Gericht Gefährliches Überholmanöver endete tragisch
Tödlicher Unfall bei Zehnhausen: Rentner darf sich bewähren
dpa

Zehnhausen/Westerburg. Die Tragik des Unfalls, bei dem im Mai ein 50-jähriger Mann ums Leben kam, war im Saal 127 des Westerburger Amtsgerichtes spürbar. Er war auf der Bundesstraße 54 in Höhe Zehnhausen unterwegs, als ein 69-Jähriger im Gegenverkehr ein gefährliches Überholmanöver startete und die beiden Wagen frontal aufeinanderprallten. Der 50-Jährige starb noch an der Unfallstelle.

Der 69-Jährige, der bei dem Unfall leicht verletzt wurde, musste sich nun vor dem Amtsgericht Westerburg verantworten. Das Urteil: Ein Jahr und sechs Monate Haft, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung, ein Jahr Führerscheinentzug, 3000 Euro Geldstrafe, und der Verurteilte übernimmt die Kosten des Verfahrens. Die Schuld: Fahrlässige Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs.

Doch diese Strafe schien für den Rentner das geringste Problem zu sein. Er entschuldigte sich unter Tränen bei der Ehefrau des Opfers, die während der gesamten Verhandlung weinend neben ihrem Anwalt saß. Mehrfach beteuerte der Angeklagte, dass er nicht mehr weiß, warum er überholt hat. Es sei ihm klar, dass dies falsch war. Es gebe keinerlei Widerspruch gegen das Unfallgutachten, bekräftigte sein Verteidiger diese Haltung.

Der Rentner war nach eigenen Aussagen am Unfallmorgen um 4 Uhr mit seinem Sprinter losgefahren. Er wollte einen Auftrag in Mainz erledigen und hatte genug Zeit für die Fahrt eingeplant. Als er von der Autobahn abgefahren und in Richtung Rennerod unterwegs war, kam es an den beiden Kreisverkehren zu kleinen Staus. Kurz vor einer Kurve, die durch einen vorausfahrenden Lkw nicht einzusehen war, setzte er zum Überholmanöver an, bedachte den Gegenverkehr nicht und verursachte den tragischen Frontalzusammenstoß.

Als Zeugen waren zwei Männer geladen, die an dem Morgen hinter dem Angeklagten unterwegs waren und das Überholmanöver mit ansehen mussten. Sie seien circa 90 km/h gefahren, und die Fahrweise des Angeklagten sei zunächst nicht auffällig gewesen. Bis er plötzlich und unvermittelt, ohne sich der freien Bahn zu versichern, zum Überholen angesetzt habe. Und dann flogen auch schon Reifen und Autoteile, erzählten beide Zeugen, ebenfalls noch immer sichtlich schockiert. Sie hatten direkt nach dem Unfall eigene Not, ihr Fahrzeug, in dem sechs Menschen saßen, sicher zum Stehen zu bringen. Ob der Unfallverursacher den Blinker gesetzt hatte, daran konnten sich die beiden Männer nicht erinnern.

Die Staatsanwältin ließ schon beim Verlesen der Anklageschrift durchblicken, dass sie hinter dem Verhalten des Angeklagten den „rücksichtslosen Drang“ schnell zu überholen sah. Dies dementierte der Verteidiger noch, doch Richter Hans Helmut Strüder beurteilte den Fall ähnlich. Der Angeklagte habe sich grob verkehrswidrig und rücksichtslos verhalten, sodass ein Leben jäh und unschuldig endete und viel Leid über dessen Familie hereingebrochen ist. Von einem Augenblicksversagen könne hier nicht ausgegangen werden. Allerdings sei der Angeklagte bisher ein ordentlicher und anständiger Mensch gewesen und kein bösartiger Raser. Deshalb räumte der Richter eine Bewährung ein. Die Familie des Opfers ließ wissen, dass sie die Entschuldigung des Angeklagten annimmt.

Von unserer Redakteurin Susanne Willke

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