Kaum 40 Teilnehmer bei Diskussionsrunde mit Vortrag im Seniorenzentrum Horbach - Düsteren Aussichten rasch begegnen
Thema „Demografischer Wandel bedroht die Zukunft“: Nur 40 Teilnehmer bei Soziologen-Vortrag in Horbach
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Die Verantwortlichen freuten sich mit Autor und Soziologe Stefan Schulz (links) über die gelungene Veranstaltung zum Thema „Die Altenrepublik“.
Uli Schmidt/Senioren- und Behindertenrat. Uli Schmidt

Westerwald. Wir sitzen alle in einem Boot – aber in welche Richtung wird es gesteuert? Darum ging es bei der Veranstaltung zum Thema „Die Altenrepublik – wie der demografische Wandel unsere Zukunft gefährdet“ im Gesellschaftsraum des Seniorenzentrums Ignatius-Lötschert-Haus in Horbach. Deutschland, und damit auch der Westerwald, altert viel zu schnell. Das hat vorhersehbar katastrophale Folgen auf allen gesellschaftlichen Ebenen.

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Nur 40 Leute folgten der gemeinsamen Einladung des Fördervereines der Einrichtung, des VdK-Kreisverbands, des Generationenbüros der VG Montabaur und des Netzwerk Senioren- und Behindertenrat Westerwald. Der Soziologe Stefan Schulz, der zum Thema das gleichnamige Buch geschrieben hat, referiert. „Man muss nur rechnen können, um zu merken, dass wir auf eine üble Situation zusteuern. Von den Boomerjahrgängen gehen 18 Millionen Menschen in Rente, aber es werden nur 11 Millionen volljährig“, führte er aus.

Welche gesellschaftlichen Verwerfungen das mit sich bringe, verdeutliche die Tatsache, dass bald jährlich 500.000 Menschen mehr in Rente gehen als gleichzeitig ins Arbeitsleben eintreten. Das sei kein unbezwingbarer Dämon. „Aber die historische Zäsur ist jetzt, unverzüglich, und sie ist ein politischer Auftrag für unsere Generation“, sagte Schulz.

Wohlstand und Lebensfreude drohe abhanden zu kommen

Moderator Uli Schmidt (Horbach) hatte zuvor darauf hingewiesen, dass es nach dem Zweiten Weltkrieg noch nie so viele Krisen wie Ungleichheit, Klimawandel, Krieg, Pandemie und Fluchtbewegungen gleichzeitig gegeben habe. „Und jetzt droht uns mit dem demografischen Wandel auch noch der Wohlstand und die Lebensfreude abhandenzukommen“, so Schmidt. Chris Martin, der Leiter des gastgebenden Seniorenzentrums, wies darauf hin, dass in der Altenpflege immer mehr qualifizierte Arbeitskräfte fehlen. „Inzwischen brauchen wir teilweise fast zwei Jahre, um eine Fachkraftstelle neu zu besetzen“, berichtete der Pflegefachmann, der seit 20 Jahren im gleichen Haus im Buchfinkenland arbeitet.

Schwerpunkt des Abends war die Diskussion mit den Teilnehmern. Eine Frau erklärte, der Staat müsse zu oft die Familie ersetzen, da diese bei der Erziehung überfordert sei. Mit Blick aufs Ehrenamt sagte ein Mitarbeiter aus der Jugendarbeit: „Viele Jugendliche sehen Staat und Vereine kritisch. Die muss man heranführen, sonst wird das nix“. Für Wahlkämpfer der Parteien könne man aus wahltaktischen Gründen nur die Empfehlung geben, das Budget nicht für die Jugend zu verschwenden, so Soziologe Schulz.

Sechsmal mehr Wähler über 50

Dass es bald sechsmal mehr Wähler über 50 als solche unter 30 gebe, sei klar. Ob es für junge Leute noch eine gerechte Zukunft geben kann? „Die haben in ihren besten Jugendjahren Corona erlebt, sie sehen eine Welt in Flammen, für sie selbst mit vielen Lebensrisiken verbunden“, meinte Schulz.

Zum Abschluss wurde diskutiert, was im Westerwaldkreis getan werden kann. Alle lobten das Erstellen einer seniorenpolitischen Konzeption des Kreises, stimmten aber darin überein, dass das nicht ausreicht. „Darauf warten, dass irgendjemand schon die passenden Initiativen ergreifen und Lösungen suchen wird, ist in dieser bedrohlichen Situation kein zukunftsweisendes Handeln“, appellierte Uli Schmidt an die politischen Gremien auf allen Ebenen. red

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