Kastrieren und Leid ersparen
Tierschützer fordern generelle Katzenschutzverordnung
Ein Großteil der Streunerkatzen ist krank. Tierschützer aus dem Westerwald fordern deshab eine bundesweit gültige Katzenschutzverordnung.
Anna Knappe/Tierheim Ransbach-Baumbach

In der VG Montabaur müssen Freigänger seit 1. März kastriert und gechipt sein. Das Kreisveterinäramt und Tierschutzvereine aus der Region begrüßen diese Regelung. Ihrer Ansicht nach müsste dies bundesweit gelten.

Sie sind krank, verletzt, voller Parasiten, unterernährt, werden überfahren oder ertränkt – so sieht das Leben von Straßenkatzen aus. Als erste und bisher einzige Verbandsgemeinde im Westerwaldkreis hat Montabaur eine Katzenschutzordnung erlassen, um dieses Elend einzudämmen und das Tierheim Montabaur zu entlasten. Die Tierrechtsorganisation Peta hat dies in einer Pressemitteilung gelobt. Auch das Kreisveterinäramt begrüßt die Verordnung ausdrücklich. Tierschützer aus der Region sehen dies als richtigen und längst überfälligen Schritt an. Sie hoffen, dass andere Verbandsgemeinden nachziehen.

Das Kreisveterinäramt betont auf Nachfrage unserer Zeitung: „In den letzten Jahren ist zu beobachten, dass immer weniger Halter ihre Tiere kastrieren und impfen lassen. Über die Gründe kann nur spekuliert werden. Hinzu kommt, dass häufig mehrere Katzen im Haushalt gehalten werden. Sind die Tiere dann nicht kastriert, ist eine Populationsvergrößerung unausweichlich. Diese Zunahme spiegelt sich auch bei den tierschutzrechtlichen Fortnahmen der vergangenen zwei Jahre wider. Im Jahr 2023 wurden durch das Veterinäramt 82 Katzen fortgenommen, wobei 71 dieser Katzen aus einem einzigen Haushalt stammten. Im Jahr 2024 wurden 66 Katzen fortgenommen. 19 dieser Katzen stammten aus einem Haushalt. Häufig sind die weiblichen Tiere trächtig. Die dann geborenen Welpen werden zahlenmäßig von uns nicht erfasst.“

2023 hat das Veterinäramt 82 Katzen fortgenommen, 2024 waren es 66

Durch das Veterinäramt fortgenommene Tiere würden in der Regel bei den im Westerwald ansässigen Tierschutzvereinen untergebracht. Da bei den Vereinen auch noch Fundtiere und Tiere aus Privatabgaben ankommen, arbeiten diese seit Jahren am Limit. Seit Januar dieses Jahres hat der Kreis mit den zwei Tierheimen und der Katzenhilfe eine Vereinbarung zur Unterbringung fortgenommener Tiere geschlossen, die beiden Seiten (Veterinäramt und Vereinen) Entlastung bringen soll. „Rechtlich besteht keine Möglichkeit, dass die Kreisverwaltung eine kreisweite Verordnung erlässt. Die Zuständigkeit liegt bei den Verbandsgemeinden“, erklärt das Kreisveterinäramt.

Schriftführer Peter Ehlers vom Verein Glückshunde, der das Tierheim Ransbach-Baumbach betreibt, sagt: „Wir begrüßen die Katzenschutzverordnung der VG Montabaur und werden in Kürze in gleicher Angelegenheit auch an die VG Ransbach-Baumbach herantreten. Für eine deutschlandweite Verordnung setzt sich der Deutsche Tierschutzbund seit Jahren ein. Leider hat sich bislang noch keine Regierung dazu entschließen können und überlässt es den Ländern und Kommunen. Fund- oder Abgabekatzen werden von uns natürlich kastriert, bevor sie uns dann verlassen.“

Viele unkastrierte Freigängerkatzen werden verletzt - durch Autounfälle oder Revierkämpfe.
Anna Knappe/Tierheim Ransbach-Baumbach

Auch René Diersche, Beisitzer der Katzenhilfe Westerwald, ist froh, dass die VG Montabaur nun eine Katzenschutzverordnung hat. „Wir würden es sehr gut finden, wenn es nicht nur kreisweit, sondern sogar bundesweit einheitlich geregelt wäre, da dies den Tierschutz vereinfachen und vereinheitlichen würde und die rechtlichen Grundlagen nicht von Ort zu Ort unterschiedlich sind.“ Der Verein aus dem Oberwesterwald hat 2023 aus der Verbandsgemeinde Westerburg 46 unkastrierte Fundkatzen, aus der VG Selters 4, aus der VG Wallmerod 3, aus der VG Wirges 1 und aus der VG Hachenburg 10 aufgenommen und versorgt. Hinzu kamen noch aus der VG Bad Marienberg 33 unkastrierte Streuner, aus der VG Rennerod 24 und aus dem Landkreis Altenkirchen 38 Straßenkatzen.

