Band Schräglage in Enspel
Stefan Reuschs Jahresrückblick hat Humor und Biss
Stefan Reusch mal ganz leibhaftig. Normalerweise ist nur seine Stimme Radiohörern bekannt.
Tatjana Steindorf

Die Band Schräglage und Stefan Reusch haben das Publikum in der Alten Schmiede im Stöffel-Park bestens mit Witz und Musik unterhalten.

Ja, der Mann vom Wochenrückblick war da in Enspel. Nicht nur die Stimme von Stefan Reusch war erlebbar, sondern er ganz leibhaftig. Zur Abwechslung ging es um einen Jahresrückblick. Und anders als es SWR3-Hörer gewöhnt sind, ließ er zwischendurch ganz andere Töne anschlagen: Die munteren Klänge der Jazzband Schräglage, die zu sechst auf der Bühne stand, wechselten mit seinen Beiträgen ab. Eine schlaue und gelungene Kombination, um die Zuhörer mit den schnellen Gedankensprüngen und Wortspielereien Reuschs nicht zu überfordern und dennoch bestens zu unterhalten. Begrüßt wurden die Anwesenden von Carmen Engel vom Stöffel-Park. Das Angebot von Getränken und Snack wurde auch in der Pause, die zum angeregten Plauschen genutzt wurde, gerne angenommen.

„Im Vergleich zu diesem Jahr war die Politik im letzten doch vergleichsweise gut“, bemerkt Reusch pseudooptimistisch. Im netten, meist leisen Plauderton, der mit Wortspielen, Verhasplern und unvollendeten Sätzen versehen ist, fällt die Kritik teilweise kaum auf. Das Publikum muss schon die Ohren spitzen und auch selbst erfinderisch werden. Wenn er also Dinge sagt wie „Jeder fünfte AfD-Wähler ist genauso (...) wie die anderen vier“, dann füllt man gedanklich das Adjektiv schon selbst ein.

Die Band Schräglage und Stefan Reusch (rechts) unterhalten das Publikum in der Alten Schmiede im Stöffel-Park bestens mit Witz und Musik.
Tatjana Steindorf

Manchmal sinniert Reusch nur über Begriffe nach: „Warum Neuwahlen? Gab es schon mal Altwahlen?“ Für ihn ist Elon Musk das Käsegesicht – „Muskapone“ halt. Die Nachricht, dass Starbucks in China Kaffee mit Schweinefleisch-Geschmack anbietet, kann der Kabarettist nicht einfach an sich vorübergehen lassen. Sie inspiriert ihn zu weiteren absonderlichen kulinarischen Ideen.

Und als Zuhörer bemerkt man: Es gibt so viele verrückte Sachen in der Welt, dass man sich oft nicht mal mehr genügend Zeit zum Wundern lässt. Vom Wehrdienst ist er nicht begeistert. „Warum soll die Jugend den Kopf hinhalten? Wir verbrauchen deren Geld und Welt... Sollen doch Menschen, die die Chance hatten, Spaß im Leben zu haben, Wehrdienst leisten.“

„Heute ist China der große Bösewicht. Und Deutschland nur der böse Wicht.“
Stefan Reusch

Die Sylt-Singer, die rassistische Texte schmetterten, bekommen auch ihr Fett ab. „Ich wusste gar nicht, dass man dort so braun werden kann.“ So manch zitatwürdige Sätze bringt Reusch zu Gehör: „Heute ist China der große Bösewicht. Und Deutschland nur der böse Wicht.“ Oder: „Viele Menschen wünschen sich Autorität, wollen sich aber nichts sagen lassen“. So manches Mal traut man sich nicht zu lachen, um alles mitzubekommen.

Zwischendurch erklingen wunderbar dargebotene Jazzstandards. Zu hören sind Lieder wie „Bei mir bist du schön“, „That’s a plenty“ oder das zackige „It’s a long way to Tipperary“. Mal begeistert das Piano, dann tritt das Saxofon hervor, der Bass, die Trompete, die Posaune, das Schlagzeug. Die Wäller Formation gibt es seit 2003, und ihre Spiellust ist ungebrochen. Wer den Auftritt verpasst hat, kann sie sich auch beim Jazzweekend in Regensburg anhören. Bad Breisig oder Wissen geht aber auch. Es war ein gelungener Abend, der guttat.

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