Die Sonne strahlt, die Buchen leuchten in zartem Grün, und die Vögel zwitschern. Schöner kann der Tag für die Waldbegehung des Stadtrats Ransbach-Baumbach mit Revierförster Eckhard Niebisch nicht sein. Rund zehn Teilnehmer begeben sich auf die zweistündige Wanderung durch den Stadtwald am Nato-Tanklager. Diese ist gespickt mit vielen Informationen. Stadtbürgermeister Michael Merz kann seine Enttäuschung nicht ganz verbergen. Er hat auf deutlich mehr Interesse gehofft.
Ein bisschen Wehmut liegt über der Veranstaltung. Denn es wird das letzte Mal sein, dass Niebisch diese Führung anbietet. Im September geht er in Rente, nach 36 Jahren, in denen er mit Herzblut für den städtischen Forst zuständig gewesen ist. Sein Berufsbild, aber auch das Gesicht des Waldes haben sich in dieser Zeit enorm gewandelt. In seiner Anfangszeit suchten Orkane wie Wiebke oder Kyrill den Westerwald heim. Seit 2018 machen Trockenheit, Hitze, Stürme und Käferbefall den Forstleuten das Leben schwer.

„Als ich anfing, hatten wir fast nur Fichtenwald. Dieser ist nun fast vollständig verschwunden.“ Durch die Dürrejahre 2018 bis 2021 seien wertvolle Bestände verloren gegangen: „Wir haben viel Geld verloren.“ Die Vermarktung sei eine große Herausforderung gewesen. „Holz ist eine verderbliche Ware“, erläutert der Forst-Fachmann. 2023 könne man als einzig „normales“ Jahr in der jüngeren Vergangenheit bezeichnen, so der Experte. Dem Klimawandel kann die Fichte nichts entgegensetzen.
Teilweise stehen noch kahle, graue Mahnmale. „Wir lassen bewusst Totholz stehen. Das gab es früher nicht. Da wurde rein wirtschaftlich gedacht. Aber diese abgestorbenen Bäume sind ein wichtiges Biotop für Insekten, Vögel und Pilze. Da hat ein Umdenken stattgefunden“, so Niebisch. Sogar die Wildkatze sei mittlerweile im Westerwald wieder heimisch. Kurz darauf kommt die Gruppe an eine Lichtung, in der ein imposanter Baumrest steht – voller Zunderschwämme.

Sorge bereiten ihm neue Schädlinge. Der Buchenborkenkäfer habe früher keine Rolle gespielt. Doch ihm sei jüngst eine 200-jährige starke Buche zum Opfer gefallen. „Sie konnte diesem Käfer nicht standhalten“, sagt er und deutet bedauernd auf den riesigen Baum hin, der durch die Trockenheit anfällig wurde. „Die Bäume kämpfen.“ Ihre Widerstandskraft ist aber auch groß. So sind die Buchen in der Lage, sekundäre Kronen auszubilden, wenn sie durch Sonnenbrand geschädigt sind.
Von den einst 340 Hektar Wald sind nur noch 270 übrig, bedauert der Fachmann. Dem Bau der Autobahn und der Erschließung der Industriegebiete Struth und Menningen seien einst viele Bäume geopfert worden. Als Ausgleichsflächen stünden nur noch die 22 Hektar am Nato-Tanklager zur Verfügung und der Generalfeldweiher, mahnte er. Es werde immer deutlicher, wie wichtig der Wald sei für den Erhalt des Klimas. „Wir ernten hier gutes Wasser, produzieren Sauerstoff und binden Kohlendioxid. Wir können nicht weiter Waldflächen opfern.“

Mittlerweile sei der Umbau zum Mischwald gelungen. Buchenverjüngungen geben ein Bild der Hoffnung ab. „Wir haben nichts geräumt und zwischen das Restholz gepflanzt. Die Kulturen gelingen“, freut sich Niebisch, der in Ransbach-Baumbach bei der Wiederaufforstung auf Douglasie, Buche, Roteiche und auch auf die Tanne und Lärche setzt. „Durch die häufigen Spätfröste können wir keine mediterranen Baumarten nehmen.“
60.000 bis 70.000 Setzlinge seien in den vergangenen Jahren gepflanzt worden – 2000 Pflanzen auf einen Hektar. Die Biodiversität nimmt zu. „Wir nehmen am Programm naturnahe Waldbewirtschaftung teil“, erläutert er. Das Land unterstütze dies mit 25.000 Euro jährlich. Nun wünscht er sich öfter Regen. Das Frühjahr war wieder viel zu trocken.

Niebisch betont, dass in der Töpferstadt ein reichhaltiger Wald heranwächst, aber nie wieder solche Holzmassen wie früher geerntet werden. „Das waren reine Plantagen.“ Die Douglasie komme gut mit der Trockenheit zurecht. Ihr Holz ist härter und schwerer als das der Fichte. „Daraus kann man alles machen“, so der Experte. Allerdings seien die Probleme durch Wildverbiss bei allen Jungbäumen enorm. „Es müsste viel mehr geschossen werden“, sagt er zu den Stadträten. „Allein am Hölzeberg leben 100 Rehe.“ Auch die Anzahl der Wildschweine nehme stetig zu. „Wir haben nicht mehr so kalte Winter. Die Frischlinge erfrieren nicht mehr.“
Die Gruppe ist sich einig, dass der Wald auch ein wichtiger Erholungsfaktor für die Bevölkerung ist. Wandern sei in, und der E-Bike-Boom habe auch zu einer verstärkten Nutzung geführt. „Wir haben ein sehr gutes Wegenetz“, sagt Niebisch zufrieden. Pro Jahr werden 5000 bis 6000 Euro für den Wegeerhalt ausgegeben. Und: „Der Brennholzbedarf ist enorm. Holz machen ist eine richtige Mode“, konstatiert er. Zum Abschluss gibt es an der Jagdhütte von der SPD gespendetes Bier sowie Fleischwurst und Brötchen, die Merz mitgebracht hat. Gemeinsam genießt man den schönen Stadtwald – über Parteigrenzen hinweg.