Richtig willkommen musste sich Müller fühlen, als er von Goran Varvodic, dem Fraktionsvorsitzenden der CDU, mit den Worten begrüßt wurde, man erhoffe sich von seinem Vortrag neue Erkenntnisse zur Reaktivierung, wogegen man dann klagen könne. Diesen Gefallen tat ihnen Thorsten Müller allerdings nicht, denn die Gremien entlang der Strecke zwischen Siershahn und Engers können erst Informationen erwarten, wenn die vom Zweckverband 2020 in Auftrag gegebene Vorstudie für eine Reaktivierung des Personennahverkehrs auf der Brexbachtalbahn den eigenen Mitgliedern vorgestellt wurde. Die 66. Verbandsversammlung findet erst am 2. Juli statt.
Auf Nachfragen zu Möglichkeiten, wie die Stadt Bendorf eine Reaktivierung rechtlich verhindern kann, konnte Rechtsanwalt Schwenk den Ausschussmitgliedern wenig Hoffnung machen. Auf einer dem Eisenbahnverkehr gewidmeten Infrastruktur, die der Eisenbahnbau- und -betriebsordnung unterliegt und die alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt, kann ein Personen- und Güterverkehr nicht untersagt werden, wenn ein verkehrliches Bedürfnis vorliegt, legte er dar.
Während die ehrenamtlich Aktiven des Vereins Brexbachtalbahn seit 14 Jahren jede freie Minute in den Erhalt der Strecke stecken, um zukünftig den Besuchern der Region eine an Kultur- und Naturerlebnissen reiche Landschaft bei einer entschleunigten Reise mit dem Zug näherzubringen, kämpfen Politiker entlang der Bahnlinie mit aller Macht gegen das Projekt. Vor allem in der CDU-Fraktion sieht man das Ende für die weitere Entwicklung von Bendorf-Sayn und einen völligen Zusammenbruch des Straßenverkehrs kommen, wenn wieder Züge unterwegs sind.
Allerdings führen gesetzliche Änderungen dazu, dass Bendorf für den Bau einer Über- oder Unterführung der Gleise nicht einmal mehr einen Eigenanteil leisten müsste. Da Bendorf eine Verlagerung der B 413 von der Koblenz-Olper-Straße in Richtung B 42 und die Kreisel an der Brauereistraße anstrebt, würde der Kostenanteil für eine erforderliche Entflechtung von Schiene und Straße aufgrund der Neufassung des Eisenbahn-Kreuzungsgesetzes von Bund oder Land übernommen.
In einer Pressemitteilung prognostiziert die CDU einen täglichen Zugverkehr mit 34 Personen- und 16 Güterzügen. „Für einen theoretisch angenommenen Stundentakt von Regionalzügen zwischen Koblenz und Montabaur oder Siegen von 6 bis 22 Uhr wäre die Anzahl an modernen und leisen, mit Wasserstoff oder Akku angetriebenen Elektrotriebwagen vorstellbar, allerdings nicht für die Anzahl der Güterzüge“, sagt Michael Carl, stellvertretender Landesvorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz und Mitglied im Bündnis für Verkehrswende nördliches Rheinland-Pfalz. Er fordert: „Hier sollte die CDU Bendorf ihre Quellen benennen, aus denen sie solche Informationen hat, ansonsten bleibt diese Aussage unglaubwürdig.“ Für die Anbindung der regionalen Industrie und den Güterverkehr zur Siegstrecke wurde in den vergangenen sechs Monaten die Holzbachtalbahn grundlegend ertüchtigt, sodass es derzeit gar kein Güteraufkommen für 16 (zusätzliche) Züge pro Tag gibt, erläutert Michael Carl.
„Für DB Cargo ist der Ton- und Fliesenverkehr mit Italien über den Bahnhof Limburg ein wichtiges Standbein, den man 1994 von der Brex abgezogen hat und der nicht mehr rückverlagert würde. Nur wenn der vehement für den Güterverkehr geforderte ‚Taunus-Westerwald-Basistunnel‘ gebaut werden sollte, könnte auf die Brex nicht verzichtet werden“, meint Martin Mendel, Landesvorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn, und erklärt: Die enormen Aushubmengen aus dem Tunnelbau müssten deponiert werden, und dazu böten sich die ausgebeuteten Tongruben auf den Westerwaldhöhen an. Doch aktuell wären das alles nur Gedankenspiele, da mit der Stilllegung der Strecke alle Signale an den Bahnhöfen abgebaut wurden und eine komplett neue Leit- und Sicherungstechnik zwischen Siershahn und Engers notwendig ist.