Keine Schäden am Leitungsnetz
Strom weg im Westerwald: Seltene Wetterlage Ursache?
Blick auf die Umspannanlage der Energienetze Mittelrhein (enm) in Westerburg: Auch diese Anlage war am Neujahrstag stundenlang lahmgelegt.
Markus Eschenauer

Keine Heizung, kein warmes Wasser, kein Telefon – der Neujahrstag begann für viele Menschen im oberen Westerwald mit einer bösen Überraschung. Der Strom war großflächig ausgefallen und die Ursache lange Zeit unklar. Inzwischen gibt es eine Erklärung.

Am Tag nach dem stundenlangen Stromausfall im oberen Westerwald geht der Netzbetreiber davon aus, dass der Blackout durch eine seltene Wetterlage verursacht wurde. Starker Wind und ein plötzlicher Temperatursturz haben demnach Leitungen und Isolatoren einfrieren lassen. Dies verursachte einen sogenannten Stoß, der innerhalb von Sekunden einen Stromausfall im nördlichen Westerwald auslöste. Rund 33.000 Haushalte und 85.000 Einwohner waren betroffen.

Wie der Netzbetreiber Westnetz weiter berichtet, wurde am Neujahrstag stundenlang nach einer Schadstelle im Hochspannungsnetz gesucht, doch alles war intakt. Techniker nahmen von einem Hubschrauber aus die Leitungen in Augenschein, sie konnten das Problem jedoch zunächst nicht finden. Die Stromversorgung konnte erst wieder hochgefahren werden, als ein Leitungsschaden als Ursache ausgeschlossen war. Dies dauerte bis in die Mittagsstunden des Neujahrstages.

„Der Ausfall betraf das Hochspannungsnetz der Westnetz. Das ist die überregionale Stromautobahn.“
Marcelo Peerenboom, Pressesprecher der evm-Gruppe.

Die Auswirkungen des längsten Stromausfalls in der Region seit vielen Jahren waren indes auch am Folgetag noch zu spüren. So mussten beispielsweise Supermärkte, die über keine Notstromversorgung verfügen, ihre gekühlten Produkte aus dem Verkauf nehmen.

In manchen Dörfern hatte der Stromausfall hingegen nur wenige Minuten gedauert, weil der lokale Energieversorger evm durch Umschaltungen für eine Stromversorgung auf alternativen Routen sorgen konnte. Das sei aber nur in den Randlagen des betroffenen Gebiets möglich gewesen, erklärt Marcelo Peerenboom, Pressesprecher der evm-Gruppe. „Ansonsten konnten wir leider nicht viel tun, denn der Ausfall betraf das Hochspannungsnetz der Westnetz“, so Peerenboom weiter. „Das ist die überregionale Stromautobahn.“

Ursache des langen Stromausfalls im Westerwald war laut Netzbetreiber eine seltene Winterwetterlage. Unser Foto zeigt Stromleitungen in Lautzenbrücken.
Röder-Moldenhauer

Auch für mehr als 800 Einsatzkräfte der Feuerwehren, des DRK und des THW begann das neue Jahr hektisch. Bereits in den frühen Morgenstunden mussten sie Anlaufstellen für hilfsbedürftige Bürger einrichten. In mehreren Gemeinden wurden Feuerwehrgerätehäuser besetzt, um Menschen in Notlagen zu helfen. Vielerorts wurden die Bürger per Lautsprecherdurchsagen auf diese Angebote aufmerksam gemacht.

Glücklicherweise sei aber niemand zu Schaden gekommen, so Jens Weinriefer, stellvertretender Brand- und Katastrophenschutzinspekteur (BKI) des Westerwaldkreises. „Es war gut, dass es an einem Feiertag passiert ist. Viele Leute waren noch im Bett und haben den Stromausfall vielleicht gar nicht bemerkt.“

Es war gut, dass es an einem Feiertag passiert ist. Viele Leute waren noch im Bett und haben den Stromausfall vielleicht gar nicht bemerkt.“
Jens Weinriefer, stellvertretender Brand- und Katastrophenschutzinspekteur (BKI) des Westerwaldkreises.

Später am Tag sorgten die Einsatzkräfte für warme Mittagessen in den betroffenen Alten- und Pflegeheimen. Unterstützung kam auch aus dem Kreis Altenkirchen, wo bis zum Mittag ebenfalls fünf Dörfer ohne Strom waren. Rund 50 Helfer kümmerten sich im AK-Land um das Einrichten von Hilfeanlaufstellen, sagt BKI Ralf Schwarzbach.

Im Krankenhaus Hachenburg stand ein Notstromaggregat zur Verfügung. Die Einsatzkräfte begannen jedoch bereits mit der Planung einer Alternative, da zunächst nicht absehbar war, wie lange der Stromausfall andauern würde.

Das größte Problem war witterungsbedingt der stundenlange Ausfall vieler Heizungen. Auch in Pflegeheimen wurde es kalt. Bei der Rettungsleitstelle in Montabaur gingen zudem Anrufe von Bürgern ein, deren elektrische Rollläden sich nicht mehr öffnen ließen. So blieb es teilweise stundenlang dunkel im Haus.

Weinriefer bittet in diesem Zusammenhang allerdings darum, nur in wirklichen Notfällen bei der Rettungsleitstelle anzurufen, damit die Leitungen nicht blockiert werden. Man habe zum Beispiel auch Leute am Telefon gehabt, deren Kühlschrank nicht funktionierte, so der stellvertretende BKI. „Da können wir dann leider auch nichts machen“, ergänzt er.

Menschen, die aus medizinischen Gründen auf eine unterbrechungsfreie Stromversorgung angewiesen sind, sollten dringend selbst mit einem Notstromaggregat vorsorgen, so sein Appell. Solche Geräte sorgen auch dafür, dass die Trinkwasserversorgung bei einem Stromausfall nicht sofort zusammenbricht. Bei einem mehrtägigen Blackout kann auch das zu einem Problem werden, weil die Pumpen und Filter ebenfalls Strom benötigen.

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