Der Wirgeser Stadtrat hat in seiner jüngsten Sitzung auf Antrag der SPD-Fraktion einstimmig beschlossen, die Gedenksteine zu verlegen und die Kosten von insgesamt rund 9000 Euro zur Hälfte zu tragen. Die Stolpersteine (siehe Infokasten) sind etwa zehn mal zehn Zentimeter große und mit einer handgravierten Messingplakette verkleidete Betonquader, die auf dem Bürgersteig vor dem letzten frei gewählten Wohnort eingelassen werden und an die Opfer des Nazi-Regimes, hier Vater und Sohn Hermann, erinnern sollen. Auf der Plakette sind Name, Geburtsjahr und der Todestag vermerkt.
„Gab es in Wirges jüdische Mitbürger, von denen wir nicht wissen und die in den Konzentrationslagern gestorben sind? Mich bewegt diese Frage sehr“, erläuterte die Vorsitzende der SPD-Fraktion, Gabi Weber, den Vorstoß ihrer Partei. „Heute gibt es so gut wie keine Zeitzeugen mehr. Um die abscheulichen Gräueltaten der Nationalsozialisten aber nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, wollen wir, dass die Stolpersteine vor dem letzten frei gewählten Wohnsitz von Ludwig Hermann und Manfred Hans Herman verlegt werden“, erklärte Gabi Weber, die das Thema sichtlich emotional sehr bewegte.
Die Sozialdemokratin schilderte, dass die SPD nicht nur Verbindung zum Kölner Künstler Gunter Demnig aufgenommen habe, sondern bei den Recherchen auch ein Kontakt zu den Angehörigen der Familie Hermann in Argentinien entstanden sei. „Sie begrüßen die Absicht der Stolpersteinverlegung ausdrücklich und möchten an dieser gerne teilnehmen“, führte Gabi Weber aus. Dadurch entstehen im Wesentlichen die Kosten von 9000 Euro für Flüge und Unterbringung, erklärte sie. Zudem sei die Hilfe des Bauhofes bei der Verlegung der Stolpersteine notwendig, so Weber.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Bernd Steinebach würdigte das Engagement der Wirgeser SPD. „Wir sagen Danke, dass sich die SPD mit diesem wichtigen Thema beschäftigt hat“, betonte er. Auch Stadtbürgermeister Andreas Weidenfeller unterstützt das Projekt. „Wir sollten die Hälfte der Kosten übernehmen können, die Haushaltsmittel dafür sind vorhanden“, machte er deutlich. Er zeigte sich zuversichtlich, dass man einen Teil der Kosten durch Spenden sparen könne. Gabi Weber betonte: „Spenden sind in jedem Fall willkommen.“
Inspiriert durch die Stolpersteinaktion des Künstlers Gunter Demnig, hatte sich der Vorstand des SPD-Ortsvereins intensiv mit der Wirgeser Geschichte während der Zeit des Nazi-Regimes befasst. Cosimo Jankowitsch fühlte sich sofort angesprochen und begann mit einer umfangreichen Spurensuche, erklärte er. Über das Melderegister und die Flurkarten der Stadt Wirges, das Gedenkbuch des Deutschen Bundesarchivs und mit Hilfe digitaler Datenbanken sowie der Vorarbeiten des Heimathistorikers Dr. Uli Jungbluth (mit J. Jösch: „Juden im Westerwald“) und des Wirgesers Friedrich Rhensius („Juden in Wirges“) förderte er zahlreiche tragische und schicksalhafte Fakten zur bewegten Geschichte der Westerwälder Familie Hermann zu Tage. Auf Basis dieser Vorarbeiten lädt der SPD-Ortsverein im Vorfeld der Stolpersteinverlegung für Dienstag, 6. Juli, um 18.30 Uhr zu einem Vortragsabend ins Wirgeser Bürgerhaus ein. Hier werden der Heimatforscher Uli Jungbluth und der Projektleiter der SPD Wirges, Cosimo Jankowitsch, über das jüdische Leben im Westerwald, insbesondere in Wirges, sowie über die Geschichte der Familie Hermann berichten. Als besonderer Teil des Abends ist eine Zuschaltung aus Buenos Aires geplant. Hier lebt die Großnichte bzw. Großcousine der Hermanns, Liliana Hermann. Sie engagiert sich bereits seit Jahren, um das Gedenken an ihren Großonkel, Lothar Hermann, aufrecht zu halten. Lothar war ein Bruder von Ludwig Hermann und in den 1950er-Jahren maßgeblich an der Enttarnung von Adolf Eichmann in Buenos Aires beteiligt, was schließlich zu dessen Verurteilung führte (wir berichteten).
Der SPD-Ortsverein bittet um Spenden für das Wirgeser Stolperstein-Projekt (Stichwort) auf das Konto bei der Naspa Wiesbaden: IBAN DE21 5105 0015 0817 0126 55.