Tierschützer haben große Arbeit damit, Streuner einzufangen und zu kastrieren. Auf den Kosten bleiben sie auch meist sitzen.
Anna Knappe/Tierheim Ransbach-Baumbach

René Diersche macht deutlich: „Wir sind ein sehr kleiner Verein mit wenigen Helfern und mit der Vielzahl der Katzen allmählich überfordert. Die Vermehrung der Streuner im gesamten Westerwaldkreis stellt uns vor immer größere Probleme und nimmt jedes Jahr zu. Eine Kastrations- und Kennzeichnungspflicht würde den Vereinen sehr helfen. Zum einen dürften Katzen dann kastriert werden, ohne dass anschließend Streitigkeiten aufkommen. Zum anderen dürften Katzenbesitzer ihre unkastrierten Katzen nicht mehr ins Freie lassen, sodass die Vermehrung begrenzt wird. Wir hoffen sehr, dass weitere Verbandsgemeinden im Westerwaldkreis eine Katzenschutzverordnung einführen, da dies dem Tierwohl dient, und Tierleid mindert.“

Auch die Verbreitung von Infektionskrankheiten innerhalb der Population könnte durch eine Katzenschutzverordnung verlangsamt werden, so Diersche. Offene Wunden, Parasiten, Darmerkrankungen, Katzenschnupfen und andere Infektionskrankheiten kommen häufig vor. Er schätzt, dass 80 bis 90 Prozent der Tiere krank sind, die als Straßenkatzen zur Katzenhilfe kommen.

Katzenhilfe ist von der Vielzahl an Katzen allmählich überfordert

Zahlen verdeutlichen das potenzielle Elend: Weibliche Katzen werden mehrmals im Jahr rollig. 63 bis 66 Tage nach der Verpaarung bringt eine Katze vier bis sechs Jungtiere zur Welt – manchmal auch weit mehr. Der Deutsche Tierschutzbund rechnet es vor: Angenommen, eine Katze bekomme zweimal im Jahr Nachwuchs. Es überlebten davon je drei Kitten pro Wurf. Dann könne theoretisch, wenn sich diese jeweils weiter verpaaren, bereits ein einzelnes unkastriertes Tier innerhalb von zehn Jahren rund 80 Millionen Nachkommen zeugen.

Der Deutsche Tierschutzbund fordert deshalb schon seit Langem eine flächendeckende Kastrations-, Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für Freigängerkatzen aus Privathaushalten. Jeder Katzenhalter sei in der Pflicht, seinen Freigänger kastrieren zu lassen – weibliche wie männliche. Für Tierärzte sei die Kastration ein Routineeingriff. Leider halte sich hartnäckig das Gerücht, eine weibliche Katze solle erst kastriert werden, nachdem sie einmal Jungtiere bekommen habe. „Diese Behauptung entbehrt jedoch jeglicher wissenschaftlichen Grundlage“, heißt es vonseiten des Tierschutzbundes.

Kastrationen sind für Tierärzte Routineeingriffe. Dr Deutsche Tierschutzbund rät, dies bereits mit fünf Monaten vornehmen zu lassen.
Anna Knappe/Tierheim Ransbach-Baumbach

Um konsequent Nachwuchs zu verhindern, ist es daher am besten, die Tiere bereits mit etwa fünf Monaten – kurz vor Eintritt der Geschlechtsreife – zu kastrieren. Ein weiterer Vorteil: Kastrierte Katzen haben einen geringeren Bewegungsradius und unternehmen weniger ausgedehnte Streifzüge. Sie sind den Gefahren des Straßenverkehrs damit nicht so häufig ausgesetzt wie unkastrierte Tiere, die zum Beispiel auf Partnersuche sind. Außerdem kommt es unter kastrierten Tieren zu weniger Revierkämpfen, was auch das Übertragungsrisiko vieler Infektionskrankheiten verringert. Bei weiblichen Katzen ist laut Tierschutzbund zudem das Risiko geringer, an Tumoren, beispielsweise am Gesäuge, zu erkranken.

Was bedeutet dies für Besitzer?

Mit der neuen Verordnung gilt in der Verbandsgemeinde Montabaur Folgendes: Jede Freigängerkatze muss mit einem Mikrochip gekennzeichnet und in einem Haustierregister (etwa Tasso) registriert sein. Dies erleichtert die Identifizierung und verhindert, dass Tiere als herrenlos gelten. Fortpflanzungsfähige Katzen mit Freigang müssen kastriert werden, oder sie dürfen nur in gesicherten, ausbruchsicheren Bereichen ins Freie. Wird eine nicht gekennzeichnete oder nicht kastrierte Katze aufgegriffen, kann die VG die Kastration und Registrierung auf Kosten des Halters veranlassen. Das Tier kann dann auch vorübergehend in Obhut genommen werden, um den Halter zu ermitteln. Die Möglichkeit dazu, diese Maßnahmen zu erlassen, schuf der Gesetzgeber 2014 mit dem Paragrafen 13b des Bundestierschutzgesetzes. Die Verordnung kann unter www.vg-montabaur.de runtergeladen werden. Weitere Infos gibt es beim Ordnungsamt unter Tel. 02602/126341 oder beim Tierheim Montabaur unter Tel. 02602/180826. cam

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