Nach Wiedereröffnung kommen nur relativ wenig Kunden - Auflagen machen es vor allem kleinen Betrieben schwer
Strenge Auflagen, wenige Kunden: Sorgt Corona für ein Kneipensterben in der Region?
In der Montabaurer Theke am Rebstock war die Theke zu Wochenbeginn noch vorschriftsmäßig abgesperrt. Wirt Marco Artale trägt eine Atemschutzmaske. Kneipenatmosphäre kommt nur schwer auf.
Thorsten Ferdinand

Seit gut zwei Wochen dürfen auch im Westerwald die Hotels, Restaurants und Kneipen wieder Gäste empfangen. Ein erstes Zwischenfazit der Betreiber fällt jedoch ernüchternd aus. „Die Lage ist immer noch katastrophal“, fasst die Dehoga-Kreisvorsitzende Carolin Stahl die Stimmung unter den Gastronomen und Wirten zusammen. Christoph Hoopmann vom Westerwald Touristikservice befürchtet sogar schlimmeres.

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In der Montabaurer Theke am Rebstock war die Theke zu Wochenbeginn noch vorschriftsmäßig abgesperrt. Wirt Marco Artale trägt eine Atemschutzmaske. Kneipenatmosphäre kommt nur schwer auf.
Thorsten Ferdinand

Hoopmann erwartet infolge der Pandemie ein Kneipensterben, wie er am Mittwochabend bei der Veranstaltungsreihe „Impulse Digital“ der CDU-Kreistagsfraktion deutlich machte.

Neben den allgemeinen Abstands- und Hygieneregeln, deren Sinn auch von den Gastronomen nicht bestritten wird, gibt es zusätzliche Gründe für die anhaltende Flaute: So sind die Kunden weiterhin sehr vorsichtig und zurückhaltend, beobachtet Claudia Heinz vom Hotel Heinz in Höhr-Grenzhausen.

Zudem fallen die finanziellen Soforthilfen vom Land in Rheinland-Pfalz deutlich schmaler aus als zum Beispiel in Hessen, kritisieren die Betreiber.

Nicht zuletzt erschwert eine Fülle von Detailregelungen in der Corona-Bekämpfungsverordnung vor allem kleinen Gasthäusern das Arbeiten.

Corona-Auflagen sorgen bei Gastwirten für Kopfschütteln

Ein solcher Betrieb ist beispielsweise die Theke am Rebstock in Montabaur. Seit die Kneipe wieder geöffnet ist, kommen viele Stammkunden zwar vorbei, berichtet Wirt Marco Artale. Über einige Auflagen kann er allerdings nur mit dem Kopf schütteln.

So war es bis Mitte der Woche noch verboten, die Getränke an der Theke zu übergeben, selbst wenn Bedienung und Gast eine Maske trugen, sagt Artale. Der Sinn habe sich ihm nicht erschlossen, denn auch am Tisch muss die Bedienung die Getränke an den Kunden übergeben.

Ein weiteres Ärgernis sei die Sperrstunde in Rheinland-Pfalz, die seit Mittwoch um 22.30 Uhr beginnt. Zuvor mussten die Kneipen schon um 22 Uhr schließen. Im benachbarten Limburg, das zu Hessen gehört, gibt es hingegen keine solche Sperrstunde, sagt Artale.

Wo die Leute an einem lauen Frühsommerabend ihr Bier trinken, sei vor diesem Hintergrund leicht zu erraten, meint der Wirt. Offensichtlich habe man mit Verschiebung der Sperrstunde auf 22.30 Uhr lediglich der Fußball-Bundesliga einen Gefallen tun wollen, ergänzt Artale.

Für Kneipen, die häufig erst nach dem Abendessen besucht werden, sei das gerade an Wochenenden im Sommer aber immer noch zu früh. Um die Läden einigermaßen wirtschaftlich betreiben zu können, müsste man sie zumindest bis Mitternacht öffnen dürfen, meint der Wirt.

Touristiker wünschen sich klarere kommunikation und finanzielle Hilfen vom Land

Hinzu kommt nicht zuletzt, dass sich die Regeln derzeit fast wöchentlich ändern. Die Betriebe geraten an die Grenzen des Leistbaren, wenn sie fortlaufend eine neue umfangreiche Landesverordnung lesen und umsetzen müssen, denn auch die Mitarbeiter brauchen dann immer wieder Schulungen – ein Kritikpunkt, den auch die CDU-Kreistagsfraktion sehr gut nachvollziehen konnte.

Selbst für ihn als Juristen sei es sehr aufwendig, stets die komplette Landesverordnung von fast 30 Seiten zu lesen und alle Änderungen herauszuarbeiten, sagte der Westerburger Rechtsanwalt Dr. Stephan Krempel in diesem Zusammenhang.

Damit es für die Gastronomie wieder Hoffnung gibt, formulierten die Touristiker und Betreiber einige Wünsche an die Politik:

Man brauche bei den Auflagen eine klarere Kommunikation und „nicht jede Woche neue Regeln“, wie es Carolin Stahl formulierte.

Zudem wünscht man sich vom Land großzügigere finanzielle Hilfen, von denen auch der Mittelstand profitiert.

Einen wichtigen Appell richtete Jens Geimer von der Hachenburger Brauerei aber nicht zuletzt an die Kunden: „Die Gastronomie braucht auch Vertrauen“, sagte er. Wirte und Restaurantbetreiber kennen sich schon von Berufswegen sehr gut mit Hygienefragen aus, so Geimer. Aber der Gast müsse dieses Angebot auch annehmen, damit es die Lieblingskneipe und das Lieblingsrestaurant nach der Corona-Krise überhaupt noch gibt.

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