tiere sind nicht selten, sie leben nur meistens recht versteckt“, erklärt er. Zu der Zeit, in der Kunz mit seinen Forschungen begann, war das noch ganz anders: „Zwischen etwa 1910 und 1980 gab es bei uns keinen Uhu. Die Art war durch Bejagung ausgerottet worden.

Vogel ist sehr anpassungsfähig

Erst seit Anfang der 1980er-Jahre gibt es im Westerwald wieder Befunde. Allerdings wurden damals noch viele Tiere Opfer von Stromschlägen durch Mittelspannungsleitungen“, berichtet Kunz. Sei der Uhu früher fast ausschließlich in den steilen Felsen im unteren Wiedtal und in der Kroppacher Schweiz vorgekommen, habe er sich inzwischen weitere Standorte im Westerwald erschlossen, so der Experte. Dazu zählten beispielsweise noch betriebene oder aufgegebene Steinbrüche, große Tongruben sowie alte Industrieanlagen. Seine Bruthöhlen ähnelten Grotten.

Der Vogel sei so unempfindlich, dass er ehedem sogar im Stöffel bei Enspel bei laufender Brecheranlage Junge ausgebrütet habe, erinnert sich Kunz. Auch im Basaltpark in Bad Marienberg habe er schon Exemplare entdeckt, obwohl dieser relativ dicht an der städtischen Bebauung liege. „Wenn der Uhu nicht gejagt wird, ist er sehr anpassungsfähig und kann sogar mitten in Stadtzentren leben“, fügt der Fachmann hinzu.

Die Tiere sind nicht selten, sie leben nur meistens recht versteckt.

Antonius Kunz

Der tatsächliche Bestand dieser Eulenvögel reguliere sich über das Futterangebot. In diesem Jahr gebe es ein hohes Vorkommen von Feldmäusen, was beispielsweise auch etliche Graureiher an die Nister locke. In früheren Zeiten habe es dafür mehr Niederwildbestände wie Hasen oder Hühner gegeben. Nach deren Rückgang wage sich der Uhu auch an junge Füchse oder Wanderratten heran. „Im Zweifel schlägt er auch Stockenten oder Tauben“, weiß Kunz. Der ausgewachsene Uhu hat hingegen keine Fressfeinde, sondern steht ganz am Ende der Nahrungskette.

Gefahren sind alle menschengemacht

Die potenziellen Gefahren für die nachtaktiven Tiere seien allesamt menschengemacht: „Früher war es die Bejagung, heute sind es an manchen Stellen immer noch Mittelspannungsleitungen, die bislang nicht umgerüstet wurden, oder auch die Oberleitung der ICE-Strecke“, erläutert der Ornithologe. Diese Umstände führten bisweilen zu Verlusten. Auch die Witterung habe Auswirkungen auf die Fortpflanzung. So habe beispielsweise 2013 der Winter mit starkem Frost bis in den März/April hinein gedauert. Da Uhus früh im Jahr mit der Brut beginnen, hätten es damals viele Jungtiere nicht geschafft.

Soweit ihm bekannt sei, seien in diesem Jahr aber sämtliche Brutplätze besetzt. Dabei beschränke sich der Uhu längst nicht mehr nur auf felsiges Terrain wie etwa entlang des Unterlaufs der Nister im Grenzgebiet zwischen den Landkreisen Altenkirchen und Westerwald, sondern er habe inzwischen unter anderem die Bodenbrut an großen Wurzeltellern auf Windwurfflächen im Wald für sich entdeckt. Dies könne allerdings zur Gefahr für Jungvögel durch Wildschweine und Waschbären werden. „Dennoch müssen wir uns um den Uhu aktuell keine Sorgen machen“, so Kunz.

Sein Ruf ist weithin hörbar

Der Uhu ist ein standorttreuer Vogel. Er lebt zwar in festen Paaren, zeigt aber darüber hinaus keine Anzeichen von Geselligkeit. Auch die Jungtiere müssen schnell allein zurechtkommen“, bringt der Experte das Verhalten dieser Art augenzwinkernd auf den Punkt. Kunz freut sich besonders, in seinem Wohnort Nister eine Art „Hausuhu“ zu haben, der im Nauberg sein Revier hat. Manchmal, so der Experte, gehe er circa eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang in den Wald, um den Ruf des Vogels zu hören, der bis zu 1000 Meter weit erschalle. In engeren Flusstälern, wie etwa an der Nister, werde der Ruf durch die Echowirkung noch verstärkt.

Angriffe auf Menschen nicht bekannt

Kürzlich hatte ein Mäusebussard-Weibchen an der Nister bei Astert eine Joggerin attackiert (wir berichteten). Angriffe von Uhus auf Menschen, selbst während der Brutzeit, sind dem Vogelkundler Antonius Kunz aus Nister nicht bekannt. Da der Uhu nachtaktiv ist, käme es auch nicht so oft zu Begegnungen mit Menschen, so der Experte. Unter allen Eulenvögeln sei lediglich der Waldkauz dafür bekannt, dass er bisweilen aggressiv reagiere, falls ihm ein Mensch zu nahe komme. nh

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