Am zweiten Verhandlungstag um Angriff auf Herschbacher Schwimmbadparkplatz wurden Gutachten vorgestellt
Totschlags-Prozess: Nach Messerstich bestand keine Lebensgefahr
Auf dem Parkplatz des Herschbacher Schwimmbads kam es im vergangenen Oktober zu der Messerattacke. Foto: Marvin Conradi
Marvin Conradi

Koblenz/Herschbach/Uww. Sie trafen sich höchstwahrscheinlich, um Betäubungsmittelgeschäfte abzuklären, und nun sitzt einer von den beiden jungen Männern auf der Anklagebank: Wegen versuchten Totschlags muss sich weiterhin ein 20-Jähriger aus der VG Selters vor der Jugendkammer des Landgerichts Koblenz verantworten, nachdem dieser auf dem Parkplatz des Herschbacher Freibades einem 24-Jährigen ein neun Zentimeter langes Küchenmesser in ein Schulterblatt gerammt hat. Nach dem zweiten Verhandlungstag ist nun klar: Bei dem Verletzten bestand zumindest keine Lebensgefahr.

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Bereits am ersten Prozesstag hatte das Opfer die Aussage verweigert, da er sich in Bezug auf die Betäubungsmittelgeschäfte wohl selbst belastet hätte (unsere Zeitung berichtete). Am zweiten Verhandlungstag stand die Aussage von Gerichtsmediziner und Gutachter Dr. Peter Neis im Vordergrund. Auf Aufforderung der Staatsanwaltschaft überprüfte er, ob es sich bei dem Messerstich um eine Notwehrsituation gehandelt hatte, wie der Beschuldigte aussagte, oder ob eher von einem heimtückischen Angriff auszugehen ist. Neis erklärte, dass beide Varianten denkbar seien.

Klar ist bislang: Die beiden trafen sich im vergangenen Oktober am Schwimmbad in Herschbach/Uww., um Drogengeschäfte zu besprechen. Was dort genau abgelaufen ist, hat sich bisher nicht vollständig aufgeklärt. Es ist allerdings davon auszugehen, dass es zum Streit kam. Der Geschädigte aus der Alt-VG Altenkirchen soll zunächst den Angeklagten gewürgt haben. Danach wird es unübersichtlich: Während die Staatsanwaltschaft davon ausgeht, dass der Beschuldigte dem 24-Jährigen von hinten heimtückisch in die Schulter stach, behauptet der 20-Jährige, er habe im Getümmel sein Messer gezogen und dem Geschädigten aus Notwehr in den Rücken gestochen.

Nach dem Vorfall fuhr der 24-Jährige zunächst noch mit dem Beschuldigten in Richtung Dierdorfer Krankenhaus. Der 20-Jährige sprang dann aber bei etwa 30 km/h aus dem fahrenden Auto. Letztlich wurde der 24-Jährige mit einem Helikopter zum Bundeswehrzentralkrankenhaus in Koblenz gebracht. Auf die Frage, wie diese Verletzung entstanden sei, gab der junge Mann zunächst zu Protokoll, er sei bei der Arbeit auf eine scharfe Klinge gestürzt, was die behandelnden Ärzte allerdings als nicht glaubhaft einstuften.

Daneben steht der 20-Jährige auch noch wegen verschiedener Drogendelikte vor Gericht. Er musste sich deshalb schon in der Vergangenheit regelmäßig zur Überprüfung bei der Polizei in Montabaur melden. Bei einem seiner Besuche fiel einem der Beamten ein penetranter Cannabis-Geruch auf. Die Folge: eine Anzeige wegen unerlaubten Drogenbesitzes. Bei einer Hausdurchsuchung fanden die Beamten neben Haschisch und Cannabis auch noch Kokain, was laut Aussage des 20-Jährigen alles eine gute Qualität hatte. Zudem entdeckten sie im Zimmer des Angeklagten etwas mehr als 6000 Euro.

Der 20-Jährige stand in der Vergangenheit bereits zweimal vor Gericht. Einmal musste er nach einer Kirmesschlägerei Arbeitsstunden ableisten. Einmal wurde er vom Jugendschöffengericht Montabaur wegen unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln zu einer sechsmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Das 24-jährige Opfer stand derweil ebenfalls schon wegen Drogendelikten mit der Justiz in Konflikt. Dem Angeklagten habe er ohnehin bereits verziehen, wie der junge Mann beim ersten Verhandlungstag in Koblenz erwähnt hatte.

Die Verhandlung in Koblenz wird am kommenden Montag, 21. Juni, um 9 Uhr fortgesetzt. Richter Schlepphorst kündigte an, dass an diesem Prozesstag auch das Urteil fallen soll, sofern nichts Unerwartetes mehr passiert und keine Beweisanträge mehr gestellt werden.

Von unserem Mitarbeiter

Marvin Conradi

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